Joshuas zauberhafte Welt
Autor:Thomas Karl / mail: tk73de@yahoo.de
Illustration: Angelina Gruhn / angelina.gruhn@googlemail.com
published by: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de
Copyright: © 2013 Thomas Karl
ISBN 978-3-8442-6813-3
Inhalt
1. Der Knappe Joshua
2. Reden ist Gold
3. Der schwere Weg zur Entschuldigung
4. Das geheime Labor
5. Insektenplage
6. Ein neuer Plan
7. Wikiper der Ölfte
8. Der erste Tag
9. Lernen, Braten, Putzen
10. Die verflixte Prüfung
11. Mesubils Schloss
12. Kampf ums Überleben
13. Die Straße im Nichts
14. Der Wolkenritt
15. Elias und die Prüfung im Paradies
16. Auf Schloss Gregorian
Der Morgen begann wie jeder andere auch. Die Sonne kitzelte mit ihren warmen Strahlen schon früh den Hahn aus seiner Nachtruhe heraus. Verschlafen öffnete er die Augen und blickte sich um. Noch war alles ruhig, doch dies wollte er sogleich ändern.
Der Hahn plusterte sich kurz auf, schüttelte sich und streifte die letzte Müdigkeit aus seinem Gefieder.Voller Schwung setzte er zu seinem Weckruf an. Mit einem tiefen Atemzug streckte er den Hals in die Höhe, um aus voller Kehle drauflos krähen zu können. Doch..., ehe er sich versah, zischte ein kleiner Stiefel durch die Luft und knallte ihm direkt an seinen Kopf. Augenblicklich verlor das Federvieh sein Gleichgewicht und polterte vom Misthaufen herunter.
„Heute ist Sonntag, da wollen die Leute länger schlafen! Also, halt deine Klappe!“ , raunzte ihn eine kindliche Stimme völlig übermüdet an.
Der Hahn rappelte sich verwirrt vom Boden auf und blickte verdutzt zu dem kleinen Jungen, der sich dort unter einem hölzernen Vordach gähnend im Stroh wälzte. Verächtlich scharrte das Tier mit seinen Krallen im matschigen Boden umher und beförderte so eine größere Menge Dreck zu dem Kind hinüber. Nach dieser Tat zog er sich tief beleidigt, aber mit hoch erhobenen Schnabel in seinen Hühnerstall zurück. Der Hahn hatte genug von diesem Tag, obwohl dieser ja eigentlich noch nicht einmal richtig begonnen hatte.
Joshua hingegen verteilte etwas frisches Stroh über seinen Körper, deckte sich damit zu und schloss erneut seine Augen. Da es sein freier Tag war, wäre er niemals, aber auch wirklich niemals auf die Idee gekommen, früh aufzustehen. Schließlich war er schon den ganzen Rest der Woche immer der Erste, der aufstand und seine Arbeit erledigte.
Sein Ritter, der ehrenwerte und edle Herr Alfons von Dickhusen, duldete morgens keine Verspätungen. Früh musste das Pferd gesattelt und das Schwert poliert sein. Immerhin galt es für den Ritter, jeden Tag eine gute Tat zu vollbringen und zu dieser wollte er nur ungern zu spät kommen. Zumindest war dies seine Meinung dazu.
Da Joshua nur ein Knappe, also der Helfer, von seinem Herren war, blieb ihm an den gewöhnlichen Wochentagen nichts anderes übrig, als rechtzeitig seine Arbeit zu tun, …sonst drohte gewaltiger Ärger.
Doch heute war Sonntag und alle Ritter schliefen länger. Somit gab es für den Jungen auch keinen erklärbaren Grund, früh aufzustehen. Zwar besuchten die Ritter Sonntags die Kirche und putzten sich dafür heraus wie an keinem anderen Tage, doch Joshua war nicht dumm. Meistens legte er die saubere Uniform für seinen Herren einfach schon tags zuvor bereit. So konnte er den freien Sonntagmorgen in vollen Zügen genießen.
Joshuas normaler Tagesablauf sah hingegen ganz anders aus. Wenn er arbeiten musste, stand er sehr früh auf. Meistens sogar früher, als der Hahn krähte. Häufig war es noch dunkel und er konnte kaum etwas erkennen. Selbst das Licht der Fackeln, die zahlreich an den Mauern befestigt waren, reichte kaum dafür aus, um die anliegenden Aufgaben sorgfältig erledigen zu können. Und auf Sorgfalt bestand Ritter Alfons leider sehr. Das Schwert musste gründlich poliert sein, damit sich jeder darin spiegeln konnte. Was wäre er auch für ein Ritter gewesen, wenn er einem Gegner mit schmutziger Schneide entgegen getreten wäre? Nein, so etwas kam für den edlen Ritter einfach nicht in die Tüte.
