«Sind Sie bereit auf die Jagd zu gehen?», fragte Johnson laut.
Der leicht übergewichtige Italiener nickte. Schweiß tropfte ihm von der Stirn und sein Shirt klebte ihm auf der Haut.
«Hören Sie mir zu, Sergio!», meinte Johnson: «Wir haben jetzt 15.00 Uhr. In ungefähr drei Stunden geht hier die Sonne unter und dann wird es hier allmählich dunkel. Und ich bin mir nicht ganz sicher ob sie dann noch eine Chance auf Beute haben!»
«Ich krieg das schon hin!», sagte Sergio.
«Ich lasse sie hier an der Mündung des Flusses aussteigen! Ich empfehle Ihnen die Lichtung ...», meinte Johnson und stockte dann. Er zeigte auf die Insel: «Sehen Sie dort drüben?»
«Was?», fragte Sergio.
«Dort ist eine der Frauen. Sehen Sie die?» Johnson zeigte vom Meer aus Richtung Lichtung, auf der sich der Cold Lake befand: «Und dort ist noch eine!»
«Ich sehe nichts!», meinte Sergio.
Johnson gab ihm das Fernglas und der etwas übergewichtige Italiener schaute durch.
«Sehen sie was?», fragte der Sicherheitsberater und Vertraute von Pope.
«In welche Richtung muss ich schauen?»
«Herrje, verdammt!», schimpfte Johnson ungeduldig: «Sehen Sie die Hütte?»
«Ja ...!»
«Weiter ostwärts, hundert Meter!»
«Ostwärts?»
«LINKS!», erwiderte Johnson genervt.
«Ah, jetzt sehe ich sie. Sie schauen zu uns, oder?»
Johnson seufzte: «Ja. Sie haben uns bemerkt.»
«Was sind das für welche?», fragte Sergio.
Johnson nahm dem Italiener das Fernglas weg und blickte erneut durch: «Das ist Katja aus Deutschland und Bia aus dem Senegal! Ich fahre jetzt an Land und lasse sie raus, in Ordnung?»
«Okay!», meinte Sergio.
«Sie sollten sich aber eine andere Beute suchen!», meinte Johnson: «Die beiden haben uns in jedem Fall schon gesehen!»
«Ich mach das schon!», erwiderte der Italiener, aber so richtig überzeugt klang es nicht.
Hotel Resort
Florian saß auf einer der Stühle und schaute amüsiert auf den leicht übergewichtigen Italiener, der etwas behäbig aus dem Motorboot stieg und dann Richtung Landesinnere ging: «Ist das ihr Jäger?»
Pope seufzte: «Zumindest heute. Er hat eine Menge dafür gezahlt der Erste zu sein. Ich habe schließlich zugestimmt!»
«Eule, hier Delfin. Das wird definitiv nichts mit unserem Jaguar. Over!», kam die Stimme von Johnson durch das Funkgerät.
«Jaguar ist der Jäger!», flüsterte der IT-Experte in Richtung Florian.
Dieser nickte: «Ich habe es schon verstanden! Und der Delfin ist das Motorboot beziehungsweise Johnson!»
«Hier Eule!», antwortete Pope: «Dass ist mir klar, Delfin. Deshalb wollen wir ja morgen einen anderen Jaguar losschicken! Over!»
«Frage: Soll ich ihn irgendwie unterstützen? Over ...»
«Nein!», befahl Pope: Bleiben Sie beim Boot. Over and out!»
«Verstehen Sie jetzt, warum wir Sie als Jäger losschicken wollen?», fragte Mayer.
«Ich denke schon, ja!», meinte Florian: «Und ich soll dann auch Gäste mitnehmen? So wie diesen ...» Er zeigte auf den Bildschirm.
«Sergio!», meinte Pope: «So heißt der dicke Geschäftsmann aus Rom. Ab und zu sicherlich. Mir ist jedoch wichtig, dass die Show läuft. Morgen gehen Sie erst einmal alleine auf die Jagd ...»
«Wenn ich zustimme!», sagte Florian.
Pope schaute ihn von seinem Rollstuhl aus an: «Oh, ich denke, dass werden Sie!»
Tief in jedem Mann steckt es: das Kind. Florian war kritisch gegenüber der ganzen Sache. Aber dass was er sah faszinierte ihn. Zog ihn in seinen Bann. Eine Jagd auf Frauen ... was für eine kranke, abartige Idee. Aber auch irgendwie verdammt verlockend.
Glades of Prey
Sergio war durchaus vorbereitet worden auf die «Menschenjagd». Er hatte drei Wochen lang Zuhause in Italien Schießen gelernt und Johnson hatte versucht ihm im Schnellkurs einige Taktiken beizubringen.
