Welcher Bauer hätte wohl noch gewagt, nach Kenntnisnahme all dessen, bei seinem König Beschwerde zu führen ?
So Mancher wusste sich nicht anders mehr zu helfen, als seine letzte Kuh zu verkaufen, um die Forderungen dieses Bösewichtes zu erfüllen.
Wolf unterdessen blieb ahnungslos über die Geschehnisse, welche sich in seinem Reiche zutrugen.....
- Der Tag des Steuereinzuges war gekommen und die Bauern hatten zu erscheinen, um ihre Abgaben zu entrichten.
Überall im Reich gab es erstaunte Gesichter bei den Steuereinnehmern, denn allzu viele Untertanen erklärten sich als nicht fähig, die doch eher geringen Abgaben zu entrichten.
Auch erwies es sich als nicht möglich, eine Erklärung für diese Misere zu finden. Die Ernte war gut ausgefallen, es hatte keine Krankheiten oder Seuchen größeren Ausmaßes gegeben und dennoch standen die Bauern anscheinend vor ihrem Ruin. Wie war das möglich ?
Man unterrichtete den König, nachdem der Wahrheitsgehalt der Aussagen überprüft worden war. Wolf war ratlos. Was ging in seinem Reiche vor ?
Bis heute hatte es keine aufsässigen Untertanen gegeben und dies schien auch jetzt nicht der Fall zu sein.
Die Bauern schwiegen, doch sie waren verängstigt; dies war nur zu ersichtlich.
Doch wovor hatten sie solche Furcht ?
Wolf sandte geheime Späher aus, um diese merkwürdige Sache zu ergründen.
Zwei dieser Späher kehrten bald zurück, um ihrem Herrn Bericht zu erstatten:
„Ein böser Zauberer treibt in Eurem Reich sein Unwesen und presst die Bauern aus, o Herr.“
Wolf ließ sich alles bis in die kleinste Einzelheit berichten und ergrimmt rief er aus:
„Wer wagt es, mir in meinem eigenen Reich mit Verwünschung und Schadenszauber zu drohen ?!“
Der König war ein mutiger und auch gebildeter Mann. Mit einer nur kleinen Schar Krieger ritt er aus, um des Unheilbringers habhaft zu werden.
...Auf einem freien Platze stehend, inmitten einer Ansammlung Volkes, erhob der Magier seine Stimme, um auch hier der Menschenmenge eindrücklich vor Augen zu führen, welche geheimen Kräfte ihm innewohnten. Er hatte jedoch kaum begonnen, als man in der Ferne eine Staubwolke gewahrte, aus der sich eine Schar Reiter in scharfem Galopp der Menschenansammlung näherte.
König Wolf ritt an der Spitze seiner Männer und als die kleine Schar den Ort des unheilvollen Geschehens erreicht hatte, zügelten die Reiter ihre Pferde, Wolf sprang ab, schritt erhobenen Hauptes auf den Scharlatan zu und versetzte Diesem eine schallende Maulschelle, so dass dem Magier Hören und Sehen verging und er zu Boden fiel.
Mit eigener Hand legte Wolf den starr vor Schreck Verharrenden in Ketten, welche seine Krieger mit sich geführt hatten und verlangte von den umstehenden Bauern einen Ochsenwagen.
„Wisset, ihr Tröpfe“, rief er den verängstigten Bauern zu, „dass ihr Niemanden zu fürchten habt, als euren König !“
Der Ochsenwagen war gebracht und der Magier wurde samt seinem Gefolge auf diesen geworfen, um zum Schloss des Königs gebracht zu werden.
Wolf ritt mit seinen Mannen hinter dem Wagen her, um selbst ein Auge auf diesen Scharlatan zu haben.
Zwei Tage dauerte die Reise, während welcher die Gefangenen nur Wasser, jedoch keine Nahrung erhielten. Nur die Gans wurde gefüttert und durfte sich ganz besonderer Obhut erfreuen.
Endlich Zuhause angekommen, ließ Wolf die Fünf getrennt in Verließen seiner Burg einkerkern. – Weiterhin sollten Diese keinerlei Nahrung erhalten.
„Wenn du ein Zauberer bist, so lass’ dir Flügel wachsen und verlasse deinen Kerker ! Du wirst damit gewiss keinerlei Schwierigkeiten haben“, rief der König dem Scharlatan hinterher und lachte.
Die Gans aber verbrachte er in seine eigenen Gemächer, um sicherzugehen, dass diese gut versorgt sei und ihr kein Leid geschähe.
