Natürlich wollten wir auch eine Fahrt mit der berühmten Cable Carnicht missen, also ließen wir den Wagen stehen und enterten eine dieser bunten Bahnen an der nächstliegenden Station zu einer oft sehr schrägen Rundtour. Ein kurzer Ausflug führte uns über die imposante Golden Gate Bridgenach Sausalito,ein Vorort von San Francisco, wo als spezielles Charakteristikum an fünf verschiedenen Stegen eine kleine Armada von Hausbooten festgemacht hat, teils bohemehaft und phantasievoll, teils exotisch und bizarr. Bevor wir den Rückweg über die Brücke nahmen, genossen wir von einem hoch gelegenen Aussichtspunkt aus den direkten Blick auf dieses einmalige Bauwerk und die dahinter in der Ferne aufragende Skyline. Die Tage waren viel zu schnell zu Ende, obwohl wir immer bis fast ein Uhr morgens klönten.
Am Sonntag erwartete uns alle ein ganz besonderes Ereignis, die San Francisco Opera,eine immer im Sommer stattfindende Veranstaltung auf einer riesigen Wiese innerhalb des Golden Gate Parks. Es war irre voll, dicht gedrängt hockten picknickende Menschen, zum Teil phantasievoll kostümiert, auf niedrigen Klappstühlen oder Decken auf dem Rasen, etwas seitlich hatten einige sogar ein Beduinenzelt aufgebaut und tafelten entsprechend gekleidet von silbernen Tabletts und tranken rot funkelnden Wein aus hohen Kristallgläsern. Wir arbeiteten uns mit einem riesigen, wohl bestückten Picknickkorb durch die brodelnde Menge, bis wir noch ein leeres Plätzchen fanden, auf dem wir uns „häuslich“ einrichten konnten. Um 2 p. m. ertönte durch riesige Lautsprecher die Nationalhymne, gespielt von einem Orchester auf einer hoch gelegenen großen Bühne, alle sprangen auf, Hüte vom Kopf, rechte Hand aufs Herz, und während aus Tausenden von Kehlen mit Inbrunst gesungen wurde, zog man langsam die amerikanische Flagge am Mast empor, ein sehr erhebender Augenblick.
Dann genossen wir zweieinhalb Stunden lang ein Feuerwerk der Musik und natürlich auch den leckeren Inhalt des Picknickkorbes. Bekannte Stars der San Francisco Operasangen ein Potpourri von Arien u. a. aus Carmen von Bizet, Barbier von Sevilla von Rossini, Tannhäuser von Wagner und v. a. m. Die Stimmung war grandios, viele Zuschauer schwenkten „Bravo-Schilder“, die Begeisterung kannte keine Grenzen, am Schluss jede Menge Zugaben und Standing Ovations. Wir ließen dieses tolle Erlebnis ausklingen mit einer Rundfahrt durch den herrlichen Park. Den Abend verbrachten wir in der gemütlichen Wohnung, bei Selbstgebrutzeltem und ein paar Gläschen kalifornischem Wein wurde wieder angeregt geklönt, dann Domino gespielt bis kurz vor Mitternacht, für die beiden begann schließlich am nächsten Morgen der normale Alltag.
Wir nutzten den Vormittag zum Zusammenpacken unserer Siebensachen. Als Diethard mittags aus der Uni kam, brachte er uns zur Vermietstation nach San Rafael, wo dann um 4 p. m. die Übergabe stattfand. Da stand es vor uns das stolze Gefährt, schneeweiß mit dunkelblauen Querstreifen und mehrfarbigen geometrischen Figuren, blitzblank geputzt außen wie innen, mit seinen über 8 m ca. 2 m länger als unser eigenes Mobi, durch einen zusätzlichen Alkoven waren insgesamt 4 Schlafplätze an Bord. Wir benutzten dann allerdings ausschließlich das breite gemütliche Doppelbett im hinteren Bereich des Wagens, der Alkoven diente als zusätzliche Gepäckablage.
Ansonsten war alles da, was man brauchte, um sich wohl zu fühlen, ein weicher unempfindlicher Teppichboden; hinter der Fahrerkabine, die bequem über eine niedrige Stufe durchgängig zu erreichen war, auf der linken Seite ein breiter Tisch mit zwei gegenüberliegenden gepolsterten Sitzbänken an großem Panoramafenster, rechts ein drehbarer äußerst bequemer Sessel, im mittleren Teil hinter der Eingangstür auf der rechten Seite die Küchenzeile mit mehr als das Herz begehrt, nämlich außer einem dreiflammigen Gasherd gab es noch einen großen Backofen, von uns lediglich zum Aufbacken der Frühstücksbrötchen benutzt, die in Amerika wohl unentbehrliche Mikrowelle, einen überdimensionalen Kühlschrank und ein zusätzliches Gefrierfach, in dem wir einen Vorrat an Zartbitterschokolade aufzubewahren pflegten; daneben rundeten zwei chromglänzende Spülbecken das Bild ab. In einem hohen Kleiderschrank konnten wir gut den Inhalt eines Koffers unterbringen, außerdem gab es noch genügend weiteren Stauraum in Form von Oberschränken und Schubfächern, alle Fronten aus edlem Holz. Hinten rechts neben dem Doppelbett fand ein großzügiges Bad mit Spiegelschrank, WC und bequemer Duschwanne unser Wohlgefallen.
