Sharon Lee - DRANGSALIERT

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Ein neuer Fall für Detektivin Carla Fuchs.
Im baufälligen Geschäftshaus am Stadtrand von Zürich geschehen grausame Dinge. Die Chefin der Werbeagentur stürzt an einer Betriebsfeier vom Podest. Kurz darauf steht fest: Es war Mord. Als dann noch eine Mitarbeiterin als vermisst gemeldet wird, gilt jeder der Mitarbeiter als verdächtig. Machtdemonstrationen auf Kosten der Menschlichkeit: Fressen oder gefressen werden. Doch alle haben ein Alibi. Die Kommissare Aemisegger und Köppel stossen an ihre Grenzen und ziehen den Rat der hartnäckigen Detektivin bei. Carla Fuchs wird mit Menschen konfrontiert, die um ihres Ansehens willen jederzeit bereit zum Lügen sind. Wäre da nur nicht der ominöse Blutfleck hinter dem Haus gewesen und ein Abschiedsbrief, der verräterische Spuren hinterliess.

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Sharon Lee

DRANGSALIERT

Ein neuer Fall für Detektivin Carla Fuchs

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Inhaltsverzeichnis Titel Sharon Lee DRANGSALIERT Ein neuer Fall für Detektivin - фото 1

Inhaltsverzeichnis

Titel Sharon Lee DRANGSALIERT Ein neuer Fall für Detektivin Carla Fuchs Dieses ebook wurde erstellt bei

Kapitel 1: Folgenschwerer Entscheid

Kapitel 2: Fall von der Bühne

Kapitel 3: Notruf ist Notruf

Kapitel 4: Hintergangen

Kapitel 5: Unter Druck gesetzt

Kapitel 6: Das Gift

Kapitel 7: Der gute Ruf

Kapitel 8: Carla Fuchs

Kapitel 9: Die Vermisste

Kapitel 10: Hausdurchsuchung

Kapitel 11: Tiefgefroren

Kapitel 12: Fressen oder gefressen werden

Kapitel 13: Der Fisch stinkt vom Kopf

Kapitel 14: Der Blutfleck hinter dem Haus

Kapitel 15: Tapas und Rioja

Kapitel 16: Die Giftpackung

Kapitel 17: Die letzten Worte

Kapitel 18: Auf dem Boden der Realität

Kapitel 19: Gesichtsverlust

Impressum neobooks

Kapitel 1: Folgenschwerer Entscheid

Freitag, 26. September, 19.10 Uhr

Die Bühne gehörte ihr allein. So wie sie es sich immer gewünscht hatte. Da stand sie nun und alle hörten ihr zu. Ihr, Ruth Biedermann, Chefin der Werbeagentur. Endlich war der Moment gekommen. Doch es war, als wackelten die Bühnenbretter unter ihren Füssen. Verschwommen sah sie in den Saal. Flimmerte es vor ihren Augen oder war ihr bloss die Kontaktlinse verrutscht? Es musste am Alkohol liegen. Hätte sie nur ein Glas weniger getrunken. Sie fühlte sich benebelt, immer dunkler wurde es um sie herum. Ein Stechen jagte durch ihre Brust, und gleich noch einmal. Ruth Biedermann keuchte und würgte. Ihr Gesicht hatte eine unnatürliche Farbe angenommen. Sie würgte wieder. Dann taumelte sie und stürzte vom Podest.

Laura Niederer hatte wieder grottenschlecht geschlafen. Die ganze letzte Nacht über hatte sie wach gelegen und ihren Puls hämmern gehört. Migräne plagte sie, ihr Magen rumorte, alle fünfzehn Minuten musste sie zur Toilette, nur um festzustellen, dass ihre Blase längst leer war. Panik überflog sie – auch jetzt. Ihr Herz schlug laut, die Beine zitterten. Nein, sie hatte keine Angst vor ihrer Chefin und vor deren Schikanen. Sie war stark. War sie das? Nein, war sie nicht. Sie musste sich ehrlich eingestehen: sie hatte keine Kraft mehr. Aber sie musste trotzdem zur Arbeit. Die Chefin würde ihr die Hölle heiss machen, wenn sie sich krank meldete. Es war hammerhart.

«Guten Morgen, Laura. Ruth hat bereits nach dir gefragt.» Die Begrüssung ihres arroganten Kollegen David Mischler fiel so unfreundlich aus wie jeden Morgen.

Die 31-jährige Projekt-Managerin liess sich ihre düstere Vorahnung nicht anmerken. Sie grüsste Mischler oberflächlich und setzte sich mit flattrigem Bauchgefühl ihm gegenüber an ihren Arbeitsplatz. Ihre Vermutung bestätigte sich also: Ruth Biedermann hatte es heute erneut auf sie abgesehen. So gerne Laura ihren Beruf in der Werbeagentur auch ausübte, so sehr quälten sie die haltlosen Abmahnungen und ständigen Erniedrigungen ihrer Chefin. Das ging ihr unter die Haut, direkt an die Substanz.

«Was wollte Ruth um diese Zeit schon von mir?», erkundigte sie sich dennoch bei Kollege Mischler.

«Hallo, was ist denn mit dir los? Schlechte Laune oder was?»

«Nein. Wieso auch.»

