Aufmerksam hatte Darian seinem Freund zugehört, war sich aber bei weitem nicht sicher, ob Finn es mit Joshua aufnehmen konnte. Auch er hatte die Prüfung erfolgreich bestanden, sonst wäre er immer noch bei Sadalon, also müsste er mindestens so gut wie Livia und Gerron sein, oder waren seine Schwertkünste tatsächlich eingerostet?
>> Und welchen Gegner hast du mir ausgesucht? << Finn grinste. >> Schön, dass du fragst. Ich habe dir den Koch ausgesucht. Ein schweigsamer Geselle, schon älter und nimmt kaum noch an Außeneinsätzen Teil. Götz sagt immer, dass er eines Tages genauso enden wird. Unbeweglich, zänkisch und immer in der Küche. << Ein Lächeln huschte über Darians Gesicht. Mehrere der von Finn genannten Eigenschaften erfüllte Götz bereits. >> Jedenfalls sind Eberhardts Künste auch schon etwas eingerostet und ich denke, dass du ihn schlagen kannst. << Zweifel nagten auch hier an dem Jungen. Noch konnte er sich anders entscheiden, doch Darian wusste, dass er diese Gelegenheit nicht wahrgenommen zu haben, später bereuen würde, also blieb es dabei, er würde Eberhardt herausfordern.
>> Und dann werden wir deine Mutter befreien! <<, flüsterte Finn euphorisch und grinste breit. >> Keine Sorge, alles wird gut gehen! <<, sprach er seinem immer noch zweifelndem Freund Mut zu.
>> Ein Versuch ist es zumindest Wert. <<, stimmte Darian zu. >> Und jetzt lass uns wieder schlafen, ich will morgen beim Training fit sein, außerdem zieht es hier ganz schön. << Die Meinung teilte Finn auch und gemeinsam schlichen sie zurück in ihre Betten und versuchten, erneut Schlaf zu finden. Darian lag noch lange wach unter seiner Decke und grübelte, ob er wirklich gegen Joshua bestehen konnte. Später fiel er in einen unruhigen Schlaf.
Die nächsten Tage verliefen wie üblich für die Jungen, sie mussten früh raus um an Sadalons Training teilzunehmen und gingen den restlichen Tag ihren Aufgaben, die sie bekommen hatten, nach. In jeder freien Sekunde, die sie zur Verfügung hatten, trainierten sie mit ihren Waffen, um sich auf die anstehende Schwertprüfung vorzubereiten. Mit jedem Tag, der verstrich, wurden sie nervöser, insbesondere Darian, der es kaum erwarten konnte, seine Mutter endlich wiederzusehen. Oftmals warfen sie sich bedeutende Blicke zu, wenn irgendjemand von der Schwertprüfung erzählte, oder Sadalon den beiden Absolventen Livia und Gerron Tipps gab. Die Beiden machten ein ziemliches Geheimnis daraus, wen sie herausfordern wollten, was die Sache noch interessanter gestaltete. Es herrschte eine gewisse Aufbruchsstimmung im Quartier, jeder schien sich auf die anstehenden Ereignisse zu freuen, besonders Götz Miene hellte sich in den letzten Tagen immer wieder auf. Zwar verlor er weiterhin gegen Julius im Glücksspiel, doch zu seinem Ärgern konnte der kleine Vorteilsmagier ihn nicht mehr damit aufziehen, teilweise wurden Götz Einsätze noch waghalsiger.
Auch ihr Verhältnis zu Meister Sadalon hatte sich kaum geändert, er forderte sie enorm im Training, gab ihnen Tipps und Ratschläge und verbesserte sie, wo er nur konnte. Darian und Finn merkten, wie sie stetig besser wurden. Ihre Schläge wurden präzise, härter und dabei wurden sie immer schneller, doch Darians Zweifel blieben. Seitdem Sadalon Lucia verboten hatte, sie mit auf die Mission zu nehmen, nagten Zweifel an seinem Selbstbewusstsein. Oft fragte er sich, ob all dies überhaupt einen Sinn hatte, ob er wirklich etwas zur Befreiung der Vereinigten Länder beitragen und ob es ihnen wirklich gelingen konnte, Tyrannus zu stürzen. Nachts lag er lange wach in seinem Bett und versuchte vergeblich Schlaf zu finden. Immer wieder drifteten seine Gedanken zu seiner Mutter und den Dunklen ab. Ständig malte er sich Horrorszenarien aus, die seine Sorgen und Ängste nur noch verstärkten.
