1 ...6 7 8 10 11 12 ...36 Das Nymphen-Vampir-Wesen schwieg, schaute einige Zeit traurig vor sich auf den Boden. Geralt stand über ihr, dachte nach, was er mit ihr tun sollte. Da nahm sie ihm diese Entscheidung ab.
Ohne Vorwarnung sprang das Mädchen ihn an die Kehle, grub tief ihre Klauenfinger in seinen Nacken und versuchte ihre langen Fangzähne in seine Kehle zu schlagen. Mit bloßen Fäusten wehrte er sie ab, riss ihr an den Haaren den Kopf nach hinten, um so ihren scharfen Vampirzähnen zu entgehen. Zwei mutierte Wesen kämpfen engumschlungen miteinander.
Mit aller Kraft hielt er den Kopf der Vampirin von seinem Hals weg. Sie hatte ihre schlanken Beine um seine Hüften geschlungen und hielt sich so an ihm fest. Ihre klauenbewehrten Finger kratzten ihn durchs Gesicht. Sie roch sein Blut und entwickelte Berserkerkräfte. Immer näher kamen ihre Fänge seinen Adern am Hals, die dick hervortraten. Ihre Beine drückten ihm die Luft aus den Lungen, ganz kurz ließ er nach, da spürte er ihren Biss am Hals.
Der Schmerz entwickelte in ihm neue Kräfte. Mit Entsetzen hörte er ihr schmatzendes Geräusch und wie sie sein Blut schluckte.
Unerwartet ließ sie ihn plötzlich los, schüttelte sich vor Krämpfen und wand sich am Boden vor Schmerzen. Sie spuckte sein giftiges Blut aus und würgte und wälzte sich unkontrolliert am Boden.
„Ich schmeck dir wohl nicht, Vampir!“ knurrte Geralt, zog sein Silberschwert und stieß die Klinge in den jungfräulichen Leib der vampirischen Nymphenfrau. „Wenn ich mich vorstellen darf. Ich bin Geralt von Riva. Ich bin Hexer und geschaffen worden, um Ungeheuer zu töten.“ Tief trieb er das Schwert aus purem Silber in sie hinein und pfählte sie. Um die Wunde knisterte ein vernichtendes Feuer, das die vampirischen Anteile des Mischwesens auflösten. Zurück blieb nur ein Häufchen Asche.
Die Sonne schickte sich an schlafen zu gehen. Der weißhaarige einsame Kämpfer ritt auf seiner braunen Stute den Hügel hinab auf ein Waldstück zu, dahinter wusste er ein Bauerndorf, wo er sicher ein Quartier für die Nacht finden konnte. Er führte ein edles Ross am Zügel und zwei helle Hunde folgten ihm. Alle drei Tiere würde er versuchen dort zu verkaufen.
Die drei Raben, die dem ganzen bewegungslos und lautlos zugesehen hatten, verließen nun ihren Platz auf dem dürren Ast und ließen sich auf dem noch frischen Leichnam des Ritters nieder. Eine leckere Mahlzeit erwartete sie...
Ende
Die Jungfrau sollte nach Hause gehen
Die Linde rauscht am Hain
Sie nahm den Weg durch den dunklen Wald
Denn sie war von der Lust getrieben.
Und als sie am dunklen Wald ankam
Die Linde rauscht am Hain
Traf sie dort auf einen tiefgrauen Wolf
Denn sie war von der Lust getrieben.
Lieber Wolf bitte friss mich nicht
Ich werde dir mein silbernes Kleid geben.
Dein silbernes Kleid ist mir egal
Ich will dein junges Leben und dein Blut.
Die Jungfrau stieg hoch in eine Eiche
Die Linde rauscht am Hain
Der Wolf streifte heulend um den Baum
Denn sie war von der Lust getrieben.
Der Wolf gräbt nach den Wurzeln der Eiche
Die Linde rauscht am Hain
Die Jungfrau gab einen fürchterlichen Schrei von sich
Denn sie war von der Lust getrieben.
Lieber Wolf friss mich nicht
Ich werde dir meine goldene Krone geben.
Deine goldene Krone ist mir egal
Ich will dein junges Leben und dein Blut.
Der Jüngling sattelt sein graues Ross
Die Linde rauscht am Hain
Er reitet schneller als ein Vogel fliegt
Denn sie war von der Lust getrieben.
Und als er an den Platz kam
Die Linde rauschte am Hain
Fand er nichts mehr als einen blutigen Arm
Denn sie war von der Lust getrieben.
Gott tröste mich, Gott bessere mich armen Jüngling
Die Linde rauschte am Hain
Meine Jungfrau ist von mir gegangen und mein Pferd ist halbtot
Denn sie war von der Lust getrieben.
