Gleich hinter der quirligen Studentenstadt Santa Cruzöffnet sich die etwa 40 km lange sanft geschwungene Bucht von Monterey, mit der einer der schönsten Küstenstriche in Kalifornien beginnt, dramatische Steilküsten wechseln sich ab mit weiten weißen Traumstränden, an wild zerklüfteten Klippen brechen sich laut donnernd die gischtenden Wogen des Pazifiks,klar, dass wir uns keinen der dargebotenen Lookouts entgehen ließen. Gegen Mittag erreichten wir die ehemalige Landeshauptstadt Monterey.Natürlich führte uns unser Weg zunächst zu deren bekanntester Adresse, der Cannery Row(Straße der Oelsardinen), übernommen aus dem gleichnamigen Roman des bekannten Schriftstellers John Steinbeck, wo einst durch riesige Sardinenschwärme vor der Küste eine lukrative Konservenindustrie blühte. Durch Buch und Verfilmung desselben ist sie zur Touristenattraktion geworden und lockt jetzt mit einer bunten Anhäufung von Souvenirläden, Boutiquen, Galerien und Restaurants eine Unmenge von Besuchern an. Wegen des herrschenden Gedränges und mangels passenden Parkplatzes machten wir Sightseeing vom Mobi aus, arbeiteten uns vor zum nahe gelegenen Fisherman’s Wharf,dem kleinen Fischereihafen, wo ebenso buntes Treiben herrschte. Am Yachthafen fanden wir dann endlich einen schönen Parkplatz für unsere traditionelle Teepause, die einzige Mahlzeit zwischen ausgiebigem Frühstück und dem Abendessen. Wir genossen nebst herrlichem Ausblick köstliche Muffins aus dem reichlich gekauften Vorrat.
Weiter ging’s über Pacific Grove, eine kleine beschauliche Ortschaft mit hübschen viktorianischen Häusern, die im Westen nahtlos an Monterey anschließt, auf den berühmten 17 Miles Drive, eine private gebührenpflichtige Panoramastraße, die malerisch an der von Pampasgras und uralten windzerzausten Zypressen gesäumten zerklüfteten Felsenküste entlangführt, vorbei am Seal and Bird Rock, bevölkert von einer unübersehbaren Menge brüllender Seelöwen; auf den wild bewegten Wellen sich tummelnd oder mit ihren weiten Schwingen lautlos in der Luft schwebend, um im nächsten Moment im Sturzflug auf das Wasser hinunterzustoßen, Hunderte von Kormoranen, Pelikanen und kreischenden Möwen, die sich den schroffen Felsen mit den etwas plumperen tierischen Bewohnern teilen. Unser mitgebrachtes Fernglas leistete uns sehr gute Dienste. Natürlich war es ein absolutes Muss, die wohl am meisten auf der Welt fotografierte hoch oben auf einem schroffen Klippenvorsprung thronende einsame Zypresse, die so genannte Lone Cypress, im Bild festzuhalten, die dort schon seit mehr als 200 Jahren den rauen Meereswinden trotzt.
Vorbei am manikürten Golfplatz am traumhaften Pebble Beacherreichten wir schließlich mit dem bezaubernden Örtchen Carmel,den südlichen Endpunkt des Drive. Hier findet äußerst gepflegtes Wohnen hinter Kiefern und Zypressen statt. An der eleganten Beach Avenuereihen sich Boutiquen, Galerien und Gasthöfe im attraktiven Tudor-Stil aneinander. Gern hätten wir der berühmten Carmel Mission,1770 von den Spaniern erbaut, inmitten einer exotischen, leuchtend bunt blühenden Gartenanlage gelegen, einen kurzen Besuch abgestattet, aber leider war das schmiedeeiserne Tor verschlossen, und ein Schild verkündete: „Closed at 5 p. m.“ Das sollte uns bei unseren Reisen durch Amerika noch öfter passieren. Wie verträgt sich das eigentlich mit dem „American way of life“? Etwas enttäuscht schoss ich wenigstens ein Foto durch die Stäbe des Zaunes.
Mit der Rückkehr auf den Highway Onebegann das wohl spektakulärste Wegstück, die kalifornische Zentralküste Big Sur, rau und von atemberaubender Schönheit. Schmal, kurvenreich und mit zahlreichen Steigungen und Gefällstrecken folgt die Straße der Kontur des Küstengebirges, von den Viewpoints boten sich uns Schwindel erregende Ausblicke auf den schäumenden Pazifikund die sich staffelnden Rücken der Coast Range.
