Ich glaube nicht, dass Gott mit dieser Position der Feuerwehr, die wir ihm gläubig zuweisen, zufrieden ist. Er wird uns mächtig auflaufen lassen und nicht in das gelobte Land der Erfüllung hineinkommen lassen, wie dereinst auch Israel nicht hineinkam – wegen ihres Unglaubens (Hebr 3, 19).
Wenn wir keinen Glauben haben für das „Manna für heute“, dann sollten wir überprüfen, ob das, was wir Glauben nennen, überhaupt Glauben ist oder nichts als fromme Theorie und religiöser Missbrauch Gottes. Erst wenn wir uns mit unserem Leben auf Gott einlassen, treten wir in die Dimension der Wunder ein und werden das Brot vom Himmel essen – Tag für Tag.
„Der Gerechte wird aus Glauben leben.“
Rö 1, 17
Und Jesus spricht zu ihnen: Es steht geschrieben: „Mein Haus wird ein Bethaus genannt werden; ihr aber habt es zu einer Räuberhöhle gemacht.“ Mt 21, 13
Neulich traf ich mich mit einigen Betern in einer anderen Stadt. Bevor ich hinfuhr, hatte Gott meinen Gebetskreis und die Beter dort schon in Beziehung zueinander gesetzt. Viele Gebetseindrücke wurden hin und her gemailt und so bildete sich eine innige Verbundenheit, eine beglückende Vertrautheit im Geist, noch bevor wir uns überhaupt das erste Mal live gesehen haben. Wie wunderbar.
Das ist das „Haus des Gebets“. Es ist vor Ort, aber auch überall, es ist in Bewegung wie das Zelt der Begegnung von einst. Es lässt sich von keiner Kirche binden. Es bildet einen Raum der Herrlichkeit und ruft eine Gemeinschaft der Sehnsüchtigen zusammen – über alle denominationellen und konfessionellen Grenzen hinweg, die traditionellen Barrikaden und Warnschilder der Gemeinden werden einfach überrannt, die Herzen halten die künstlichen Zertrennungen einfach nicht mehr aus und strömen zusammen.
Die Teilnehmer des Gebets im Haus suchen eine Haltung der Selbstlosigkeit, um Jesus Platz zu machen, sie haben keine Lust mehr auf den Ego-Trip. Endlich. Sie sind die ewigen Diskussionen um richtig und falsch leid, sie wollen nicht mehr streiten ums Recht haben, sondern „ein Herz und eine Seele werden“ (Apg 4, 32), um dem Herrn ein passendes Gefäß zu reichen, in das er seinen Geist gießen kann. Sie wollen endlich wieder erleben:
Und als sie gebetet hatten,
bewegte sich die Stätte, wo sie versammelt waren:
und sie wurden alle mit dem Heiligen Geist erfüllt …
Apg 4, 31
Auf diesen Geist kommt es alles an, er legt die Träume und die Visionen des Reiches Gottes in das Herz der Gläubigen hinein (Apg 2, 17), welche in der Lage sind, das Schicksal von Stadt und Land zu wenden.
Die Aufgabe der Beter ist mehr das Hören denn das viele Reden, das Empfangen und nachfolgende Austragen der Saat in ihrem Herzen, denn das Streiten um Doktrinen.
Was im Haus des Gebets geschieht und wohin der Geist die Beter treibt, ist ein Geheimnis. Kein Mensch kann das „planen“, „erledigen“ und „regeln“. Hierin besteht immer der Konflikt mit der Institution Kirche, die gerade das als ihre Aufgabe sieht, um für Ordnung zu sorgen. Je ordnender sie indes eingreift und je mehr sie festlegt, desto mehr verflüchtigt sich der Geist und mit ihm die Beter. Denn müssen sie nicht mit ihm gehen? Ist nicht er ganz alleine in der Lage dazu, sie zu solchen zu machen, die Gott „in Geist und Wahrheit anbeten“?
Niemand kann uns sagen, wie diese Anbetung geschieht – auch keine Gemeinde und kein Klerus kann das für uns „aufbereiten“ und in eine Veranstaltung stecken wie in eine Zwangsjacke. Wo der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit (2Kor 3, 17) – wo wir diese zu sehr reglementieren, verschwindet der Geist zusammen mit ihr und zurück bleibt ein Gerippe, ein totes Regelwerk und hohles Veranstaltungstum, denn der Geist ist es ja auch, der lebendig macht (2Kor 3, 6).
