1 ...8 9 10 12 13 14 ...17 Hans: „Warum hast du in Punki nicht gebumst?“
„Ich habe mein Mädchen aus Hamburg noch im Kopf.“
„Willst du sie heiraten?“
„So lange wird sie nicht warten wollen.“
„Willi! Überhaupt nicht! Bist du verrückt? Überhaupt nicht heiraten! Du kaufst doch schließlich auch keine Kuh, bloß weil du von Zeit zu Zeit einen Liter Milch brauchst.“
„Nun komm! Das ist ja wohl nicht vergleichbar.“
„Was Männer brauchen, ist von Zeit zu Zeit ein mechanischer Abrieb. Dafür braucht man nicht heiraten. Das lässt sich auch anders händeln.“
„Bei dieser Einstellung wundert mich doch, wie scharf du bist, zarte Frauenhaut zu streicheln. Du liebst Frauen doch auch?“
„Liebe gibt `s nicht. Liebe ist ein Hirngespinnst, eine vorübergehende Hirnstörung. Weiber wollen versorgt sein. Dafür fangen sie sich Männer ein. Hör mir auf mit Liebe!“
„Nee Hans, das sehe ich anders. Liebe ist etwas ganz Großes, das einen voll ausfüllt. Wenn ich liebe, dann sehe ich die Frau im Mittelpunkt. Dann ist sie meine Sonne und wir tragen beide Verantwortung füreinander. Ich mache sie und sie macht mich glücklich.“
„Und nach kurzer Zeit machst du sie unglücklich und sie dich. Du naiver, unerfahrener, blutjunger Esel, bist du eigentlich bescheuert, dich auf so ein Scheißspiel einzulassen?“
„Weil du Pech hattest, müssen alle anderen ja nicht ebenfalls Pech haben.“
„Ich kenne keinen langjährig verheirateten Ehemann, der glücklich ist.“
„Ich aber wohl. Liebe ist stark. Liebe ist stärker! Außerdem möchte ich auch mal ein oder zwei Kinder haben. Frauen möchten das auch und deshalb sind sie scharf auf finanzielle Sicherheit, sprich: Versorgung. Da ist heiraten schon das Beste.“
„Auch das noch! Hast du Ahnung du Esel. Höre auf den Rat eines erfahrenen Fahrensmannes und lasse deine Klugscheißereien.“
„Hast du eigentlich mit deiner Ex mal über solche Sachen gesprochen?“
„Spinnst du? Weiber werden doch sofort keifig. Da kommst du nicht gegen an. Über so `was kann man nur unter Männern reden.“
„Das zu versuchen wäre vielleicht nicht schlecht für dich gewesen.“
„Ich will kein anderes Leben führen, als wie ich es hab.“
Die Gespräche mit Hans werden anstrengend. Irgendwie benutzt er mich als Sparringspartner seiner uneingestandenen Probleme. Er braucht es wohl.
„Ich merke schon. Du hast Schlag bei den Weibern, nicht nur weil du eine so gerade und starke Nase im Gesicht hast, sondern weil du so gut Süßholz raspelst. Du redest Sachen, die Frauen gerne hören.“
„Wo ist das Problem? Wir beide haben unterschiedliche Auffassungen von Frauen. Das merken die. Klar! Ich rede denen aber nicht nach dem Mund. Genau so wenig, wie dir gegenüber.“
“Wie meinst du das?“
„Wenn du von Weibern sprichst, dann nie so, als wenn du sie als gleichberechtigt ansiehst. Ich dagegen habe Respekt vor denen, genau so, wie vor einem Kameraden, der irgend etwas besonders gut kann oder besser macht als ich.“
„Was können die denn besser?“
„Kinder kriegen, Kinder erziehen...!“
„... und schwätzen, schwätzen, schwätzen und Männer besoffen reden.“
„Da ist etwas dran. Ich sehe das so: Keiner kann 24 Stunden am Tag vögeln, aber alle können 24 Stunden am Tag miteinander reden.“
„Eben! Und wenn du dich darauf einlässt, bist du ein Schwätzer.“
„Warum soll jemand ein Schwätzer sein, der ein Problem durch- und ausdiskutiert. Es geht doch darum, einen gemeinsamen Nenner zu finden.“
„Quatsch! Es geht um Sieg oder Niederlage - gewinnen oder verlieren.“
„Aber nicht immer und überall!“
„Doch! Immer und überall! Wie hast du es eigentlich bis jetzt geschafft, dass du nicht bei einer hängen geblieben bist? 22 Jahre jung und mit so einer Einstellung!“
„Durch Ehrlichkeit und einen Trick.“
„Erzähle!“
„Von vornherein erzähle ich den Mädchen, dass ich voraussichtlich mehrere Jahre zur See fahren werde...“
„... dann wollen die doch nicht mehr!“
„Von wegen! Dann strengen sie sich an, mich von dieser Idee abzubringen und an sich zu binden.“
„Und dann bist du doch in der Falle, von der ich sprach.“
„Nee. Dann erzähle ich, dass mir eine absolut zuverlässige Wahrsagerin aus den Karten gelesen hat dass ich nicht vor 30 heiraten darf, weil das kurzfristig für beide zu einer Katastrophe führen würde. Wenn ich nach 30 heirate, werde ich ein langes Leben vor mir haben und eine glückliche Beziehung eingehen.“
„Du Aas! Das hättest du mir vor 10 Jahren erzählen sollen. Schade, dass der Trick für mich nicht mehr zieht. Der geht wirklich nur unter 30.“
Alle Schiffe überholen die „Antje“, weil sie extrem langsam ist. Hans hat dem Schiff mit der Ladung wohl etwas zuviel zugemutet. Laufend beeinflussen Heckwellen und Kielwasser der großen Konkurrenz den Kurs.
