
BMW 3er-Reihe: Die Modelle der 3er-Reihe (E21) bildeten die Nachfolger der erfolgreichen 02er-Klasse. Aus diesem Grund waren die Modelle der 3er-Reihe ebenso wie die 02-Modelle nur zweitürig lieferbar. (Bild: Jeroen Coebergh / Wikimedia Commons)
Technisch und von seinem Fahrwerk her wurde der 3er von der Fachpresse und den Kunden mit Lob überhäuft. Auch optisch gefiel der Wagen, denn er wirkte repräsentativ und modern, ohne protzig zu sein. Im Innenraum war das Konzept des »fahrerbezogenen Cockpits« erstmals konsequent umgesetzt worden, denn im 3er wurden die Bedienelemente und Anzeigen in der Mittelkonsole halbkreisförmig zum Fahrerplatz hin angeordnet.
Optisch hatten die Entwickler die kleinmotorigen Baureihen 316 und 318 von den leistungsstärkeren Modellen 320 und 320i durch eine unterschiedliche Frontpartie unterscheidbar gemacht. Während die stärker motorisierten Versionen mit Doppelscheinwerfern und der zusätzlich im Kühlergrill montierten Modellbezeichnung beeindruckten, mussten die leistungsschwächeren Modelle mit schlichten Einfachscheinwerfern auskommen. Doch egal ob mit Einfach- oder Doppelscheinwerfern – schnell zeigte sich, das BMW mit der neuen 3er-Baureihe den Kundengeschmack getroffen hatte.
Im Sommer 1975 war die Ölkrise vorbei und die Konjunktur zog kräftig an. In Zahlen: Bei BMW waren seit Jahresbeginn 1975 bereits 1.300 neue Mitarbeiter eingestellt worden, darüber hinaus wurden Sonderschichten mit dem Gesamtbetriebsrat vereinbart. Das Planungsziel war, erstmals über 200.000 Fahrzeuge pro Jahr zu bauen. Ein Wermutstropfen war allerdings die Kostenentwicklung in der Fahrzeugindustrie, von der BMW im Hochlohnland Deutschland ebenso betroffen war wie die heimischen Wettbewerber.
In eine ganz andere Richtung zielte das Projekt BMW ART CARS, das 1975 begonnen wurde. Mehr aus Spaß verwandelte der amerikanische Künstler Alexander Calder für das 24-Stunden-Rennen von Le Mans einen BMW 3.0 CSL in ein kunterbunt gelb, weiß, rot und blau lackiertes »Kunstwerk auf Rädern«. Die Idee, Rennsport mit Kunst zu verbinden, kam gut an – der BMW 3.0 CSL legte damit den Grundstein für eine bis ins Jahr 2010 reichende Tradition von insgesamt 17 BMW ART CARS, die von unterschiedlichen Künstlern in den kommenden Jahren gestaltet werden sollten.
Zu diesem Projekt erläutert BMW: »Die BMW Art Car Collection verbindet Kunst, Design und Technik und nimmt damit einen besonderen Platz in der Welt der Kunst ein. Die „rollenden Kunstwerke“ entstammen sowohl dem Rennsport als auch der Serie, sind Limousinen, Coupés und Roadster. Allesamt spannen sie den Bogen von der Pop Art der 70er Jahre über die „Idee der Kontinente“ bis hin zu neuen Konzepten des 21. Jahrhunderts.«{41} Von dieser von ihm begründeten Tradition bekam Alexander Calder indes nichts mit, denn er verstarb nur wenige Monate nach der Präsentation seines Kunstwerks auf Rädern.
Das Ziel, bis Jahresende 200.000 Fahrzeuge zu produzieren, war schneller erreicht als erhofft. Schon am 24. November gab Eberhard von Kuenheim bekannt, dass trotz Kurzarbeit im Januar und Februar schon mehr als 200.000 Autos gebaut worden waren. Nun sollten bis Jahresende 220.000 BMWs von den Bändern rollen und damit ein Rekordumsatz von über 3 Milliarden DM (ca. 1,5 Milliarden Euro) erreicht werden.
Unterm Strich standen im Geschäftsbericht für das Jahr 1975 nicht weniger als 226.688 verkaufte Fahrzeuge im In- und Ausland. Im Inland war das eine Steigerung um 40,8 Prozent. Der Jahresüberschuss war um 76,2 Prozent von 42 Millionen DM (ca. 21 Millionen Euro) auf 74 Millionen DM (ca. 37 Millionen Euro) gestiegen. Der einzige Wert des Geschäftsberichts, der sich verschlechtert hatte, war der Motorradabsatz im Ausland, der um 2,1 Prozent zurückgegangen war.{42}
Zu Beginn 1976 endete in München eine Ära, denn Alexander von Falkenhausen, der seit 1. Mai 1957 für die Motorenentwicklung bei BMW verantwortlich war, ging in Ruhestand. In seine Fußstapfen trat Paul Rosche, der bei BMW bereits jahrelang mit Alexander von Falkenhausen zusammengearbeitet hatte. Immerhin, so tröstete die Mitarbeiterzeitung die Angestellten, sollte Alexander von Falkenhausen auch im Ruhestand weiter als externer Berater für BMW arbeiten.
