„Ich habe gehört, dass Sie solche Sachen besser und gründlicher erledigen als diese Privatschnüffler.“
„Es hat sich zufällig ergeben, dass ich den einen oder anderen Fall auf diese Weise löste“, erklärte der Anwalt. „Für einen Erfolg kann ich nicht garantieren, denn Beobachtungen und Ermittlungen sind nicht meine Spezialität.“
„Ich möchte Sie aber trotzdem bitten, die Sache zu übernehmen“, beharrte Chamisso. „Kosten spielen keine Rolle.“
Der Anwalt nickte. Es ging ihm zwar ganz gut, aber so was hörte er immer gern.
„Gut, ich will sehen, was sich machen lässt“, meinte er dann. „Gestatten Sie, dass ich Ihnen Fragen stelle?“
„Bitte.“
„Ich mache Sie aber darauf aufmerksam, dass ich unter anderem gewisse intime Dinge erwähnen muss.“
„Das verstehe ich.“
„Möchten Sie etwas trinken?“
„Einen Cognac, bitte.“
Joel Pizdoue erhob sich, ging zur Tür, die in das Vorzimmer führte, öffnete sie und sagte zu seiner Sekretärin: „Nicole, bitte zwei Cognac.“
Die Sekretärin erhob sich sofort. Sie war recht hübsch, blond und geschieden. Ihrem Chef war sie zu tiefer Dankbarkeit verpflichtet, denn er hatte sie von einem wahren Scheusal von Mann befreit. Ganz legal: Durch Scheidung. Daher arbeitete sie jetzt als Sekretärin, treu und ergeben, und von Zeit zu Zeit schlief sie auch mit ihrem Chef. Er tat das gern, denn sie hatte sehr große Brüste, mit denen Pizdoue begeistert spielte.
Es dauerte keine halbe Minute, da kam Nicole Guise mit dem Tablett herein. Sie setzte es auf den Schreibtisch, nahm die Flasche und füllte zwei Gläser.
„Vielen Dank, Nicole“, sagte Pizdoue. Er beobachtete, dass sein Besucher die großen Brüste der Sekretärin bewunderte. Du bist also nicht ganz ohne, dachte der Anwalt.
Als Nicole weg war, begann er mit seiner Arbeit.
„Was sind Sie von Beruf?“, fragte er.
„Unternehmer.“
„Seit wann verheiratet?“
„Seit elf Jahren.“
„Wie alt ist Ihre Frau?“
„Dreiunddreißig“
„War es eine Liebesheirat?“
„Eigentlich ja.“
„Was heißt - eigentlich?“
„Es war eine Liebesheirat“, präzisierte der Mann. „Allerdings kam hinzu, dass meine Frau sehr tüchtig war und mir in der Gründerzeit viel helfen konnte.“
„Jetzt nicht mehr?“
„Nein, jetzt nicht mehr. Ich habe viele Büros, Direktoren und so weiter. Es wäre lächerlich, wenn meine Frau mir jetzt noch zur Seite stehen wollte.“
„Die Vermögensverhältnisse zwischen Ihnen und Ihrer Frau würden mich interessieren.“
„Unser Besitz gehört uns zu gleichen Teilen. Das Startkapital - eine für heutige Begriffe lächerliche Summe - haben meine Frau und ich je zur Hälfte eingebracht, deswegen.“
„Nehmen wir einmal an“, sagte der Anwalt, „Sie würden sich scheiden lassen wollen. In diesem Falle würde Ihre Frau die Hälfte Ihres gesamten Vermögens mitnehmen?“
„So ist es.“
„Das wäre eine enorme Belastung für Sie, Monsieur Chamisso?“
„Zweifellos. Aber ich würde versuchen, dass meine Frau ihren Anteil in den Firmen belässt. Sie verdient gut daran, die Rendite ist beachtlich.“
„Gut, lassen wir das also“, sagte der Anwalt und prostete seinem Klienten zu.
Sie tranken, dann fuhr Pizdoue fort: „Ihre Ehe ist glücklich?“
„Bisher wusste ich es nicht anders.“
„Irgendwelche Probleme?“
„Nicht die geringsten.“
„Da Sie Ehebruch seitens Ihrer Frau vermuten, darf ich mir die Frage erlauben: wie steht es mit den Intimbeziehungen?“
„Bestens. Falls Sie daran denken, dass meine Frau erheblich jünger ist als ich - sie kann sich nicht beklagen.“
„Wird die Ehe häufig vollzogen?“
„Regelmäßig, ja.“
„Mit Abwechslung?“
„Selbstverständlich!“
„Das hört sich gut an“, urteilte der Anwalt.