Jack: „Bug stößt ab - Heck zieht an! Merk dir das. Für den Kanal gilt: Bug stößt ab - Böschung saugt an. Reagiere bloß man nicht falsch.“
Das schöne Wetter hält die ganze Fahrt über, bis nach Kiel-Holtenau an. Damit das Geschwätz nicht so anstrengend bleibt, lenke ich den wachthabenden Hans ab und fragt ihn über Schiffe, Reedereien und tropische Länder aus, von denen er nicht viel hält. Dessen Meinungen sind keineswegs Ansichten eines Clowns, auch wenn vieles, das mit seinem Triebleben zusammenhängt, clownesk wirkt. Bei Seewache steht Hans nachts regelmäßig vor dem Kasten, in dem das Fernglas aufbewahrt wird. Der Deckel des Kastens liegt so auf, daß sich vorn ein zweifingerbreiter Schlitz befindet - genau in Penishöhe. Wenn er sich nachts unbeobachtet glaubt, scheuert er sich häufiger an diesem Schlitz einen in die Hose. Natürlich sehe ich nachts nichts.
Als wir in Brunsbüttelkoog die Elbe erreichen, hat sich das Wetter verstrichen. Nord-West-Sturm steht an. Ich frage Jack: „Welches Arschloch hat denn jetzt schon wieder gepfiffen?“
„Du nimmst das zu leicht. Das bringt Unglück. Sei vorsichtig!“
Hans informiert: „Der minengeräumte Zwangsseeweg soll in Kürze aufgehoben werden. Wir nehmen den Zustand schon mal vorweg. Schließlich ist der Krieg lange genug zu Ende und die Minenräumer hatten Zeit satt. Von Norderney aus steuern wir Kurs 270 Grad quer über die See nach Hull. Der Ausguck passt besonders gut auf Minen auf. Wer pennt, wird im Maschinenraum eingesperrt.“
„Ha, ha, ha!“ Alle bereiten das Schiff auf den Sturm vor: Die Drähte und Spannschrauben, welche die Deckslast zusammenhalten, werden ein letztes Mal korrigiert. Der Koksofen wird leer geräumt. Alles, was klappern und fliegen könnte, also Kannen, Werkzeuge usw., wird festgezurrt. Schubladen werden verschlossen und verkeilt.
Der Sturm ist ein Erlebnis.
Windstärke 9 - 10 lösen bei diesem kleinen, fuzzigen Boot fast die gleichen Effekte aus, wie Stärke 12 bei großen Pötten. Mal rollt, krängt und schaukelt es unbeholfen wie ein Baumstamm im Wildwasser, schießt mit halbem Bootskörper aus den Wellen in die Höhe und kracht wie ein Eisbrecher auf Eisschollen in die See, mal spielt es U-Boot. Dabei ist die Dünung harmlos. Gefährlich sind die Wellen auf dieser Dünung und die Wellen auf den Wellen. Als mir auf Ausguck so ein „Stück Wasser“ ins Gesicht fliegt, sehe ich Sterne, wie bei einem gut plazierten Kinnhaken. Jack lacht, weil er gewarnt hat und ich seine Warnung nicht ernst genommen habe. Und dieses „harte“ Wasser donnert mehrere Male in der Minute gegen das Ruderhaus, dass es bis in die Maschine hinunter erzittert.
Hans: „Ich glaube, mit Kaventsmännern werden wir es nicht zu tun bekommen.“
Jack: „Ich denke auch. Weiter nördlich wäre ich nicht so sicher.“
„Was sind Kaventsmänner?“
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