Es war laut und sehr heiß . Ich saß in diesem Zelt , ganz am Rande, versteckt unter einer Decke , und beobachtete , wie sich die Menschen bewegten . Ich hatte mich hin eingeschlichen, um das Spektakel sehen zu können, da das Gesetz mir als Frau verbot , dabei zu sein. Die se Männer mit diesen komischen länglichen spitzen Hüten. Sie drehten sich so lange um die eigene Achse , bis sie in Trance fielen . E s sah so aus , als ob die Seele der Menschen ihren Körper verl ieß und sie sich Pirouetten gleich in voller Hingabe in den Himmel hineinschraubte . Ich saß unter der Decke und beobachte das kultische Ritual . Die Männer streckten die Arme aus , als ob sie etwas empfangen würden. D ie weißen kuttenartigen langen Gewänder , die sie trugen , blies en sich bei jeder Drehung ballonartig auf. Wie Kreisel drehten sich die Tänzer durch den Gang. Welch ein schöner Anblick! Sie kreisten schneller und schneller , bis sie immer wieder gemeinsam mit ihren Seelen in die Luft hinauf stiegen , und der Himmel i hre Seelen fortwirbelte.
„Fräulein, geht es Ihnen gut?“, hörte ich eine Stimme aus weiter Ferne zu mir sprechen. Etwas benommen öffnete ich meine Augen und erblickte eine alte Dame mit grauem Haar. Sie war von ihrem Fahrrad abgestiegen und hielt mütterlich meinen Arm fest.
„Ja, klar, alles bestens!“, stammelte ich. Die alte Dame schaute besorgt in mein kreidebleiches Gesicht. Ich löste mich aus ihrem Griff und wollte meinen Weg gerade fortsetzen, als ich merkte, wie ich erneut mein Gleichgewicht verlor. Wie ein Kartenhäuschen fiel ich in mir zusammen und musste mich übergeben.
Meine Schlafzimmertür öffnete sich vorsichtig. Meine Mutter schlich sich langsam in mein Zimmer hinein. Sie sah besorgt aus und schaute nach, ob ich noch schlief. Als sie erkannte, dass ich wach war, kam sie näher, um mich zu umarmen.
„Ach, Kindchen, was ist denn passiert? Der Doktor sagte, dass es sich um eine kleine Magenverstimmung handelt.“, sagte sie besorgt. Ich schaute meine Mutter verständnislos an. Im nächsten Augenblick überkam mich ein lautes, unkontrolliertes Lachen.
„Eine Magenverstimmung, ha, ha…“, fuhr ich sie an.
„Aber Kindchen, was hast du denn?“, fragte meine Mutter besorgt. Ich verlor die Beherrschung über mich und meinen Körper. Mir wurde schlecht vor Wut, mein Körper bebte. Glühender Zorn stieg in mir hoch und ließ sich nicht unterdrücken. Meine Augen sahen tollwütig aus. Das Gesicht meiner Mutter war bleich vor Schreck. Für einen Moment wurde es still, bis ich mich im nächsten Augenblick mit einem entsetzlichen, lauten Schrei auf sie warf. Dabei wurde mir schwindelig und ich verlor das Bewusstsein, wobei ich zu Boden und sofort in einen tiefen Traum fiel.
Es roch modrig , und ich lag auf einem kalten Boden. S plitterfasernackt. Ich konnte nur noch meinen Kopf bewegen und spürte , dass mein Haar an meiner Stirn klebte. Ich versuchte mich zu bewegen und merkte, dass meine Hände gefesselt waren. Mit dem Blick folgte ich den Seile n und sah, dass sie weit aus der Hütte , in der ich lag, hinaus reichten . Meine Beine lagen gespreizt auf de m Boden , in eis kalte n Eisens chellen.
Oh mein Gott, was mach t e ich hier? U nd wie es roch! Nach verbranntem Fleisch, nach Gras und Holz. Wie lange lag ich wohl hier? Ich hörte Schritte und ein Murmeln, doch ich konnte nichts verstehen . Die Ketten gruben sich in meine Hände und Arme , als ich aufstehen wollte. Ich lag r egungslos und spürte trotz meiner Not jeden einzelnen Knochen. Ich konzentrierte mich auf meine Füße , auf meine Schenkel und auf mein e Scham. Ich bemerkte, wie eine innere Glut durch meinen Körper aufstieg. Dabei wurde e s mir heißer und heißer , und ich keuchte laut. Dann hörte ich den Gesang. Mein Geist war wach und wurde von der Musik angezogen. Ic h rang um Fassung und konzentrierte mich auf meinen Körpe r . Ich wollte nicht gehen. Mein inneres Auge wanderte hoch zu meinem Bauch, zu meinem Leib und verschmolz sich mit diesem schwarzen, dunklen Fleck, den ich in mir spürte . Es schien so, als ob sich mein Kopf durch meinen Hals und meine Kehle einen Weg aus meinen Körper bahnen wollte. Mein Mund öffnete sich , und mich überkam ein wahnsinniger , stechender Schmerz. Ich schrie auf. U nendlich viel Blut schoss in Intervallen aus meine m Mund . Der rote Saft strömte immer stärker heraus , bis ich mich schließlich erbrechen musste . Mit geschlossenen Augen lag ich reg ungs los auf dem lehmigen Boden in dieser Hütte .
Nach einer mir endlos erscheinenden Zeit hörte ich , wie sich die Tür öffnete . Schritte näherten sich . Ich blinzelte leicht und erkannte einen jungen Mann, mit dunkle r Haut und einer weißen großen Feder in der Hand. Er beugte sich über mich. Ich roch seine Kriegerhaut. Er war ein Indianer, der sich stark machte für seinen Stamm und dafür kämpfte, dass die Riten und Bräuche seines Volkes weitergeführt wurden. Zärtlich nahm er mein Gesicht in seine Hand und strich mir sanft übers Kinn. Er öffnete meinen Mund , und ich spürte, wie er sich mir mit seinem Gesicht näherte und plötzlich mit seinem Mund meine Lippen berührte. Er sog an meine m Mund , als ob er all meinen vergangen en Kummer aus mir he raus ziehen woll t e . Sein S augen wurde immer intensiver , bis ich mich seiner Kraft ergab. Dann leckte er meine anderen Wunden weg. Zuerst die im Mundinnenraum, dann glitt er über meine Zunge, meine Lippen und über mein Gesicht. Das Blut war bis zu meiner Brustspitze geflossen , und ich spürte, wie er mit seiner Zunge über meinen Hals schleckte, zwischen meine r Brust , bis zum Gipfel hinauf. Meine Brustwarzen wurden hart . Er sah mich voller Liebe an und v erschloss mir mit seiner Hand zärtlich die Augen.
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