(Text/Musik: trad. Skandinavisch - Übersetzung: Jacob Moberg / Saltatio Mortis)
1
Der Koloss aus Stein und Herzlosigkeit stürmte dem weißhaarigen Kämpfer entgegen. Ein Donnerbrüllen grollte aus seinem zahnlosen Maul. Auch der Kämpfer rannte dem Golem entgegen und sein Silberschwert blitzte in der Nachmittags¬sonne auf. Das Schwert in der Steinpranke dagegen wirkte wie ein Zahnstocher, reichte aber aus, den Mann mit dem weißen Haar aufzuspießen. Die beiden Kontrahenten verkeilten sich ineinander und der Golem brach unter lautem Getöse zusammen – den weißhaarigen Hexer unter sich begrabend.
Der Kampflärm erstarb und der aufgewirbelte Straßenstaub legte sich. Vorsichtig durchbrachen die ersten Vögel mit einem Lied die Stille und dann kam auch wieder Bewegung in den vor Angst erstarrten Kaufmann, den der Steinkoloss zuvor überfallen hatte – bevor ihm glücklicherweise der heraneilende Hexer Geralt von Riva zur Hilfe geeilt war.
Kaufmann Ayden Samhradh kroch hinter seinem vollgepackten Wagen hervor. Traurig blickte er auf das erschlagene Zugpferd und ging zum zweiten Tier, das zitternd im Geschirr stand und den heimtückischen Angriff des Golems überlebt hatte.
Der schlanke Mann in den gepflegten blauen Gewändern eines erfolgreichen Kaufmannes war ein hübscher Elf mit nackenlangem, braunem Haar und rehbraunen Augen. Er hatte die typischen spitzen Ohren, aber nicht den Kampfgeist seines kriegerischen Volkes geerbt – sonst hätte er wohl keine Hilfe von außerhalb benötigt, um es mit dem Steingolem aufzunehmen. Ayden Samhradh war ein von der menschlichen Zivilisation verwöhnter Kaufmann, der regen Handel zwischen den Menschen und den Wesen der alten Welt trieb. So war er nur mit einem schlanken Stilett bewaffnet, das gegen dieses Ungeheuer mehr als nutzlos war. Sein schwerbewaffneter Begleitschutz Trölt Wolfschädel – ein vollbärtiger Zwerg – hatte die Flucht ergriffen, kaum dass der Steinkoloss aus einem Birkenhain gestampft war.
Vorsichtig näherte sich Ayden dem riesigen Steinhaufen auf der Straße. Er hob einen Ast auf und stupste damit im Steinhaufen herum, aber alles blieb ruhig. Der Kaufmannself ging um den Golem herum. Das Silberschwert steckte im winzigen Kopf des Monsters und stützte den Oberkörper, so entstand darunter eine kleine Höhle in der Ayden den weißhaarigen Kämpfer entdeckte. Sofort versuchte er den Bewusstlosen hervor zu ziehen, was ihm nur unter aller Kraftanstrengung gelang. Dabei brach das Kurzschwert in der Schulter des Hexers ab, als er den Eingekeilten unter dem Steinarm des Golems hervorziehen konnte, bevor dieser einbrach. Felsbrocken kullerten kreuz und quer über die Straße, als der tote Koloss auseinanderbrach.
Der Elf schleifte den Hexer aus der Gefahrenzone und untersuchte seine Wunde. Das rostige Schwert des Golems war oberhalb des Herzens, kurz unterhalb des Jochbeins, so tief eingedrungen, dass die Spitze hinten herausschaute. Zum Glück blutete die Wunde nicht stark und Ayden wagte nicht, die Klinge jetzt zu entfernen.
Er begann das tote Pferd vom Wagen zu befreien, als reumütig sein Begleiter zurückkehrte. Der Zwerg steckte sein Schwert zurück in die Scheide, als er sah, dass keine Gefahr mehr drohte.
„Für was bezahle ich dich eigentlich, Trölt Wolfschädel, wenn du bei der ersten Gefahr davonläufst!“ Der Kaufmann versetzte dem Zwerg eine harmlose Backpfeife.
Kommentarlos half er seinem Chef Geralts Braunen vor den Wagen einzuspannen und Platz auf der Ladefläche zu schaffen, wo der Verwundete gelagert werden konnte. Trölt zog auch das Silberschwert aus dem Golemkopf und lenkte dann den schwerbeladenen Wagen zurück auf die Straße in Richtung Filderstedt, wo Ayden Samhradh lebte. Der Kaufmann selbst saß bei dem verwundeten Hexer und achtete darauf, dass die Fahrt ihn nicht zu sehr durchrüttelte.
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