Damals wussten die arbeitslosen Bergleute und die Brauereileute nicht weiter. Was sollten sie arbeiten? Womit ihr Geld verdienen?
Sie wussten nicht, um welche Arbeit sie sich hätten kümmern können. Es gab seitdem im Ruhrgebiet unzählige Umstellungen und rasante Weiterentwicklungen, die damals in den siebziger Jahren gar nicht absehbar waren. Schaut man heute auf Dortmund, kann man als Dortmunder eigentlich nur stolz sein, was sich alles entwickelt hat hier, bei uns. Unzählige Angebote aus der Kultur, die selbst vor 10 Jahren so noch nicht denkbar waren, sind heute selbstverständlich. Technische Entwicklungen aus der Region, eine Universität und ein Technologiepark und noch ein eigener Flughafen sind inzwischen schon normal. Es hat sich sehr viel getan. 1988, als ich meine Praxis eröffnete, gab es eine Hand voll Dipl.-Psychologen, die ihre eigene Psychotherapie Praxis eröffnet hatten. Man kannte sich. Heute gibt es mit Sicherheit 100 Praxen in Dortmund.
Ähnliche Entwicklungen wie in Dortmund gibt es landesweit in Deutschland. Vielleicht nicht so krass. Dortmund zählt in der Gegenwart zu den ärmsten Städten in Deutschland. In der Stadtmitte und von den Entwicklungen her gesehen, ob wirtschaftlich mit dem Technologiezentrum, oder Initiativen in der Stadtmitte durch Geschäftsleute - Cityring - und kulturell mit dem U-Turm, Museen, Konzerthaus und zahllosen anderen Initiativen und dem Leben rund um den Phönixsee bietet Dortmund im Gegensatz zu früheren Zeit viele Alternativen für die Freizeitbeschäftigung. Aber es gibt auch viele Arme und Arbeitslose. Und diese Gruppen haben nicht viel Geld zur Verfügung. Sie müssen sich sinnvolle Beschäftigungen suchen, die ihnen etwas geben: Sinn, Bestätigung und vielleicht auch Geld. Viele gehen tatsächlich Flaschen im Abfall suchen, um sie später in Containern der Supermärkte einzulösen gegen ein paar Cent.
Dem Mehrwert ist zwar eine unverhohlen primäre und prestigebeladene Alleinstellung in der Spitze gesellschaftlicher Ziele als Ausfluss eines ökonomischen Denkens vorbehalten. Aber er versagt letztlich als Sinn- und Zielgeber des menschlichen Lebens. Er ist nicht so einzulösen, dass Menschen sich mit Geld allein glücklich fühlen. Jeder kennt den Spruch - und so ist es auch: Geld allein macht nicht glücklich. Das als Lohn ausgezahlte Geld ist der Vermittler zwischen Wünschen und ihrer Erfüllung, wenn man genügend davon hat. Erniedrigt man Menschen jedoch immer mehr und zahlt ihnen immer weniger für ihre geleistete Arbeit, zwingt man sie in die Knie. Sie können sich dann nicht viel leisten.
In den letzten Jahrzehnten konnten Menschen sich immer weniger leisten. Der Gipfel ist, dass es andererseits zunehmend Millionäre gibt.
So zu tun, als habe das eine mit dem anderen nichts zu tun, ist so falsch wie unglaubhaft. Menschen denken an nichts anders als Geldbeschaffung, selbst dann, wenn sie es nicht wollen. Man unterwirft sie. Menschen werden entmenschlicht und entfremdet. Sie fangen an, sich selbst zu benutzen. Sie wollen sich gesund halten, weil sie instinktiv spüren, wenn sie krank werden, ist alles gelaufen. Aber letztlich können sie das nicht. Dazu gibt es Untersuchungen. Zum Beispiel: „Arme Kinder – kranke Kinder“ von Prof. Hurrelmann in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung bereits am 20.2.2005 beschrieben und veröffentlicht. Die Schande ist, dass Menschen diese Zusammenhänge ignorieren. Es wird nicht wirklich etwas dagegen getan. Menschen werden zunehmend unter diesen Arbeitsbedingungen psychisch krank. Eher bekommt man den Eindruck: Schön, dass wir die Zusammenhänge wissen und darüber gesprochen haben. Aber ändern tun wir das nicht. Der ökonomische Nutzen, die Dinge so zu belassen, wie sie sind, ist einfach noch zu groß. Warum sollte man so viele gesunde Menschen haben wollen? Wo man doch schon so viele Arbeitslose und arme Menschen hat.
Andererseits waren Krankenkassen die ersten Einrichtungen, die von Unternehmern unterstützt diesen Aspekt der guten medizinischen Versorgung verstanden und gesamtgesellschaftlich in den Anfängen des Frühkapitalismus umsetzten.
