»Mist, ich kann mich nicht richtig kontrollieren und du nervst mich!«
Er blieb stehen und schaute sie böse an. »Tja, tut mir ausgesprochen leid, wenn ich dich nerve. Übrigens kannst du dich offenbar mehr als nur nicht richtig kontrollieren, sondern eher überhaupt nicht. Deine Gedanken sind doch bestimmt nicht für die gesamte Gesellschaft hier gedacht, oder?«, raunte er ihr verärgert zu.
Sie kaute auf ihrer Zunge, spürte die Röte in sich aufsteigen und biss sich dann auf die Unterlippe.
»Sorry, okay? Ich trinke ab jetzt nur noch Wasser«, flüsterte sie bockig zurück. »Aber es ist anstrengend, mit jemandem zusammen zu sein, der immer recht haben will.«
Viktors Steilfalte war da, eine sehr tiefe Steilfalte, wie sie feststellen musste. Doch er sagte nichts. Sie hörte ihn nur in ihrem Kopf: »Soso, immer recht haben wollen. Das denkst du also von mir?«
Anna bemühte sich um Konzentration.
»Nein, natürlich nicht. So meinte ich das ja gar nicht. Ich weiß nicht, Viktor. Tut mir leid! Ehrlich!«
Sein Blick wurde wieder weich. Er schloss sie in seine Arme und drückte ihr einen Kuss auf den Scheitel.
»Lass uns später drüber reden, Kleines. Ich würde gerne einen Espresso trinken. Möchtest du auch noch einen?«
In dem wunderschönen Salon waren alle Möbel an die Seite geschoben worden. Anna machte es sich neben Viktor, Viktoria und Ketu auf einem antik und wertvoll anmutenden lindgrünen Sofa an der Längswand bequem. Gerade eben noch hatte sie Viktorias recht besorgte Miene erhascht, doch als Anna sie erneut anblickte, strahlte Viktoria übers ganze Gesicht. Trotzdem, Anna musste einsehen, dass Viktor leider recht gehabt und wohl nicht nur seine Schwester den vorherigen Gedanken- und Wortwechsel mit ihm wahrgenommen hatte, weshalb sie sich schuldbewusst ihre Schuhe besah.
Dann aber stimmten die irischen Elfen mit Geige, Flöte und Gitarre und vier kehligen, klaren Stimmen ein fröhliches Trinklied an und Annas Trübsal verflog auf der Stelle. Den anderen schien das Lied bekannt zu sein, weil sie schon nach ein paar Akkorden der Instrumente mit in den Gesang einfielen. Die Musik legte sich wie Balsam auf Annas aufgebrachte Seele und entlockte ihr ein kleines Lächeln.
Wie Viktor trank auch Anna keinen Wein oder Ähnliches mehr, sondern begnügte sich mit Fruchtschorle und Wasser, wodurch ihre jetzt ausgelassene Stimmung keineswegs geschmälert wurde. Sie streifte sich die hohen Schuhe von den Füßen und versuchte, gemeinsam mit Viktor und Vitus bei dem komplizierten Stepptanz mitzumachen, den Frang und Caela zu Durells Geige und Aedamas Flötenspiel zum Besten gaben.
***
Um fast zwei Uhr lag Anna, mit den Schuhen in der Hand, zusammengerollt auf einem der Sofas und schlummerte selig. Vorsichtig hob Viktor sie auf die Arme und trug sie nach oben in sein Zimmer. Dem Zimmer, das schon immer seines war, in welchem er aber erst vor Kurzem zum ersten Mal geschlafen hatte.
Er legte Anna sanft auf sein riesiges Bett mit einem goldenen Himmel, der sich über die vier Pfosten spannte, und nahm ihr, weil er sie nicht wecken wollte, nur behutsam die Brille ab, bevor er sie einfach zudeckte. Das Kleid könnte man bügeln, überlegte er mit ein bisschen Angst vor seiner eigenen Courage. Schließlich wusste er ja, was sich unter diesem Kleid verbarg. Aber Anna war so müde, sie sollte schlafen.