Viele Gläubige stehen mit einem großen Fragezeichen vor dem „Haus des Gebets“ und wissen nicht, wie sie es machen sollen, denn es lässt sich nicht machen . Viele sind überaus enttäuscht darüber, dass bei so unendlich viel bemühter Gemeindearbeit, die sie so lange schon betreiben, so schrecklich wenig herumkommt und Gott sich so selten blicken lässt. Dann geben sie sich noch mehr Mühe, stellen noch strengere Regeln auf und appellieren noch intensiver an die Disziplin ihrer Mitglieder. Aber durch all das gelangen sie nicht in das Haus des Gebets – denn es ist im Geist und nicht in ihrer Mühe … in Christus und nicht in der Veranstaltung … in Glauben, Hoffnung und Liebe und nicht in den Appellen von den Kanzeln.
Wann werden wir aufhören, den Geist bestimmen zu wollen, und lassen uns endlich von ihm bestimmen? Dies ist das Abenteuer des Lebens, der Eintritt in ein heiliges Geheimnis.
Alles hat Gott schön gemacht zu seiner Zeit, auch hat er die Ewigkeit in ihr Herz gelegt, nur dass der Mensch das Werk nicht ergründet, das Gott getan hat, vom Anfang bis zum Ende. Pred 3, 11
Wir sind für die Ewigkeit geschaffen und doch der Zeitlichkeit bzw. der Vergänglichkeit unterworfen. Kaum, dass wir anfangen, unser Leben zu entfalten, ist es auch schon zu Ende, es ist ein Drama. Auch ist es ein Drama, dass wir versuchen, unser Leben auf das sichtbare Hier und Jetzt zu beschränken.
„Ein Huhn lud aus Freundschaft einmal ein Kamel als Gast zu sich in den Stall ein. Als das große Kamel den Hühnerstall betrat,stürzte er in sich zusammen, weil er viel zu klein war.“ Rumi (1)
In unserem Herzen tragen wir eine Sehnsucht nach „mehr“, nach Dimensionen, die die Welt und unsere Alltagsgeschäfte in ihr übersteigen. Wir „laden Jesus ein, in unser Leben zu kommen“ und wissen nicht, was das wirklich bedeutet. Hier und da erleben wir unerwartete kurze, ekstatische Momente, in denen sich die Zeit aufzuheben scheint und uns ein anderer Zugang zur Wirklichkeit offenbar wird, als wir ihn gewohnt sind. Für einen Augenblick erkennen wir staunend, wie klein unsere Hütte wirklich ist – und dass wir möglicherweise eigentlich nicht ein Huhn, sondern etwas ganz Anderes sind, aber niemand hat uns das je gesagt und all unsere Erziehung und Ausbildung hat uns von klein auf ausschließlich auf Huhn getrimmt.
Wir setzen viel daran, uns von unserer allzu schnell verrinnenden Lebenszeit und den flüchtigen Träumen über Größe und Bedeutung abzulenken und der Verzweiflung, die unerfüllter Sehnsucht nun einmal auf dem Fuße folgt, irgendwie zu entgehen.
Nun sind nach dem Zeugnis der Heiligen Schriften der Himmel das ewige Leben und die Ewigkeit, für die wir geschaffen sind, keine jenseitigen Dinge, die uns erst nach dem Tode zuteilwerden – oder auch nicht.
Jesus verkündete, dass das „Reich Gottes nah herbei gekommen ist“ und wir gut daran täten, uns bereits heute auf dieses Reich einzulassen. Es ist schon hier und nicht erst dort; es ist schon jetzt und nicht erst dann. Dass wir durch die Sünde den Bezug dazu verloren haben, heißt nicht, dass es „weg“ ist. Dass unsere Augen in einer materialistisch orientierten Welt blind für das Unsichtbare geworden sind, heißt nicht, dass es die unsichtbaren Dinge nicht gibt.
Einen aufschlussreichen Bericht über diese „gegenwärtigen geistlichen Dimensionen“ finden wir in 2Kö 6, wo der Prophet Elisa von einem ganzen Heer belagert wird und sein Diener voller Entsetzen fragt, was sie denn nun angesichts dieser Ausweglosigkeit tun sollen.
„Elisa aber sprach: Fürchte dich nicht!
Denn zahlreicher sind die, die bei uns sind,
als die, die bei ihnen sind.
Und Elisa betete und sagte: Herr,
öffne doch seine Augen, dass er sieht!
Da öffnete der Herr die Augen des Dieners, und er sah.
Und siehe, der Berg war voll von feurigen
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