»Ihr seid nicht von hier«, sprach sie ihn an.
»Das ist nicht schwer zu erraten«, erwiderte er.
»Würdet ihr mir die Ehre erweisen, meine Gäste zu sein?« Jessika kam an seine Seite und sagte, »wir würden uns freuen.«
»Dann folgt mir.« Der Frau folgte eine Sklavin, die einen Einkaufskorb trug. Sie waren ein paar Minuten unterwegs, vorbei an einfachen Häusern. Dann plötzlich änderte sich das Bild. Die Häuser waren aus Stein, hatten einen Garten. Das Haus, auf das sie zugingen, war einstöckig, der Eingang wurde von zwei Säulen flankiert, darüber ein Spitzdach. »Tretet ein.« Jeanette folgte als Letzte, die Kamera im Anschlag. Die Frau führte sie in ein Zimmer, dessen eine Wand mit einer Landschaft bemalt war. Ein langer Tisch mit Stühlen davor. An den Wänden hingen Bilder, darunter Schränkchen, auf denen Vasen und Schüsseln mit Obst standen. Ein glatter Fußboden, der rötlich gestrichen war.
»Setzt euch.« Jeanette sah Jessika bittend an. Diese verstand und übernahm die Kamera. Jeanette setzte sich an Kristians Seite. Eine Sklavin brachte Gläser und Wein. Sie tranken einen Schluck. »Du willst den Sklaven der Frau?«
»Eigentlich nicht, ich hatte nur Mitleid.«
»Bist du sicher, dass das Duftwasser den Wert eines Sklaven aufwiegt?«
»Ich glaube nicht, ich wollte nur sehen, wie weit die Frau zu gehen bereit war.«
»Sie ist bekannt dafür, dass sie ihre Sklaven schlecht behandelt. Ich habe mich noch nicht vorgestellt. Mein Name ist Fabia. Mein Mann Vibius ist Händler und kommt in ein paar Tagen zurück.«
»Das trifft sich gut, ich bin auch ein Händler. Womit handelt dein Mann«? fragte er.
»Wir handeln mit Gebrauchsgegenständen, Vasen, Schüsseln, Glaswaren und Schmuck.«
»Und was bietest du an?«
»Duftwasser«, sagte er grinsend, »Sachen die eine Frau schöner machen. Kennst du die Händlerin Riga?«
»Ja, ich habe gesehen, dass sie fremdartige Waren verkauft.« »Riga ist meine Geschäftspartnerin.«
»Mein Mann hat sich für ihre Waren interessiert, aber sie waren schnell ausverkauft.«
»Morgen bringt sie neue Ware mit.« Er holte das Parfümfläschchen aus der Tasche.
»Darf ich dir das schenken?«
»Du machst wertvolle Geschenke.« Fabia nahm es aus seiner Hand entgegen, öffnete das Fläschchen und roch daran.
»Von einer Königin«? fragte sie lächelnd.
»Es verkauft sich so besser. Das hier ist Seife, wir waschen uns damit.« Sie roch daran. »Warum schenkst du mir das?« »Vielleicht weil ich mit deinem Mann Geschäfte machen möchte?«
»Kommst du morgen, um dir den Sklaven zu holen?«
»Wenn die Frau dem königlichen Duft nicht widerstehen kann, ja.«
»Sagst du mir deinen Namen und den deiner Frauen?«
»Ich heiße Kristian, das hier ist Jeanette, die Freundin meiner Frau Jessika.« Jessikas Augenbraue fuhren nach oben.
»Ihr seht anders aus.«
»Ähnlich haben wir auch gedacht, als wir in euer Land kamen. Dürfen wir dich morgen wieder besuchen und dir einen kleinen Teil unseres Warenangebots zeigen?«
»Ich würde mich freuen.«
»Dann bis morgen.« Auf dem Rückweg sahen sie, dass es den Häusern nach hier eine Menge reicher Leute geben musste. Er kaufte noch zwei schöne Glasschüsseln und gab sie Riga, damit diese sie heil zu Cornelia bringen sollte. Dann erzählte er ihr von der Frau mit dem Sklaven.
»Könntest du Hilfe gebrauchen?«
»Du willst, dass er hier arbeitet?«
»Nur wenn du willst?« »Ich könnte schon Hilfe gebrauchen, und sei es nur zu meinem Schutz.«
»Weißt du denn, wo er schlafen könnte«? fragte er. Sie druckste herum.
»Was ist, sag schon, was du denkst.« »An Cornelias Grenze gibt es ein brachliegendes Stück Land. Sogar ein Haus steht darauf. Cornelia meint, ich könnte es pachten und später vielleicht kaufen.«
»Das hört sich gut an, wir reiten jetzt zurück. Morgen um diese Zeit kommen wir wieder.« Der Accu war leer. Lena würde sich darum kümmern, ob jemand Interesse an ihren Film hatte. Gemächlich ritten sie zurück und sprangen dann.