Gerade öffnete er seine Hose, als sie die Augen aufschlug und ihre Gedanken nicht verbarg:
Da stand er. Mit diesen mahagonifarbenen Lichtreflexen im wirren Haar, den intensiv leuchtenden Augen, den geöffneten Knöpfen von Hemd und Hose – und sah einfach unglaublich sexy aus in dem weichen Licht der elfischen Nachttischlampe.
Als er bemerkte, dass sie aufgewacht war und vor allen Dingen, was in ihr vorging, murmelte er schmunzelnd ein paar Worte, von denen er wusste, dass Anna sie nicht verstand. Seine nächsten Sätze würde sie umso besser verstehen: »Ich wollte dich nicht aufwecken. Du warst so süß, wie du da eingerollt wie ein Kätzchen auf dem Sofa lagst. Da hab ich dich hochgetragen. Aber, wenn das so ist …« Er hielt inne und sah sie fragend an. »Es sei denn … Ich will dich natürlich nicht … Ich meine …«
Anna sagte zunächst nichts, schlug stattdessen die Bettdecke zur Seite, stand langsam auf, schlenderte zu ihm und drehte ihm den Rücken zu. »Könntest du mir bitte bei dem Kleid helfen. Ich komme nicht an den Reißverschluss.«
»Wirklich? Heute Mittag ging es aber noch ganz gut, oder?«
»Na ja, das muss am Wein liegen. Der hat wohl meine Arme schrumpfen lassen.« Sie hob ihr Haar und beugte ihren Kopf vor.
Beim Anblick von Annas Nacken schluckte Viktor schwer. »Ja, ich sehe schon. Damit bekommst du dein Kleid auf keinen Fall auf.«
Viktor trat dicht an sie heran, legte eine Hand auf ihre Schulter. Er wusste, dass sein Atem an ihren Nackenhärchen kitzelte, denn sie zitterte – in süßer Erwartung – genau wie er. Aus diesem Grunde steigerte er ihr und sein Verlangen, indem er federleichte Küsse auf ihren entblößten Nacken hauchte und danach quälend langsam den Reißverschluss ihres Kleides aufzog, bis es raschelnd zu Boden glitt. Als er sie zu sich umdrehte, verschlug es ihm den Atem.
»Himmel noch eins, Anna, du bist so schön!«
»Dito«, flüsterte sie und stürzte sich auf ihn. Ihre Küsse waren berauschend und fordernd, während sie ihm das Hemd von den Schultern zerrte.
»Bitte! Nimm mich! Jetzt sofort! Auf der Stelle!«
Sein Blut raste, raubte ihm die Sinne. Dennoch hörte er ihre köstlichen Gedanken, spürte ihren köstlichen Körper und zitterte in köstlicher Erwartung. Mit einer für ihn selbst überraschenden Vehemenz riss er ihre Arme hoch, hielt sie mit einer Hand fest und schob Anna an die Wand neben dem Bett. Seine Finger glitten über den dünnen Stoff der Spitzendessous. Sie waren überall. Anna stöhnte laut, während sie am Reißverschluss seiner Hose herumnestelte, bis die zu Boden fiel.
»Halt dich an mir fest.« Seine Stimme war rau und animalisch.
Viktors Finger wanderten unter das Spitzenhöschen und brachten Anna zum ersten Höhepunkt, der in heftigen Wellen über sie hinwegfegte.
Sie schrie auf und verlangte gleichzeitig nach mehr. Viktor konnte nicht mehr denken. Er zerrte das Höschen herunter, umfasste ihre Hüften, hob sie an und drang mit einem Stoß in sie ein. Wieder schrie sie auf und schlang gleichzeitig die Beine um ihn. Er füllte sie aus, bewegte sich erst ganz langsam in ihr, bis seine Selbstbeherrschung wie ein dünner Faden riss.
Er war wie wahnsinnig, ja, fast schon grob, doch Anna forderte ihn auf, weiterzumachen. Offenbar genoss sie seine hitzige Begierde und krallte ihre Finger in seinen Rücken. Nach Luft und Erlösung ringend trieben sie gemeinsam dem Gipfel entgegen und fanden Erfüllung in einer gewaltigen Explosion.
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