Gary Maas
Der Kurier des Todes
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Inhaltsverzeichnis
Titel Gary Maas Der Kurier des Todes Dieses ebook wurde erstellt bei
Kapitel 1: Beschatten
Kapitel 2: Einladung zum Frühstück
Kapitel 3: Die Beichte
Kapitel 4: Teamarbeit
Kapitel 5: Der Plan
Kapitel 6: Kontaktaufnahme
Kapitel 7: Nachdenken
Kapitel 8: Schlimme Verantwortung
Kapitel 9: Die Mediation
Kapitel 10: Der Mordauftrag:
Kapitel 11: Kalte Rache
Kapitel 12: Auf der Flucht
Kapitel 13: Gabriela
Kapitel 14: Noch ein Mord
Kapitel 15: Tante Martha und Onkel Horst
Kapitel 16: Horsts Plan
Kapitel 17: Einsperrungsaktion
Kapitel 18: Nachspiel
Impressum neobooks
Das Schneetreiben versperrte Klaus beinahe die Sicht auf das Haus und dabei war es sehr wichtig, dass er herausfand, ob der Journalist schon zu Hause war. Im Innenstadtverkehr hatte Klaus den schlanken Mann aus dem Blick verloren. War er mit einem Bus oder mit einem Taxi nach Hause gekommen oder geisterte er irgendwo im Schneesturm herum? Fleißig war der Mann, das musste man ihm lassen. Leider richtete er seinen Fleiß auf Tätigkeiten, die er lieber lassen sollte. Das meinten zumindest die Bosse, die Klaus beauftragt hatten, Informationen über die Kontaktpersonen des Journalisten zu sammeln.
Klaus hatte zu liefern ohne Fragen zu stellen. So war es immer. Seit Jahren schon hatte Klaus seine Aufträge auszuführen, keine Fragen zu stellen und die Gosche zu halten. Das hatte er satt, satt und noch einmal satt, aber eine andere Arbeit, die so gut bezahlt würde, könnte Klaus nie und nimmer finden, und er wollte seiner Familie zumindest den bescheidenen Wohlstand, den seine Frau und er mit den beiden jugendlichen Kindern genossen, weiterhin ermöglichen. Wenn die wüssten, was er in Wirklichkeit beruflich tat, um die Brötchen nach Hause zu bringen, würden sie ihn alle sofort verlassen. Davon war Klaus überzeugt.
Was war denn das? Klau richtete sich auf seinem Sitz auf und setzte den Scheibenwischer wieder in Gang. Jetzt konnte er das Auto deutlicher erkennen, das vor dem Haus des Journalisten gehalten hatte. Es handelte sich um ein kleines Auto. Aber niemand stieg aus. Beschattete noch jemand den Energiewichser, der seine Nase in Angelegenheiten steckte, die ihn gar nicht angingen? Nein, das konnte nicht sein. Kein Beschatter wäre so doof, sein Auto direkt vor dem Haus der Zielperson zu parken. Da, endlich stieg er aus, der meganeugierige Schnüffler. Er lief in seinem gewohnten schnellen Tempo zum Hauseingang. Und das bei dem glatten Untergrund. Erstaunlich, dass er dabei nicht der Länge nach hinflog.
Klaus beobachtete das Kleinauto, das davonfuhr. Verdammt! Bei dem Schneetreiben konnte er das Nummernschild nicht deutlich erkennen. Was sollte er tun? Hierbleiben und das Haus des Journalisten weiter observieren? Oder dem Auto, aus dem der Schnüffler ausgestiegen war, folgen um herauszufinden, wer ihn nach Hause gefahren hatte? Vielleicht war etwas Kompromittierendes herauszufinden, wenn Klaus das Auto verfolgte. Klaus war klar, dass seine Bosse den Ruf des Schnüfflers durch den Dreck ziehen wollten. Klaus musste herausfinden, wo der Schnüffler Dreck am Stecken hatte. Also hinterher!
Klaus brauchte bei den schlechten Sichtverhältnissen gar nicht darauf zu achten, dass der Fahrer des Kleinwagens auf sein Auto aufmerksam werden könnte. Bei dem Schneetreiben musste Klaus an dem Kleinwagen dicht dranbleiben, um ihn im Blick zu behalten. Das Auto fuhr zurück in die Innenstadt und verschwand in der Tiefgarage des Gebäudes, in dem sich die Zeitungsredaktion des Journalisten befand. