„Das sind hier nur meine kleinen Versuche, die ich mache. Meine richtige Werkstatt und mein großes Labor befinden sich im Keller des Hauses. Willst du sie mal sehen?“
Da Josh sehr neugierig war, nickte er zustimmend. Aufgeregt sprang er vom Sofa und rannte zur Tür. Doch je näher er ihr kommen wollte, desto weiter entfernte sie sich. Verzweifelt blieb er stehen. „Na, immer mit der Ruhe!“ , lachte der große Zauberer Joshua aus: „Solange ich nicht möchte, dass du vor mir läufst, wirst du auch niemals diese Tür erreichen!“ Langsam erhob sich Hamurabi von seinem Stuhl und bewegte sich zur Tür hin. Sie blieb an ihrem Ort. Verwundert rieb sich Joshua die Augen. Das hatte er noch nie zuvor gesehen. Der große Zauberer öffnete die Tür und hielt sie für seinen jungen Gast auf. Gemeinsam gelangten sie in den Flur.
Der Flur war nicht groß und beinhaltete keine Überraschungen. Alles stand an seinem Ort und man konnte nichts ungewöhnliches bemerken. Zumindest nicht, wenn man davon absah, das man an der Decke entlang spazieren musste, wenn man in den Keller wollte.........!!! „Du wunderst dich vielleicht darüber, das wir kopfüber an der Decke in den Keller gehen, aber das habe ich mir mal gegen Räuber und Diebe einfallen lassen. Jeder normale Mensch würde ja den Eingang dafür am Fußboden suchen, deshalb hielt ich es für eine gute Idee, dies zu verändern!“ , schmunzelte der alte Mann vergnügt. Joshua hingegen verwunderte nun schon gar nichts mehr, auch nicht, als sie auf einmal wieder in die richtige Richtung gingen, als sie die Deckenluke hinter sich gelassen hatten.
Eine lange Wendeltreppe lag vor ihnen. Sie war so schmal, dass sie nur hintereinander gehen konnten. Doch plötzlich fiel dem Jungen wieder etwas ein. Wie konnte dieses Haus eigentlich einen Keller haben? Er hatte es doch selbst gesehen, wie es vor ihm davongelaufen war. Mit einem Keller unter dem Hausboden wäre dies auf keinen Fall möglich gewesen. Wie nicht anders zu erwarten war, hatte Hamurabi auch darauf eine passende Antwort: „Zauberei, mein Junge, alles Zauberei!“ Dabei lachte er unverschämt fröhlich. Man konnte sehen, wie viel Spaß es ihm machte, Joshua zu verwirren.
Nach einer halben Stunde waren sie immer noch nicht unten angekommen. Die Treppe zog sich dahin. Tiefer und tiefer kreiste sie hinab. Josh war schon ein wenig schwindelig, jedoch war noch lange kein Ende abzusehen. „Großer Zauberer, ich möchte nicht ungeduldig oder vorlaut klingen, aber wie lange brauchen wir denn noch, bis wir unten sind?“ , fragte Joshua vorsichtig. „Ich habe dir doch gesagt, dass es ein weiter Weg ist, und ich deshalb immer so lange brauche, bis ich an der Haustür bin.“ , kicherte Hamurabi, doch dann hatte er ein Einsehen: „Aber wenn du willst, können wir das Ganze auch beschleunigen!?“ Josh nickte freudig. Er hatte keine Lust mehr zu Gehen und jede Abkürzung war ihm recht. Seine Füße plagten ihn inzwischen sehr. Der Zauberer hob seinen Wanderstab, murmelte einige unverständliche Worte vor sich hin und dann ging es los.
Ohne jede Vorwarnung verschwanden die Stufen unter ihren Füßen. Eine glatte Rinne bildete sich und ...hui... ging es rutschend weiter abwärts. Vor lauter Schreck vergaß Joshua fasst das Atmen, so rasant ging es bergab. Hamurabis Bommel, von der Spitze seiner Mütze, wedelte im Fahrtwind umher und knallte dabei oft genug in das Gesicht des Jungen, der dicht hinter ihm rutschte.
Dadurch konnte Joshua auch nicht das Ende der Bahn erahnen, obwohl Hamurabi recht früh gekonnt zur Seite sprang. Der Junge konnte nicht mehr rechtzeitig bremsen. Im hohen Bogen schoss er über das Ende der Rutsche hinaus und wäre fast gegen die Wand geknallt. Doch bevor es dazu kam, stoppte ihn der Zauberer, mit Hilfe eines Spruches, mitten in der Luft. Ungläubig und mit verkniffenen Augen schwebte Joshua nun frei im Raum. Langsam blickte er sich nach Links und Rechts um, ...dann staunend unter sich. Er konnte es nicht glauben. Kurz vor der Mauer, in die er eigentlich hinein gekracht wäre, stoppte einfach sein Flug, und nun hing er unversehrt in der Luft. Hamurabi setzte ihn behutsam ab.