Doch als es nun soweit war, schien er hoffnungslos überfordert. Er hielt das Betäubungsgewehr in seinen Händen, als wäre es aus purem Eisen und entsprechend schwer. Seine Hände schwitzten und seine wurstigen Finger krampften sich um Schaft und Gewehrkolben. Schon jetzt ging seine Atmung stoßweise. Die Hitze machte ihm zu schaffen. Anders als auf dem Felsen auf dem das Hotel stand, rührte sich hier vom Meer her kein einziges Lüftchen.
Johnson hatte ihm als Tipp gegeben sich nicht um die beiden Frauen zu kümmern, die ihn bereits gesehen hatten. Insgesamt waren es immerhin sechs Frauen, die als Beute zur Verfügung standen. Doch der italienische Geschäftsmann wusste auch, dass die Insel relativ groß war. Johnson hatte ihm erklärt, dass er gut zwei Stunden brauchen würde um vom westlichsten Teil zum östlichsten Teil der Insel zu gelangen. Deshalb ging er auf den Ratschlag gar nicht ein, sondern machte sich tatsächlich auf die Verfolgung der beiden Frauen.
Und wie das Leben manchmal so spielt: Das Glück schien ihm hold zu sein. Die Frauen waren flussabwärts gerannt statt landeinwärts Richtung See. Ein entscheidender Fehler. Auf die andere Seite konnten sie nur, wenn sie schwammen. Und am Strand gab es nur eine Richtung, zum Boot. Dort aber stand Johnson. Vermutlich hatten sie nicht erwartet, dass einer der beiden Männer zurückblieb. Jetzt sahen sie es. Auch wenn er nicht der Jäger war, so würden die Frauen sicherlich nicht in seine Richtung rennen.
Sergio ging mit schnellen Schritten in die Richtung, in der die Frauen gegangen waren. Er hatte sich das anders vorgestellt. Dass er irgendwo im Gras lag und wartete bis die Beute vorbeikam. Und im Grunde war es auch anders geplant gewesen. Aber er musste nun das Beste draus machen.
Der übergewichtige Mann grinste, als er die beiden nackten Frauen am Fluss, der das Süßwasser aus den Bergen erst durch den Cold Lake und schließlich in das Meer beförderte, stehen sah. Sie hatten ihren Fehler bemerkt und schienen hektisch nach einer Lösung zu suchen. Sergio kniete sich hin wie er es gelernt hatte. Etwa 50 Meter waren die beiden Frauen entfernt. Viel zu weit für ihn als Anfänger, aber das störte ihn nicht. Der erste Schuss fiel. Und ging daneben.
Schnell lud der Italiener nach ...
Panik erfüllte die beiden Frauen. Die Hellhäutige von ihnen sprang in die Fluten und schwamm durch den etwa drei Meter breiten Wasserlauf zum anderen Ufer. Die andere wusste in ihrer Verzweiflung nicht wohin, entschied dann wieder landeinwärts zu rennen. Direkt zwischen Johnson und dem Italiener hindurch. Immerhin hundert Meter lagen dazwischen.
Johnson beobachtete erst amüsiert die Szene. Der übergewichtige Trampel kam ihm vor wie ein Nilpferd, dass ... nein! Johnson korrigierte seine eigenen Gedanken. Ein Nilpferd war verdammt schnell und vor allem ziemlich gefährlich. Auf Platz 6 im Tierreich was die Todesopfer anbelangte. Der Vergleich zu diesem Italiener wurde dem tierischen Flussbewohner einfach nicht gerecht.
Dann sah er, wie Sergio plötzlich stürzte. Er fiel einfach um wie ein nasser Sack. Und die Afrikanerin Bia rannte direkt zwischen ihm beim Boot und dem Italiener Richtung Landesinnere. Er legte reflexartig mit seinem Gewehr an ...
Ein Schuss fiel. Die Afrikanerin blieb erschrocken stehen. Ein letzter Adrenalinschub durchfuhr ihren Körper. Bia ging noch drei Schritte weiter, dann stürzte sie getroffen zu Boden. Das Betäubungsmittel wirkte schnell.
Johnson rannte los. Allerdings nicht in Richtung Bia, sondern zu dem Italiener.
Sergio atmete schwer, als Johnson bei ihm ankam. Der Berater von Pope schaute den Italiener kritisch an: «Alles in Ordnung?»
«Ich ... ich krieg keine Luft mehr!», schnaubte der Mann.
«Setzen Sie sich hin, verdammt!», befahl Johnson und holte dann das Funkgerät aus der Tasche. Er ging ein paar Meter weg und funkte: «Hier Delfin, wir haben ein Problem. Over!»
«Hier Eule!», antwortete die Stimme von Pope. Natürlich hatte er die Szene auf dem Bildschirm verfolgt: «Was ist denn? Over!»
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