Von San Francisco in den Westen der USA
Im Herbst 1989 wurden wir unserem Mobi zum ersten Mal untreu, von Deutschland aus mieteten wir durch Canusa Touristikin Hamburg ein 24-25 feet Motorhome (um 8 m) bei einem Vermieter in San Rafael, einige Meilen nördlich von San Francisco. Wir starteten am 7. September, einem Donnerstag, mit LTUeinigermaßen pünktlich um 11.15 Uhr von unserem Heimatflughafen. Die Maschine war mit 300 Personen restlos ausgebucht. Nach einem sehr angenehmen, überwiegend ruhigen Flug über die Shetland Inselnund Grönlandmit herrlichen Ausblicken landeten wir um 1 p. m. am selben Tag (9 Std. Zeitverschiebung) in
(in einigen Ländern unterscheidet sich die Beschreibung der Uhrzeit von der bei uns üblichen, a. m.= ante meridiem -vormittags- und p. m.= post meridiem -nachmittags-).
Unsere älteste Tochter Gaby holte uns nebst Ehemann Diethard mit einem großen amerikanischen Schlitten, einem Ford Mercury, den sie auf den Namen Mario getauft hatten (rostbraun mit mittelblauen ledernen Sitzbänken) vom Flughafen ab. Sie hatten im August des Vorjahres, wie schon erwähnt, in Hamburg geheiratet und waren, beide inzwischen zugelassene Rechtsanwälte, zwecks Studium unseres Schwiegersohnes zum MBA an der dortigen Uni drei Wochen nach ihrer Hochzeit nach San Francisco gezogen. Gaby war in der Zwischenzeit in einer PR Agentur zum Account Manager aufgestiegen und trug dadurch zum Auffüllen der Haushaltskasse bei.
Da Diethard noch zur Uni musste, nutzten wir den Nachmittag sofort für eine kleine private Stadtrundfahrt. Zu dritt bequem auf der durchgehenden breiten vorderen Bank sitzend, erklommen wir bei herrlichem Sonnenschein den Russian Hillauf der Lombard Street, der „krummsten Straße der Welt“, die sich am Osthang zu einer steilen Einbahnstraße verjüngt und sich mit ihrem roten Ziegelsteinpflaster bei 40% Gefälle in zehn Haarnadelkurven zwischen gärtnerisch sehr hübsch gestalteten Anlagen hindurch schlängelt, von dort ging`s in flottem Tempo empor zum Telegraph Hillmit seinem 64 m hohen Coit Tower, der 1934 als Feuerwehr-Ehrenmal errichtet worden ist und von dessen Aussichtsterrasse man einen herrlichen Blick genießt auf Downtown, den ehemaligen Fischereihafen Fisherman`s Wharfmit seinen bunten Geschäften und Restaurants, die berühmt-berüchtigte ehemalige Gefängnisinsel Alcatraz, und last not least das wohl bekannteste Wahrzeichen San Franciscos, die die Bay überspannende sehr imposante auffallend rotgolden schimmernde Golden Gate Bridge, 1937 nach vier Jahren Bauzeit fertig gestellt, mit einer Spannweite von 1280 m und ihren 227 m hohen Pylonen eine der größten und schönsten Hängebrücken der Welt, und weiter östlich die ein Jahr früher eröffnete, über zwei Ebenen gehende Oakland Bay Bridge, die wir später noch aus der Nähe bewunderten; eine zauberhafte Stadt zum Verlieben, kein Wunder, dass sie bei fast jedem Besucher spontane Begeisterung hervorruft.
Weiter chauffierte uns unsere bestens informierte „Reiseführerin“ kreuz und quer durch die Straßen, natürlich wurde auch die supersteile Webster Street, auf der der Wagen fast senkrecht in die Höhe steigen muss, nicht ausgelassen. Gegen Abend erreichten wir fast zusammen mit unserem Schwiegersohn das Domizil der beiden in der Pierce Streetin Marinain unmittelbarer Nähe zur Bay. Sie hatten eine wunderschöne Wohnung in der 3. Etage eines 6 Parteien-Hauses gemietet, ein typischer weißer Holzbau mit hochgeklappter Feuerleiter. Vom großen Fenster ihres Wohnzimmers aus hatte man einen traumhaften Blick auf die Golden Gate Bridge, wenn nicht gerade eine dicke weiße Nebelwolke vom Pazifikhereinwaberte.