Abends, Jeanette war schon gegangen, zeigten sie Großvater und Maria den Film.
»Junge geht das, dass ich Riga mal kennenlerne?« Dass da noch keiner daran gedacht hatte. Großvater hatte das Mittelalter kennengelernt, nicht aber die Römer, bis auf einen kurzen Blick auf das Kastell.
»Großvater, kannst du warten, bis Riga ihr neues Haus bezogen hat?«
»Junge, denke daran, ich habe nicht mehr viel Zeit.« »Großvater, fühlst du dich krank?«
»Wieso?«
»Weil du ans Sterben denkst.«
»Man kann die Zeit nicht anhalten.« Großvater war um die achtzig Jahre alt.
»Großvater, die neunzig schaffst du noch. Jessika, was hältst du davon, wenn wir Urlaub machen?«
»Wieso Urlaub?«
»Urlaub heißt Sachen packen und verreisen.«
Wo willst du denn hin?«
»Ich hatte an einen Tauchurlaub gedacht.« Jessika stutzte. »Ich wusste nicht, dass du dich jemals für das Tauchen interessiert hast? Lass mich raten, hat das was mit Senis zu tun?«
»Ja, du hast recht, durch Senis weiß ich, wie schön Tauchen ist.«
»Mit oder ohne Tauchflaschen?«
»Einfach nur Schnorcheln«, sagte er grinsend.
»Was steckt dahinter? Du wolltest das letzte Mal nicht mit der Sprache raus. Erinnerst du dich daran, du sagtest, das sei eine andere Sache.«
»Woran du dich alles so erinnerst, komm einfach mit, dann wirst du schon sehen.«
»Was ist mit Jeanette?«
»Die kommt natürlich mit.«
»Kannst du denn einfach so hier weg?«
»Es gibt nichts, was wir nicht verschieben könnten.«
»An was hast du gedacht, ich meine wo willst du tauchen?« »Ich habe gehört, dass die Malediven ein gutes Tauchrevier sind.«
»Du hast es ja gut vor. Sollen wir uns um alles kümmern?«
»Ja sicher, so in einer Woche wäre nicht schlecht. Ich lade euch natürlich ein.«
»Da wird Jeanette aber Augen machen.«
»Jessika, vergiss nicht, für morgen den Accu zu laden.«
»Mache ich gleich.« Er stellte für Fabia eine Warenprobe zusammen. Wenn ihr Mann ein weitreisender Händler war, dann tat sich für sie ein ganz neuer Markt auf.
»Kristian, Dr. Pieper hat uns die Lebensläufe von vier Kandidaten per E-Mail geschickt.«
»Das ist gut, dann können wir vor unserem Urlaub das noch erledigen.« Sie gingen dann schlafen. Zum Glück hatte sich Jessikas Eifersucht gelegt und sie konnten sich wieder den angenehmen Sachen einer Beziehung widmen.
Jeanette nahm am anderen Morgen die Ankündigung des Urlaubs mit Begeisterung auf. Bevor die Frauen sich darum kümmern konnten, stand der Besuch zum Markt noch bevor. Gegen zehn Uhr sattelten sie die Pferde. Cornelia besuchten sie nicht, sondern sprangen gleich auf die Landstraße, die zum Markt führte. Rigas Stand war von neugierigen Zuschauern belagert. Es hatte sich herumgesprochen, dass ein Tauschhandel mit einem königlichen Duft bevorstand. Die Frau mit ihrem Sklaven wurde von der Menge begafft. Der Sklave stand ergeben hinter der Frau. Sie hatten ihre Pferde angebunden und traten durch die Gasse, die sich vor ihnen aufgetan hatte. Der Sklave hatte ein Bündel neben sich stehen, was den Schluss zuließ, dass die Frau sich auf sein Angebot einlassen wollte.
»Frau, sage mir, wie dir meine Seife gefallen hat?«
»Ich bekomme ein größeres Stück?«
»Ja, einhundert Denar und das Duftwasser.« Er wollte sie nicht zu offensichtlich übers Ohr hauen und hielt ihr zwei verschiedene Fläschchen hin. Gierig griff sie danach und roch daran. »Hast du die Urkunde dabei?« Aufgerollt hielt sie eine Pergamentrolle in der Hand.
»Hier hast du die Seife und die Denare. Das Geschäft gilt?« Sie nickte, reichte ihm die Urkunde und verschwand in der Menge. »Komm«, sagte Kristian zu dem Sklaven, ging mit ihm zu Rigas Stand und schob ihn durch die Tür in ihren Laden. Der Mann ließ alles gleichgültig mit sich geschehen. »Das ist Riga, du wirst ihr im Laden helfen.« Jeanette hatte den Geschäftsabschluss mit der Kamera festgehalten und versuchte, ihr Gespräch von draußen durch die Klappe aufzunehmen.
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