Die Erleichterung in Joshuas Gesicht war nicht zu übersehen. Ihm klopfte das Herz bis zum Hals und sein Puls raste vor Aufregung. Das hätte auch schief gehen können. Erst jetzt bemerkte er den merkwürdigen und stechenden Geruch in seiner Nase. Es stank nach faulen Eiern. „Das ist reinster Schwefel,“ , stellte der Zauberer vergnügt fest: „den brauche ich für ganz viele meiner Experimente. Ich weiß, es stinkt ein bisschen, aber bis wir in meinem Labor sind, wirst du davon nichts mehr riechen. Folge mir einfach!“
Mit diesen Worten schritt er in einen dunklen Gang davon. Augenblicklich erhellte sich dieser, als der Zauberer ihn betrat. Joshua wunderte dies schon gar nicht mehr, auch wenn es hier keine Fackeln oder ähnliches gab. Er hatte begriffen, das sich hier die Dinge anders zutrugen, als sie es unter normalen Umständen taten. Er hakte es unter „Zauberei“ ab.
Josh freute sich über das Labor und die Dinge die sich darin verbargen. Vor lauter Spannung und Aufregung lief er eilig voran. Beinahe hätte er sogar Hamurabi verloren, so weit eilte er ab und zu voraus. Doch der Zauberer hatte seine eigene Methode um den Jungen zu stoppen. Immer wenn dieser ihm zu weit voraus lief, ließ er einfach ein Gitter von der Decke herabfallen. So war Joshua der Weg versperrt und er musste warten, bis Hamurabi ihn eingeholt hatte. Zu guter Letzt beugte sich der Junge dem Tempo des alten Mannes. Er hatte verstanden, dass er ohne sein Wohlwollen nicht schneller voran kam. Sie nutzten die Zeit um sich zu unterhalten. Hamurabi wollte alles über das Leben des Jungen wissen. Umgekehrt war es genauso. Dadurch, dass sie redeten und redeten, fiel Joshua gar nicht auf, wie weit der Weg eigentlich war. Und dann erreichten sie endlich ihr Ziel. Der Zauberer klopfte drei Mal mit seinem Stock an eine schwere Holztür.
„Sie wünschen?“ , kam prompt eine Antwort. Überrascht spähte Josh zu Hamurabi hoch, doch dieser wirkte gelassen, er war es schließlich gewohnt, dass die Tür mit ihm sprach. „Torwald, du wirst auch nicht jünger, was?“ , stellte der Zauberer sichtlich besorgt fest: „Erkennst du mich denn nicht? Ich bin es, Hamurabi, dein Meister! Ich möchte bitte in das Labor. Lass mich rein!“
„Entschuldigen sie bitte, sie sind Kohlrabikleister und haben einen Labrador?“ , fragte die Tür verwirrt nach. „Nein, ich bin dein Meister und möchte hinein, habe ich gesagt!“ , wiederholte Hamurabi ungeduldig und wurde schon etwas lauter dabei.
„Sie sind ein Leiser und kommen vom Rhein? Was soll denn der Unsinn?“ , gab die Tür pampig zur Antwort: „Wenn sie ein Leiser sind, warum brüllen sie dann hier so herum? SO lasse ich sie auf keinen Fall herein. Hier hat nur der große Zauberer Hamurabi Zutritt!“
Wütend und ungläubig biss sich Hamurabi auf die Lippen. Er konnte nicht glauben, was da gerade geschah. Seine eigene Sicherheitstür verweigerte ihm den Zutritt, nur weil diese schwerhörig war?! Joshua lachte innerlich. Er hätte Tränen lachen können, so lustig empfand er die Situation. Doch er hielt es für besser, sich das Lachen zu verkneifen. Schließlich wollte er nicht wieder mit einem verzauberten Mund enden. Also biss er sich ebenfalls auf die Lippen. Das half ihm. Hamurabi indessen verlor die Geduld und weißer Rauch schoss ihm langsam aus den Ohren hervor. Ihm schoss immer Rauch aus den Ohren, wenn er sich aufregte oder sich ärgerte. In ganz schlimmen Fällen, kam er sogar aus den Nasenlöchern heraus. Jeder wusste dann sofort, dass er besser in Deckung zu gehen hatte.
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