«Du schaust fürchterlich aus.»

«Danke, das nehme ich als Kompliment.»

David Mischler, der ebenfalls als Projekt-Manager für die Werbung eines Grosskunden zuständig war, lächelte vielwissend vor sich hin. «Die Chefin erwartet dich im Sitzungszimmer. Sie hat wieder einmal eine Stinklaune, kennst sie ja.»

«Okay, okay.» Laura Niederer war übel, ihre Hände waren steif. Kalter Schweiss tropfte in ihren Achselhöhlen.

Zittrig betrat Laura Niederer um viertel nach acht den Besprechungsraum, in dem eine Ruth Biedermann unter Hochdruck auf sie wartete.

«Laura, wo warst du?! Lässt dir wieder einmal viel Zeit am Morgen. Wir müssen reden – nicht nur über deine Arbeitszeiten. So geht das mit dir nicht weiter!»

Irritiert musterte Laura Niederer ihre Chefin. Ihr war sofort klar, dass etwas im Busch war. Sie war sich keiner Schuld bewusst und hatte nicht die leiseste Idee, was genau die Biedermann von ihr wollte. Und was die Arbeitszeiten anbetraf, konnte sie sich keinen Reim darauf bilden und machte sich kein schlechtes Gewissen. «Ich bin seit acht Uhr da», erwiderte Laura zu ihrer Verteidigung, bevor sie sich widerwillig gegenüber der Chefin an den Tisch setzte. Durch die Glastür spähte sie zurück in den Büroraum, wo die übrigen Mitarbeiter gemütlich eintrudelten - spät, wie immer am Freitag.

Ausgerechnet heute, an diesem rabenschwarzen Freitag, war ein Firmenanlass geplant, das sogenannte Power-Treffen, wie der zweimonatliche Umtrunk genannt wurde. Zum Feiern war Laura ganz und gar nicht zu Mute. Daran teilnehmen war für die Mitarbeiter obligatorisch, der Ablauf immer dieselbe Leier: der Chef hielt seine Rede, stellte den Mitarbeitern die aktuellsten Projekte und seine diversen, immer wieder neuen Visionen vor. Dazu wurde reichlich getrunken, Wein durfte nie fehlen, sozusagen waren die vielen Flaschen das wichtigste Accessoire am Anlass, und es störte auch niemanden, wenn man sich total besoffen daneben benahm.

Die Arbeitskollegen im Büro wunderten sich, was die Chefin mit Laura Niederer am Morgen früh bereits zu besprechen hatte. David Mischler stand – beabsichtigt oder aus rein zufälligen Gründen – bei Juliane Scheibli vorne, deren Arbeitsplatz sich unmittelbar neben dem Sitzungszimmer befand. Sie beide versuchten durch die Glasscheibe die Gesten zu deuten, in der Hoffnung, etwas aus dem Gespräch belauschen zu können. Nicht nur sie beide, auch alle anderen Mitarbeiter in der vorderen Bürohälfte blieben von der schrillen Stimme der aufgebrachten Chefin nicht verschont, auch wenn sie nicht direkt betroffen waren. Man hörte die Biedermann ausrufen: «Laura, lass dir gesagt sein: du sitzt etwas sehr hoch auf deinem Ross. In Wirklichkeit kann man dich hier zu nichts gebrauchen. Diese Meinung vertreten übrigens auch Pablo Grassi und JJ. Ich gebe dir eine letzte Chance; da du aber ohnehin die Leistung, die wir von dir erwarten, nicht erfüllst, schlage ich vor, dass du Abstriche von deinem Lohn machst. Ich habe ein Papier vorbereitet, das du am einfachsten jetzt gleich unterschreibst.»

Man konnte nicht hören, was Laura ihr entgegnete. Ruth Biedermanns Antwort darauf hingegen schon: «Laura, jetzt enttäuschst du mich aber. Du hast eine Meinung von dir selber! Völlig weltfremd bist du, richtig unverschämt! Wir können gerne eine Umfrage im Büro starten und dann wirst du schmerzlich feststellen, dass jeder in diesem Büro meiner Meinung ist! Und überhaupt: wenn du dich so unwohl fühlst, wie du sagst, warum kündigst du nicht?»

Knappe zehn Minuten später segelte die Chefin beschwingt und mit einem süffisanten Lächeln auf den Lippen durch den langen Korridor des Grossraumbüros. Das Backsteinhaus, nahe dem Bahnhof gelegen, war zirka fünfzig Meter lang und zwei Stockwerke hoch. Im obersten Geschoss war die Werbeagentur eingenistet. Die Arbeitsplätze präsentierten sich in einem Grossraumbüro und waren lediglich mit schulterhohen Bürogestellen voneinander abgetrennt.

«Guten Morgen allerseits. Schön, euch zu sehen», rief Biedermann beim Vorbeigehen gekünstelt den Mitarbeitern zu und wandte sich JJ, ihrem Geschäftspartner, zu. Nach einem lautstarken Seufzer und mit mitleiderregender Stimme klagte sie: «Zuerst brauche ich einen doppelten Espresso. Ich musste mich bereits am frühen Morgen über meine Mitarbeiter ärgern. Das kann‘s ja wohl nicht sein, oder?!»

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