An einem Morgen war es dann endlich so weit. Wie üblich hatten sie ihre Übungsstunde bei Sadalon beendet, die noch härter als üblich ausgefallen war. Sadalon hatte sie viel durch den kleinen Raum gejagt und den Jungen war kaum aufgefallen, dass Livia und Gerron bei dem Training fehlten. Als sie den Schwertmeister danach fragten, teilte er ihnen mit, dass die Beiden die Schwertprüfung absolvieren wollten, die nach dem Frühstück stattfinden sollte. Erleichtert, dass sie noch frühstücken und sich von dem kräftezehrenden Training erholen konnten, hatten sie aufgeatmet, doch ihre Nervosität machte sich zunehmend mehr und mehr bemerkbar. Sie frühstückten nicht viel, Darian bekam kaum etwas von seinem Essen hinunter, Finn dagegen stopfte sich den Magen voll. Darian bezweifelte, dass sich sein Freund damit einen Vorteil verschaffte, doch er ließ das Thema ruhen, anstatt sich noch vorher mit Finn zu streiten. Stattdessen ging er im Geiste noch einmal jede Bewegung durch, die er in der kurzen Zeit bei dem Schwertmeister gelernt hatte und konzentrierte sich auf das Bevorstehende.
Nach dem Frühstück bereiteten sie sich schweigsam auf die Prüfung vor und waren mit unter den Ersten, die im Übungsraum eintrafen.
Auch Sadalon war bereits da. Emsig bereitete er das Feld vor und suchte bereits die Waffen und Rüstungen von Livia und Gerron zusammen. Als er die Jungen bemerkte, hob er kurz die Hand zum Gruß und wandte sich danach wieder seiner Arbeit zu. Nervös beobachteten sie Sadalon bei seiner Arbeit und merkten nicht, wie Julius sich von hinten anschlich. >> Ihr zeigt ja wirklich großes Interesse an der Prüfung. <<, sagte er und überrascht zuckten die Jungen zusammen und rissen ihren Blick von Sadalon los. Unsicher versuchte Finn seine Nervosität zu überspielen. >> Ja weißt du, wir müssen diese Prüfung ebenfalls bald machen, da wollten wir uns das Spektakel mit eigenen Augen schon mal ansehen. <<
>> Genau! <<, pflichtete Darian seinem Freund bei, >> Schließlich ist es für uns das erste Mal, dass wir das miterleben dürfen. <<
Prüfend schaute Julius die Beiden an, doch falls er etwas von ihrer Nervosität bemerkt hatte, ließ er es sich nicht anmerken. >> Jedenfalls bin ich gespannt, wen Livia und Gerron als Gegner wählen. <<, versuchte Finn den Faden wieder aufzunehmen.
>> Das fragt sich, glaube ich, jeder. Deshalb ist es dieses Mal auch so spannend. <<, stimmte Julius ihm zu. Dann huschte ein Lächeln über sein Gesicht, >> Na, wollen wir wetten, wer es sein wird? Ich setzte 10 Silberstücke auf Götz. Seit ihr dabei? << Herausfordernd sah der Vorteilsmagier die Jungen an, doch sie winkten ab. >> Ich will noch etwas von dem Geld meines Vaters behalten. <<, sagte Finn und grinste und auch Darian lehnte das Angebot ab. Er war zu nervös, um jetzt noch irgendwelche Wetten abzuschließen. Enttäuscht ließ Julius die Schultern sinken. Dies war aber nur von kurzer Dauer, da in diesem Moment Götz den Übungsraum betrat. >> Mal sehen, ob ich nicht noch mit ertragreicheren Leuten Geschäfte machen kann. <<, sagte der Vorteilsmagier und zwinkerte Finn und Darian zu. Dann huschte er zu dem großen Hünen, um seine Taschen weiter mit Geld zu füllen. Nach und nach trudelten auch die letzten Mitglieder der Widerständler ein, nur Lucia fehlte noch zusammen mit den Herausforderern. Julius schloss jetzt lautstark weitere Wetten ab, bis die Menge langsam verstummte und das Trio um Lucia, Gerron und Livia feierlich den Raum betrat. Sadalon nahm sie in Empfang und Lucia gesellte sich zu den anderen Mitgliedern in die Menge. Dann trat Livia hervor und verkündete laut, >> Ich fordere Götz heraus! <<
Erstauntes Gemurmel fuhr durch die Zuschauer, dann teilte sich die Menge und Götz kam zum Vorschein. Mit grimmiger Miene sagte dieser, >> Ich nehme die Herausforderung an! Doch sei gewarnt, ich werde mein ganzes Können aufbringen. << Livia zeigte keine Zweifel oder Unentschlossenheit sondern bereitete sich auf den bevorstehenden Kampf vor. Irgendwo in der Menge hörten sie Julius, der eifrig weitere Wetten abschloss und nach einer kurzen Wartezeit, waren Livia und Götz kampfbereit und gespannt warteten alle auf Sadalons Signal, dass den Kampf eröffnete. Noch einmal klärte er sie über die Regeln der Prüfung auf, dann trat er zurück und rief, >>Zieht eure Schwerter! Stellt euch in Position! <<, dann wartete er noch einen Moment bevor er rief, >> Kämpft! <<
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