Es wurde langsam dunkel, die Landschaft in ein diffuses, fast unheimliches Licht getaucht, keine Menschenseele weit und breit. Entgegen unserer sonstigen Gepflogenheit, rechtzeitig einen Stehplatz für die Nacht aufzusuchen, hatten wir immer noch keinen Campground gefunden, denn in dem angeblich so freien Amerika ist es leider nicht erlaubt in freier Natur zu stehen. Endlich wurden wir vor der kleinen Ortschaft
fündig, einem Hinweisschild folgend bogen wir in eine kleine Straße mit halsbrecherischem Gefälle ein, vor uns eine dunkle undurchdringliche Wand. Vorsichtshalber stieg ich aus, um mit einer Taschenlampe das stockdunkle Gelände näher zu erkunden. Der angesteuerte Platz befand sich unter riesigen Redwood-Bäumen mit weit ausladenden dichten Wipfeln, lag also noch mehr im Finstern als die Straße. Gott sei Dank stieß ich wie Hänsel und Gretel auf eine Hütte, aus deren Fenstern schummeriges Licht fiel. Auf mein Klopfen öffnete statt der Hexe allerdings der Pächter, der sich zusammen mit seiner Frau gerade eine der unzähligen Serien im Fernsehen ansah. Dank der von mir mitgebrachten Internationalen Campingkarte und der Master Card waren die Formalitäten schnell abgeschlossen, und er begleitete uns zu dem uns zugewiesenen Platz zwischen zwei gewaltigen Stämmen, hoch über dem Big Sur River, den man in der Tiefe rauschen hörte. Nachbarn waren nicht zu sehen. Bei gemütlichem Kerzenschein ließen wir uns ein schnell zubereitetes leckeres Abendessen schmecken und den langen, aber sehr schönen Tag noch einmal Revue passieren. Um 10.30 p. m. fielen wir todmüde in unser kuscheliges Doppelbett.
Da kaum Tageslicht durch die Kronen der riesigen Bäume fiel, beschlossen wir am nächsten Morgen, uns außerhalb des Campgrounds einen etwas helleren Frühstücksplatz zu suchen, was uns dann auch schon nach kurzer Zeit auf einem Viewpoint hoch über dem Meer gelang. Den Abgrund konnte man allerdings nur ahnen, da dichter Nebel den Blick in die Tiefe versperrte. Wir standen jedoch in hellem Sonnenschein und genossen zur anderen Seite hin einen herrlichen Blick auf die Santa Lucia Range. Frisch gestärkt brachen wir erneut auf zu Serpentinenfahrt in Schwindel erregende Höhen, kurze Blicke durch aufreißende Nebelschwaden führten zu beachtlichem Anstieg meines Adrenalinspiegels und etwas verstärktem Druck in der Magengegend. Auf steilen Kehren wand sich die Straße dann wieder hinab zu romantischen Sandbuchten und durch malerische kleine Orte.
Nach drei Stunden Auf- und Abstieg gönnten wir uns eine erholsame Kuchenpause auf einem Parkplatz über wild zerklüfteten Klippen, an denen sich der Pazifikmit donnerndem Getöse gischtend brach. Hier hatte sich der Nebel inzwischen verzogen, und eine nahe Vogelinsel, von der ohrenbetäubender Lärm herüberwehte, ließ uns wieder einmal zu unserem Fernglas greifen; auf den Felsen ein unübersehbares Gewimmel der verschiedensten Vogelarten, laut kreischende Möwen, mitten dazwischen eine Kormorankolonie, etwas abseits als ruhender Pol einige braune Pelikane mit ihren weißen Köpfen, die weiten Schwingen majestätisch ausgebreitet; in der Luft nicht minder voll, ein ständiges Starten, Landen, Kreisen und Schweben, plötzliches Herabstoßen zu zappelndem Fischfang, ein Wunder, dass es bei diesem Durcheinander nicht ständig zu spektakulären Zusammenstößen kommt!
Da nach der nächsten Kurve auch der nach wie vor ziemlich schmale Highway total im Nebel versank, ergriffen wir nach fast einstündiger „Blindfahrt“ hinter der verträumten Ortschaft San Luis Obispodie Gelegenheit, auf eine fast parallel verlaufende Straße im Landesinneren auszuweichen. In herrlichem Sonnenschein rollten wir dann durch eine wunderschöne hügelige Landschaft, rundum gepflegtes Ranchland, als malerische Tupfen hübsche weiße Farmhäuser, umgeben von den attraktiven nicht minder weißen Zäunen. Eine kleine Grocery lud uns dazu ein, unsere Vorräte etwas aufzustocken.
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