Sie überlegt angestrengt und stirnrunzelnd, kommt aber nicht darauf.
„… ach, ich weiß es nicht mehr! Irgendetwas Mexikanisches jedenfalls. Schönen Tag, Sir!“ lächelt sie, trollt sich aus dem Zimmer und ich kann mich nur kopfschüttelnd über die Madre Tierra hermachen.
Zwar hat sie Miguel nicht gemacht, aber zumindest hat er offensichtlich sein Rezept dafür herausgerückt und sie schmeckt tatsächlich fast genauso gut wie bei ihm.
Eine schöne Idee von Lázló und ich frage mich wie viel sie ihm wohl, gerechnet in Dollar, wieder gekostet haben mag?
Erst gegen Mittag wird Saundra erneut wach und diesmal scheint sie nicht ganz so erschöpft zu sein als die anderen beiden Male und sie bringt sogar ein Lächeln zustande.
„Matt! Ich bin so glücklich, dass du da bist! Ich hatte solche Sehnsucht nach dir, dass ich es gar nicht beschreiben kann.“ sagt sie leise.
„Ich habe mich doch auch nach dir gesehnt, aber ich hatte Angst davor, von dir noch einmal so sehr verletzt zu werden, weil ich dachte, dass dein Vater dich geschickt hat.
Nur deshalb habe ich dich abgewiesen, dabei hätte ich so gerne den Duft deiner Haut und deiner Haare gerochen und dich in meinen Armen gespürt, aber ich konnte es einfach nicht.
Es tut mir so leid, Saundra, ich wollte das doch nicht.“ antworte ich verzweifelt und küsse abermals ihre Fingerspitzen.
„Aber wenn das nicht passiert wäre, das wärst du jetzt nicht hier und wir würden nicht miteinander reden, also hatte es doch etwas Gutes an sich …“ raunt sie.
Schnell lege ich jedoch meinen Zeigefinger auf ihre Lippen und blicke ihr kopfschüttelnd in die Augen.
„Saundra, bitte sag’ so etwas nicht! Sag nicht, dass es etwas Gutes an sich hatte. Du hättest bei dem Unfall sterben können, weißt du das eigentlich?
Du warst sogar zeitweise in Lebensgefahr! Du hast fünf Tage im künstlichen Koma gelegen, hast eine Bluttransfusion bekommen, weil du fast verblutet wärst und du darfst in den nächsten Wochen das Bett nicht verlassen.
Das ist alles nur meine Schuld, weil ich dir nicht zugehört habe.“ sage ich leise, senke traurig den Kopf und seufze tief.
„Aber du kannst doch nichts dafür, dass ich vor ein Auto gelaufen bin, ich hätte eben einfach besser aufpassen müssen.“ sagt sie entschuldigend.
„Du bist doch nur vor den Wagen geraten, weil du mir völlig aufgelöst nachgelaufen bist und das auch nur, weil ich dich im Treppenhaus einfach stehen ließ statt mit dir zu reden.“ antworte ich, kaue beklommen auf meiner Unterlippe herum und es fällt mir schwer ihr in die Augen zu sehen.
„Nein Matt, es ist nicht deine Schuld. Wenn jemand Schuld hat, dann bin ich es selbst und ich kann dich absolut verstehen, dass du mich nicht mehr sehen wolltest nachdem ich dich in Palenque so unsensibel und kaltherzig abserviert habe.
Das tut mir inzwischen auch entsetzlich leid, aber zu dem Zeitpunkt wusste ich noch nicht was ich wirklich für dich empfinde.
Das habe ich erst nach und nach in Los Angeles gemerkt als ich dich immer mehr vermisst habe. Deine blauen Augen, dein weiches Haar, deine Stimme, den Geruch und den Geschmack deiner Haut … einfach alles was zu dir gehört.
Und als ich an dem Punkt ankam, wo ich Tag und Nacht jede Sekunde an dich denken musste und die Sehnsucht schon fast körperlich weh tat, da wurde mir schlagartig klar dass es Liebe sein muss.
Folglich habe ich mich mitten der Nacht ins Auto gesetzt und bin einfach losgefahren.“ erzählt sie mit weicher Stimme und entlockt mir damit ein kleines Lächeln.
„Was soll ich dazu jetzt sagen Darling! Mir ging es seit Palenque auch nicht gut. Es ging mir geradezu dreckig und ich habe mich wochenlang in meiner Wohnung verkrochen, hauptsächlich auch wegen der Presse die mich ständig bedrängte und ich habe verzweifelt versucht dich zu vergessen, aber es ist mir nicht wirklich gelungen.
Du warst immer und überall in meinem Kopf und ich habe mich gefühlt wie ein geprügelter Hund, den man irgendwo ausgesetzt hat.“ gebe ich leise zu und spiele nachdenklich mit ihren Fingern.