Bei einem leckeren Abendessen wurde ausgiebig geklönt, und dem Jetlag keine Chance gebend, beendeten wir erst um Mitternacht diesen so ereignisreichen Tag. Drei mindestens ebensolche folgten, unsere Tochter hatte sich für diese Zeit frei genommen, um uns die von beiden so heiß geliebte Stadt ausführlichst vorführen zu können, was sie dann zu unserer Begeisterung am Freitag und Samstag auch gründlich tat; Diethard musste tüchtig in der Uni büffeln
Ganz bequem von unserer breiten Sitzbank aus ließen wir bei gleich bleibend schönem Wetter langsam alle nur denkbaren Sehenswürdigkeiten an uns vorüberziehen; die an Manhattan erinnernden imposanten Hochhäuser des Civic Center, die pompöse City Hallmit ihren unzähligen Säulen und einer mächtigen 92 m hohen Kuppel, die sich, umgeben von gepflegten Rasenflächen über zwei Straßenblocks erstreckt, nach dem verheerenden Erdbeben von 1906 wieder völlig neu aufgebaut; das ebenfalls im klassizistischen Stil errichtete War Memorial Opera Housevon 1932, auf dessen Bühne 1945 die Charta der Vereinten Nationen unterzeichnet worden ist und die 1980 eröffnete Symphony Hallmit ihrer rundum laufenden Fensterfront und dem silbrig glänzenden flachen Kuppeldach, eine der größten Konzerthallen der USA; den Union Square, der palmengeschmückte sehr belebte Hauptplatz des Downtown Shopping Centersmit den größten Kaufhäusern der Stadt; den nicht minder geschäftigen Financial District, das Bankenviertel mit der 1969 fertig gestellten 237 m bzw. 52 Stockwerke hohen marmorverkleideten Zentrale der Bank of Americaund dem architektonischen Höhepunkt dieses Stadtbezirks, der 1972 vollendeten 280 m hohen Transamerica Pyramidmit der ungewöhnlichen aluminiumverkleideten Gitterturmkonstruktion; als krasser Gegensatz dazu die im Adobe-Stil (Lehm-Stroh-Technik, angewandt durch die Indianer) 1776 unter dem Namen San Francisco de Asisvon spanischen Franziskanern errichtete kleine Mission Dolores, die die Wiege Franciscos verkörpert; die benachbarte Basilikahat man erst 1918 erbaut. Wenn auch Wolkenkratzer die Skyline der Stadt bestimmen, so sind es doch die alten viktorianischen Holzhäuser, die den Charme von San Francisco ausmachen; die schönsten und immer wieder abgelichteten Exemplare, die der Großbrand von 1906 verschont hatte, findet man am parkähnlichen Alamo Square, wunderschön herausgeputzt und äußerst fototrächtig vor der fernen Skyline aufgereiht.
Natürlich wurde auch unsere Stadtrundfahrt ständig durch Fotostopps und kurze Besichtigungen unterbrochen, auch der Magen kam selbstverständlich auf seine Kosten, u. a. genossen wir in einem sehr hübschen Restaurant in Chinatown,eine exotische Welt voller prallem buntem Leben, die fernöstliche Küche.
Abends versuchten wir in einem kleinen gemütlichen Familienrestaurant in der etwas weniger belebten, aber durch ihre typischen wunderschön gestalteten Gartenanlagen, die fünfstöckige Peace Pagoda, die vielen hübschen Tempel, Schreine und Teehäuser nicht minder sehenswerten Japantownunser Glück mit Stäbchen, allerdings gaben wir schon nach kurzer Zeit entnervt auf und griffen auf die in weiser Voraussicht bereitgelegten Gabeln zurück, während Gaby und Diethard, der abends natürlich mit von der Partie war, dank längerer Übung die Kunst bestens beherrschten.
Es führte zu weit, alle an diesen zwei Tagen besuchten Sehenswürdigkeiten ausführlich zu beschreiben, diese Stadt bietet einfach zu viel, also folgt ein stichwortartiger Abriss: Fisherman’s Wharf, ein vor allem für die Touristen südländisch herausgeputzter Hafen mit bunten Geschäften, Restaurants und Straßencafés, nicht zu vergessen den zahlreichen Straßenkünstlern; unter dem südlichen Brückenkopf das gut erhaltene Fort Point, 1853 von der amerikanischen Armee an der Stelle eines spanischen Forts zum Schutz der Einfahrt in die Bucht errichtet, heute ein Militärmuseum, von dessen Top man einen wunderschönen Ausblick genießt; nicht zu vergessen der traumhafte Blick von den etwa 300 m aufragenden Twin Peaksgenannten Zwillingsbergen auf die gesamte Stadt, die Bay bis hinüber nach Oakland;das 590 ha umfassende Presidio,ein früherer Stützpunkt der US-Army, inzwischen der größte Teil zum Nationalpark erklärt, eine der grünen Lungen der Stadt; außerdem last not least der liebliche über 400 ha große Golden Gate Park, einer der größten und schönsten Stadtparks der USA mit mehr als 5.000 verschiedenen Pflanzenarten; in Gehegen werden diverse Hirscharten und Bisons gehalten; mehrere Seen und Teiche sowie eine Reihe von Denkmälern bereichern die riesige Grünanlage. Wunderschön der im südwestlichen Teil des Parks gelegene Japanese Tea Gardenund sehr hübsch anzusehen das Conservatory of Flowers, ein im viktorianischen Stil erbautes Gewächshaus; für Sportliebhaber gibt es einen ausgedehnten Golf Course.
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