Auf Grund dieser Tatsache reinigte Joshua das Schwert immer zuerst. Es gab selten Ärger, wenn andere Dinge nicht ordnungsgemäß erledigt waren, jedoch hagelte es immer harte Strafen, wenn die Waffe nicht ordentlich genug glänzte, so wie sie es eigentlich sollte.
Normalerweise brauchte der Junge eine gute Stunde dafür, damit alles vom Griff bis zur Klingenspitze blitzte und blinkte. Aber es war gar nicht so einfach, denn Joshua hatte nur Wasser, einen Lappen und etwas Stroh zur Verfügung. Trotzdem schaffte er es irgendwie immer wieder, seine Arbeit zur vollsten Zufriedenheit seines Herren zu erledigen.
Wenn er früh genug mit dem Schwert fertig war, musste er sich um das Schild und um das Wohl des Pferdes im Stall kümmern. Die Wäsche erledigte er klugerweise schon immer am Abend zuvor.
Das Leben war nicht leicht für den fleißigen Jungen. Die Ausrüstung eines Ritters war schwer und für alle Teile musste der Knappe Sorge tragen, ob es sich nun um die Waffen oder um die schwere Rüstung handelte. Joshua musste alles in Schuss halten. Egal wie sehr es auch regnete, hagelte, stürmte oder schneite. Alle Sachen hatten auszusehen, als kämen sie gerade frisch vom Schmied oder aus der Wäscherei. So blieb für den kleinen Jungen kaum Zeit für andere Dinge im Leben. Wenn er sich nicht gerade auf irgendwelchen Reisen zu neuen Abenteuern mit seinem Herren befand, hatte er genug damit zu tun, die ganze Ausrüstung auf Vordermann zu bringen. Es sah ziemlich langweilig und trist in Joshuas Leben aus. Mehr als Arbeit hatte es nicht für ihn zu bieten. Dabei träumte er häufig davon, selber einmal ein großer und berühmter Ritter zu sein. Doch für einen Knappen wie ihn war der Weg bis dorthin steinig und schwer.
Er machte sich da nichts vor. Wenn man nicht aus gutem Hause kam oder einem nicht der Zufall half, war der Wunsch ein echter Ritter zu werden, schneller ausgeträumt als man meinte. Auf den Turnieren, die er mit seinem Herren Alfons besuchte, traf er oft genug auf seinesgleichen, die ihr Leben lang als Knappen schufteten ...und auch endeten.
Von nicht vielen, um nicht zu sagen, nur von ganz, ganz wenigen, wusste man, dass sie den langen Weg vom jungen Helfer bis zum Ritterschlag geschafft hatten. So einem Knappen war Joshua jedoch noch niemals selber begegnet. Er hielt es auch eher für ein Gerücht als für die Wahrheit. Trotzdem wollte er seinen Traum nicht aus den Augen verlieren, auch wenn dies Ritter Alfons nicht gerne sah oder gar hörte. Der Junge wusste, dass etwas Besonderes in ihm schlummerte. Da war er sich ganz, ganz sicher.
An jenem Sonntagmorgen fiel es Joshua sichtlich schwer, sich aus dem warmen Stroh zu erheben. Sechs Tage die Woche hatte er sich abplagen müssen und dies steckte auch in seinen geschundenen Knochen. Obwohl ihn die Müdigkeit kaum die Augen offen halten ließ, wurde es langsam für ihn Zeit aufzustehen. Die Kirchturmglocken läuteten schon zum zweiten Mal. Dies bedeutete für ihn, dass Ritter Alfons bald seine Hilfe bräuchte, wenn die Kirche zu Ende war.
Jeden Sonntag gab es nämlich das gleiche Drama. Ritter Alfons bekam zwar seinen feinsten Zwirn alleine an, doch heraus kam er nur selten ohne fremde Hilfe. Der Junge zwang sich aufzustehen, und schleppte sich müde zum Misthaufen hinüber. Schließlich fehlte ihm ja noch sein zweiter Stiefel, den er nach dem Hahn geworfen hatte. Müde schlüpfte er in ihn hinein, kippte dabei fast nach hinten über und landete beinahe in dem großen Haufen. Er konnte sich gerade noch an einem Mauervorsprung festhalten. Das hätte dem Jungen noch gefehlt, wenn er nach frischem Mist gerochen hätte! Sicherlich hätte er dann eine gehörige Ansprache von Ritter Alfons bekommen. Doch es ging gerade noch einmal gut.
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