„Aber jetzt bist du ja da und es wird alles wieder gut werden Saundra. Jetzt lasse ich dich nie mehr los, nie mehr!“ lächle ich sie an und sie lächelt liebevoll zurück.
„Bitte küss’ mich!“ flüstert sie und spitzt die Lippen.
Das lasse ich mir natürlich nicht zweimal sagen, küsse sie lang und zärtlich auf den Mund und sehe ihr danach tief in die Augen, wobei sie „Mehr!“ haucht.
Erneut küsse ich sie auf den Mund und wir können beide gar nicht genug davon bekommen bis plötzlich Lázlós Stimme ertönt.
„Naa! Meiner Tochter scheint es ja schon wieder ganz gut zu gehen, wenn die beiden Turteltäubchen schon wieder knutschen können?“
Nur ungern löse ich mich von ihr und senke betreten den Blick.
„Habt ihr euch endlich ausgesprochen? Ist alles wieder in Ordnung zwischen euch?“ fragt er weiter, wobei wir uns gegenseitig angrinsen und gleichzeitig mit dem Kopf nicken.
Lázló tritt an das Fußende von Saundras Bett und fragt nun ernst.
„Wie geht es dir? Hast du Schmerzen?“
„Körperlich meinst du?“ fragt Saundra zurück und Lázló nickt mit zusammengekniffenen Lippen.
„Naja, ich weiß nicht! Da bin ich mir noch nicht ganz schlüssig, irgendwie spüre ich jeden einzelnen Knochen und die Schürfwunden brennen etwas, aber eigentlich ist alles erträglich. Bloß hat mir bis jetzt noch keiner so richtig gesagt, was mir eigentlich fehlt.“ sagt sie nachdenklich.
Lázló klärt sie sachlich und umfangreich über ihre Verletzungen auf und bringt ihr schonend bei, dass sie wegen des angebrochenen Beckens die nächsten vier Wochen nicht aufstehen darf und danach Krankengymnastik machen muss, wovon sie allerdings wenig begeistert ist und betretenes Schweigen eintritt.
„Aber Saundra mir wird gerade erst so richtig bewusst, dass du die ganze Strecke mit dem Auto gefahren bist? Das sind doch über zweitausendsiebenhundert Meilen?“ unterbreche ich die ungewöhnliche Stille.
„Ja, ich wollte einfach nur zu dir und bin tagsüber gefahren und habe drei Mal in einem Motel direkt an der Interstate übernachtet, da war der Zeitverlust am geringsten, aber das ist doch jetzt egal.
Die Hauptsache ist doch, dass ich jetzt da bin und noch wichtiger ist, dass du da bist.“ lächelt sie glücklich und ich hauche ihr erneut einen Kuss auf die Lippen, beende ihn aber ziemlich schnell und etwas verschämt in Hinsicht von Lázlós Anwesenheit und wende mich ihm zu.
„Ach, da fällt mir ein … vielen Dank übrigens für die Madre Tierra heute Morgen, Lázló! Das war eine tolle Überraschung!“ bedanke ich mich höflich und Lázló grinst.
„Ich habe mir schon gedacht, dass Sie sich sicher darüber freuen würden und habe Miguel telefonisch das Rezept aus den Rippen geleiert.
Der Koch in der Klinikküche war zwar nicht begeistert, aber gegen eine kleine Finanzspritze hat er es dann doch gemacht. Hat sie wenigstens geschmeckt?“ will er wissen.
Wusste ich es doch, dass er den Koch erst kaufen musste.
„Ja, allerdings! Zwar nicht ganz so, wie bei Miguel, aber sie hat sehr gut geschmeckt. Vielen Dank!“ sage ich lächelnd.
Saundra ist unterdessen wieder eingeschlafen und Lázló räuspert sich verlegen.
„Matt! Darf ich Sie noch einmal ansprechen, wegen Europa? Vielleicht überlegen Sie es sich noch einmal, jetzt wo mit Saundra wieder alles im Lot ist! Oder haben Sie etwa den Job in Ägypten schon fest zugesagt?“ fragt er vorsichtig.
„Nein, ich habe noch nicht zugesagt, aber ich habe bis jetzt auch gar nicht mehr darüber nachgedacht! Ich werde es mir überlegen, wenn das in Ordnung für Sie ist!“ antworte ich unschlüssig.
„Gut! Dann überlegen Sie es sich, aber ich hätte gerade Sie schon ganz gerne dabei gehabt und es reicht auch durchaus wenn wir erst fahren, wenn Saundra wieder gesund ist. Das eilt überhaupt nicht!“ sagt er weich.
Читать дальше