Rundum zufrieden brachen wir nach etwa einstündiger Einführung, versehen mit sämtlichen Papieren, allen möglichen Gebrauchsanweisungen und genügend Kartenmaterial auf; Diethard war inzwischen wieder zur Uni zurückgekehrt. Den Automatikhebel (gehört in Amerika in fast allen Wagen zur Standardausrüstung) auf D gestellt und los ging’s ohne große Eingewöhnungsmöglichkeit direkt vom Platz auf den sehr belebten Highway, erlaubte Höchstgeschwindigkeit 55 mph (88 km/h). Doch weil ja neben mir am Steuer ein Routinier saß, entspannte ich mich schon nach kurzer Zeit und wandte mich meiner Aufgabe zu, dem Fahrer mit Hilfe des reichlich vorhandenen Kartenmaterials den rechten Weg zu weisen.
Da Gaby und ich am Abend gemeinsam unsere Lebensmittelvorräte einkaufen wollten, kehrten wir also zunächst zur Pierce Streetzurück, wo wir gegen 6 p. m. eintrudelten. Eine ganze Weile waren wir dann damit beschäftigt, all unsere Siebensachen, und das waren eine ganze Menge, generalstabsmäßig im Mobi zu verstauen und dieses nach getaner Arbeit ganz in der Nähe in einer Querstraße zu parken, da direkt vor dem Haus Halteverbot. Wir entspannten uns bei einem gemeinsamen leckeren Abendessen, das unsere Gastgeber inzwischen zubereitet hatten. Um 9.30 p. m. (!) fuhren Gaby und ich gemeinsam zu Safeway ganz in der Nähe. Bei dem Wahnsinnsangebot in dem riesigen Supermarkt, in dem übrigens trotz fortgeschrittener Stunde reges Leben herrschte, benötigten wir über eine Stunde. Wie herrlich entspannt man dann an der Kasse zusehen konnte, wie vier fleißige Hände die Ware nach der Registrierung vom übervollen Laufband in große Papiertüten beförderten und diese dann in einem bereit gestellten leeren Einkaufswagen stapelten, das wird für Deutschland wohl leider ein ewiger Wunschtraum bleiben.
Fast eine Stunde nahm das Verstauen der ganzen Köstlichkeiten, darunter zu meiner Freude auch deutsches Schwarzbrot, in Anspruch, danach saßen wir vier noch gemütlich bei einigen Gläsern kalifornischem Wein und angeregter Unterhaltung zusammen, genossen noch einmal den Blick auf die beleuchtete Golden Gate Bridge, um uns dann weit nach Mitternacht von Gaby und Diethard zu verabschieden, da wir die Nacht bereits im Wohnmobil verbringen wollten und die beiden morgens sowieso wieder früh aufbrechen mussten. Um 2 a. m. lagen wir dann endlich todmüde in unserem gemütlichen Doppelbett.
Bis 7.30 a. m. schliefen wir immerhin tief und fest durch, bis wir von vorbeifahrenden Autos und laut klappenden Türen geweckt wurden. Nach erster Morgentoilette im „Luxusbad“ beschlossen wir, zum Frühstück an den Yachthafen am Marina-Boulevardzu fahren, wo wir einen sehr schönen Parkplatz mit Blick auf Alcatrazfanden, die Golden Gate Bridgelag wie häufig um diese Tageszeit unter dickem Nebel verborgen. Wir ließen uns die ersten im Ofen aufgebackenen Brötchen schmecken und alles, was sonst noch so dazu gehört. Dann ging es frisch gestärkt südlich Richtung Highway One, der als eine der Traumstraßen der Welt gilt und vom hohen Norden Amerikas bis fast an die Grenze Mexikos meistens direkt an der Pazifischen Küste entlang verläuft. Ein starker Wind hatte die anfänglichen Wolken vertrieben, und die Sonne strahlte nur so vom Himmel. Flotte Rhythmen von mitgebrachten heimischen Kassetten verbreiteten beste Urlaubslaune.
Читать дальше