Wie von ihm erwartet, schnatterte das Tier wie jede gewöhnliche Gans, weigerte sich aber beharrlich, mit menschlicher Stimme zu sprechen.
- Nach drei Tagen ließ Wolf einen der drei schwarzen Männer zu sich bringen, um zu erfahren, ob Dieser nun bereit sei, die wahre Geschichte des angeblichen Magiers preiszugeben.
Der Ausgehungerte war nur allzu bereit, seine, sowie die Geschichte seiner beiden schwarzen Brüder zu erzählen.
Die Drei kämen aus einem weit entfernten, heißen Land und seien schon immer von schwarzer Hautfarbe – ebenso wie ihr Haar stets kraus – und nicht blond und lockig – gewesen.
Auch waren sie niemals gefürchtete Krieger, sondern wurden bereits in ihrer Kindheit als Sklaven verkauft. Erst ein gutes Jahr waren sie nun bei jenem Zauberer und Dessen Gefährtin. Dieser hatte die Brüder von einem
Welche Bewandtnis es mit der sprechenden Gans auf sich habe, vermochte der Schwarze nicht zu sagen, doch hatte er bemerkt, dass diese nur in Anwesenheit der jungen Frau sprechen wollte.
Wolf ließ die beiden Brüder des schwarzen Exoten herbeibringen und Diese bestätigten die Worte des zuvor Befragten.
Der König gab Befehl, die Drei gemeinsam unterzubringen und zu verköstigen.
Dann wurde die Gefährtin des Zauberer’s gebracht. Wolf wies auf die Gans:
„Bring’ sie zum Sprechen !“
Die Frau trat näher zu der Gans und Diese begann zu reden ! Misstrauisch trat Wolf näher.
Er konnte erkennen, dass das Tier seinen Schnabel geschlossen hielt, doch auch die Frau stand mit geschlossenem Mund....
Der König befahl die Frau in eine Ecke des Raumes und trat zwischen Diese und die Gans.
Erneut befahl er:
„Bring’ sie abermals zum Sprechen !“
Nun war deutlich zu hören, dass die Laute aus der Richtung des Mädchens kamen und Wolf herrschte sie an:
„Sage mir, wie du dies zustande bringst, oder man wird dir dein hübsches Gesicht verunstalten !“
Zitternd gestand die junge Frau nun, dass sie gelernt habe, in ihrem Inneren Töne zu erzeugen, ohne dabei die Lippen zu bewegen und sie führte es dem König vor. Dieser wollte dann noch wissen, wie der Magier die angeblichen Blitze erzeugt und das Wasser in Blut verwandelt hatte.
Er erfuhr, dass beides mittels eines Pulvers geschehe, welches dem Wasser lediglich eine rote Farbe verleihe; ein anderes Pulver rufe die Blitze hervor, streue man dieses in das Feuer.
Auch die Frau war einst als Sklavin an den falschen Zauberer verkauft worden und befand sich seit mehreren Jahren in seiner Gesellschaft.
Sie gestand ihr Unrecht ein und bat den König, sie nur eines schnellen Todes sterben zu lassen, um nicht elendiglich verhungern zu müssen.
Wolf versprach, sie gar am Leben zu lassen, sollte sie von nun an die Wahrheit auf alle seine Fragen sprechen.
So erfuhr er, dass es ein geheimes Versteck gab, in welchem der Zauberer seine erbeuteten Schätze aufbewahrte.
Kunti, so hieß das Mädchen, wurde ebenfalls verköstigt und unter Bewachung in einem der Gemächer des Schlosses untergebracht. Männer wurden ausgesandt, um das beschriebene Versteck des falschen Magier aufzufinden und die dort versteckten Schätze auszuheben und ins königliche Schloss zu bringen.
- Drei weitere Tage verstrichen, dann ließ König Wolf eine Tafel decken, lud seine Minister zum Schmause ein und befahl, den Zauberer aus dem Kerker zu holen und vor ihn zu bringen.
Dies geschah und mit gierigen Augen blickte der Ausgehungerte auf die sich an Speis’ und Trank gütlich Tuenden.
„Nun“, bemerkte der König zwischen zwei Bissen an einer Fasanenbrust, „wie ich sehe, hast du dir keine Flügel wachsen lassen, sondern es vorgezogen, weiterhin meine Gastfreundschaft in Anspruch zu nehmen.“
Der Scharlatan schwieg und der König fuhr mit seinem Mahle fort.
Nach geraumer Weile erhob Wolf erneut seine Stimme:
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