Entspannungsgruppen könnten als Produkte erster Wellness Maßnahmen gelten. Der mächtige und primitive Ausfluss einer Ökonomie, Abhängigkeit von Geld zu schaffen, was Menschen andererseits brauchen, um Leben zu können, brachte andererseits vielschichtige positive Veränderungen für Menschen insgesamt. Nicht nur für Arbeiter und Angestellte. Die Schaffung von definierten Tätigkeiten zu festgelegten Bedingungen brachte Klarheit in Fähigkeiten und ein Weiterdenken, was die Produktionsbedingungen anging.
Denn alles ist nach Geld aufgebaut und berechnet. Platzhalter sind die Persönlichkeit, die Kleidung, das Auto, das Haus und die Anzahl von Urlaubsfahrten. Es ist so einfach wie durchschaubar.
Die an letzter Position stehende BALANCE im Trio wird keineswegs als unwichtigster oder geringster Faktor gewertet, sondern als der, der eigentlich zwischen LIFE und WORK real steht, aber nach hinten geschoben wurde, weil es immer Kämpfe gibt: Die unmittelbaren Kontrahenten stehen einander links und rechts positioniert gegenüber. Nebenbei bemerkt klingt es einfach nicht von LIFE-BALANCE-WORK zu sprechen. Denn dies ist der unbenannt wirkende und verborgene Zauber in dem Trio, der in dieser Formel aufgedeckt, eher dümmer als klüger klingt und nicht erkenntnisschaffend ist.
Nun kommen noch Millionen Menschen weltweit hinzu, die heimatlos geworden, Aufnahme und eine Bleibe suchen. Auch bei uns in Deutschland. Sie verlassen aus unterschiedlichen Gründen ihr Land. Aus politischen und wirtschaftlichen Gründen sind sie auf der Flucht, um nicht unterzugehen.
In Deutschland bebt die Erde unter den unzähligen neuen Füßen, die nun in Deutschland spazieren gehen und Zuflucht suchen.
Heute spürt und erkennt man sofort, wenn man von WORK-LIFE-BALANCE in Deutschland spricht und die Werbung von der Deutschen Bundes Bahn einem durch den Cortex flattert und ins Bewusstsein schwebt: Entspannt im ICE zwischen Berlin und Hamburg pendeln, ein Hörbuch hören und im Speisesaal nett mit gutem Kaffee frühstücken. Sie riechen frisch aufgebrühten Kaffee. Sehen die Landschaft an sich vorbei ziehen. Sich bewusst entspannen, bis die erhöhte Grundspannung sich im Straßenverkehr von Hamburg wieder einstellt, die Bluthochdruck verspricht, wenn man diese Alltagssituationen nicht in den Griff bekommt. Also bitte, den Tonus wieder absenken! Autofahrer spuken bisweilen Gift und Galle, weil die anderen ja Idioten sind und sich völlig unangemessen, ja falsch, im Straßenverkehr verhalten.
Kennt‘ man ja! So, wie diese dämliche Radfahrerin heute, freundlicherweise heraus gewinkt habe aus ihrer Seitenstraße, weil die Straße gerade frei war, obwohl ich es eilig hatte. Sie trat dann zügig in die Pedale auf die Kreuzung zu und fuhr so, als wolle sie GERADEAUS fahren. Aber was macht sie? Sie setzt keinen Blinker (Arm), sondern zieht ohne Hinweis plötzlich nach links herüber und mir in diesem knappen Winkel fast auf die Autohaube, weil ich inzwischen nochmals die Seitenstraße gecheckt hatte und nun langsam anrollte, um weiterzufahren. In der Sekunde zieht die ihren Lenker nach Links! Ich dachte, ich steh‘ im Wald! Ich bremste abrupt und kam scharf zum Stehen, ohne sie samt Fahrrad auf der Haube zu haben. Die grinst mich blöd an. Keine Spur, dass sie die Gefährlichkeit der Situation gerafft hätte! Ihre beiden Arme immer noch auf dem Lenker. Ich schüttle entgeistert den Kopf. Bleibe ernst, angemessen ernst und fahre dann weiter. Wem ist hier eigentlich nicht zu helfen? Wer ist denn da aus der Spur und setzt Balance, ja LIFE, Leben aufs Spiel?
„Ein zweites Mal gibt‘s das bei mir nicht. Da kann der Radfahrer, oder Radfahrerin warten, bis er/sie sein/ihr Rad freiwillig über die Schulter gehängt über die Straße trägt!“, war mein spontaner Kommentar nachdem ich mich über diese blödsinnig gefährliche Situation beruhigt hatte und dann meinte:
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