„Wir kennen keine Tabus und haben keine Hemmungen voreinander“, ergänzte der Industrielle.
„Dann verstehe ich nicht, warum Ihre Frau fremdgehen sollte“, sagte Joel Pizdoue.
„Ich verstehe es ja auch nicht“, seufzte Chamisso. „Niemals wäre ich auf die Idee gekommen, dass Stella so etwas notwendig hat. Ich befriedige sie, so oft sie will und wie sie es will. Ich könnte es mir einfach nicht erklären.“
„Gut, kommen wir also jetzt zum Kern der ganzen Angelegenheit. Sie wünschen, dass ich Ihre Frau beobachte, um herauszufinden, ob sie Ehebruch begeht oder nicht. Einerseits. Andererseits sagen Sie, dass Sie sich einen Ehebruch nicht vorstellen können. Warum also dann ihr Besuch bei mir?“
„Ich habe meine Frau bei einer Lüge ertappt.“
„Darf ich erfahren bei was?“
„Natürlich. Ich bin gestern von einer alten Freundin aus Saint-Dizier zurückgekommen. Ich war der Meinung, dass meine Frau diese Freundin in der Woche zuvor für vier Tage besucht hatte. So hatte meine Frau es mir gesagt, und sie war auch vier Tage fort gewesen. übrigens nicht nur dies eine Mal, sondern auch etliche Male zuvor.“
„Und?“
„Es stellte sich heraus, dass meine Frau diese Freundin nicht ein einziges Mal tatsächlich besucht hat!“
„Kam Ihre Frau nicht auf die Idee, dass diese Finte leicht durchschaubar ist?“
„Stella wusste, dass ich zu dieser Frau kaum mehr Kontakt unterhielt.“
„Warum?“
„Ich hatte ihr gegenüber ein schlechtes Gewissen.“
„Warum?“
„Fast hätte ich diese Freundin geheiratet. Aber dann tauchte meine jetzige Frau auf...“
„Rachegefühle bei Ihrer Freundin?“
„Nein, bestimmt nicht“
„Manchmal kann man sich in Frauen sehr täuschen. Die meisten können es nicht vertragen, wenn man sie stehenlässt und sich einer anderen zuwendet.“
„Bei Emilia ist das anders. Gewiss, sie bedauert es, aber sie trägt mir nichts nach. Ich weiß das ganz sicher.“
Pizdoue schaute seinem Besucher prüfend ins Gesicht.
„Sie sagen das sehr überzeugend“, fasste er nach.
„Mit allen Gründen, die man sich nur denken kann“, bekräftigte Chamisso.
„Ich vermute, dass Sie und diese Freundin nach wie vor intime Beziehungen unterhalten“, sagte Pizdoue.
„Bisher nicht, seit gestern ja“, gab der Besucher offen zu.
„Nachdem sich herausstellte, dass Ihre Frau Sie belügt?“
„Nein, schon vorher.“
„Ihre Intimbeziehung zu Ihrer Freundin hat also mit der Tatsache, dass Ihre Frau vielleicht krumme Sachen macht, nichts zu tun?“
„Gar nichts.“
„Schön“, sagte Joel Pizdoue und füllte die Gläser nach. „Kommen wir zu einem anderen Punkt: Ich nehme an, dass Sie Ihrer Frau sehr viel Freiheit lassen. Ist das richtig?“
„Das ist richtig. Stella kann tun und lassen, was sie will. Das ist ihr gutes Recht, denn ich bin zeitlich natürlich sehr in Anspruch genommen.“
„Ihre Frau geht unter anderem auf Reisen?“
„Ja, und gar nicht so selten. Sie sagte mir stets, wohin sie fährt oder mit wem, und ich hatte nie Anlass, irgendwelche Lügen dahinter zu vermuten.“
„Sie haben nie nachgeforscht?“
„Nie. Ich erinnere mich, dass sie anrief. Oder dass ich sie anrief. Sie befand sich stets dort, wo ich sie wähnte.“
„Nur im Falle Ihrer Freundin nicht.“
„So ist es. Nur in diesem Falle nicht. Von mir aus haben keine Anrufe stattgefunden, weil ich dann vielleicht meine Freundin an den Apparat bekommen hätte, und das wäre unter Umständen peinlich gewesen. Übrigens - aus der Tatsache, dass meine Frau meine frühere Freundin besuchte oder wenigstens vorgab, es zu tun, mögen Sie ersehen, dass zwischen den beiden guter Einklang bestand. Ich komme damit zurück auf Ihre Frage, ob meine Freundin Rachegefühle hegt.“
„In Ordnung“, nickte der Anwalt.
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