Zum 1. Januar 1976 ordnete BMW sein Motorradgeschäft neu. Fortan sollte die BMW Motorrad GmbH, bislang eine Tochtergesellschaft der BMW AG, selbständig und eigenverantwortlich geführt werden. Das bedeutete, dass zukünftig alle Aufgaben in den bayerischen BMW-Werken und in der Münchener Verwaltung, die den Bereich Motorrad betrafen, der BMW Motorrad GmbH zugeordnet wurden. Laut BMW-Management war diese Umstrukturierung notwendig, da mit einer massiven Steigerung des Motorradgeschäfts gerechnet wurde. Bis 1985 sollten die Produktionszahlen verdoppelt werden.
Allerdings – auch das wurde deutlich gesehen – wuchs der Wettbewerb durch die immer stärker werdenden japanischen Hersteller Honda, Yamaha, Suzuki und Kawasaki mittlerweile bedrohlich. Die vier Marken beherrschten bereits 75 Prozent des Weltmarkts, während das Sterben der europäischen Motorradindustrie voranschritt. Ein Blick nach England, der einstigen Hochburg des Motorradbaues war trostlos, aber auch in Deutschland, Spanien und Italien kämpften die wenigen verbliebenen Hersteller um ihr Überleben.

BMW 6er Coupé: Zum Genfer Salon 1976 wurde mit dem 630 CS / 633 CSi ein neues Coupé (E24) als Nachfolger der alten E9-Baureihe auf den Markt gebracht. Als Basis diente die Bodengruppe des BMW 5er, dessen Radstand für das Coupé gekürzt wurde. (Bild: Kroelleboelle / Wikimedia Commons)
Bereits im Frühjahr zeigte sich, dass das Jahr 1976 für die deutschen Automobilhersteller ein Rekordjahr werden würde. Lieferfristen von mehreren Monaten wurden zum Regelfall – Opel, Ford, VW, Mercedes-Benz und BMW kamen mit der Produktion trotz Sonderschichten nicht mehr nach. Angestachelt durch die enorme Nachfrage nutzten die Hersteller die Gunst der Stunde und erhöhten die Verkaufspreise um rund 5 Prozent. Dieses Verhalten der Hersteller wurde gemeinhin als Dreistigkeit interpretiert, denn bereits im Jahr 1975 hatten sie ihre Preise kräftig erhöht. BMW beispielsweise gleich zwei Mal, namentlich im März 1975 und kurz darauf im August 1975 ein weiteres Mal.
Zum Genfer Salon 1976 wurde mit dem 630 CS / 633 CSi ein neues Coupé (E24) als Nachfolger der alten E9-Baureihe auf den Markt gebracht. Auch das neue Coupé war auf den ersten Blick der Oberklasse zuzuordnen, zumal es länger und breiter war als das Vorgängermodell. Als Basis diente die Bodengruppe des BMW 5er, dessen Radstand für das Coupé gekürzt wurde. Lieferbar war das Coupé zur Serieneinführung als 630 CS mit einem 3,0-l-Vergasermotor sowie als 633 CSi mit einem 3,2-l-Einspritzmotor. Obwohl noch kein Händler ein Auto auf dem Hof stehen hatte, war die Produktion gleich nach der Präsentation bis zum Herbst ausverkauft. Unerwünschter Nebeneffekt: Die Markteinführung in den USA musste auf Februar 1977 verschoben werden.
Sicher bediente auch das neue Coupé wiederum eine Nische – angesichts des breiten Markterfolgs der 5er- und vor allem der neuen 3er-Reihe konnte aber kaum mehr von einer Nischenpolitik gesprochen werden. Ein Kleinserienhersteller war BMW ohnehin schon lange nicht mehr. In Zahlen ausgedrückt: Neben den rund 1.000 BMW-Händlern in Deutschland verkauften weitere 2.400 Händler in insgesamt 110 Ländern BMW-Fahrzeuge. Im Sommer verkündete Eberhard von Kuenheim demgemäß den Abschied der Münchner von der »Nischen-Modellpolitik« der vergangenen Jahre.
Читать дальше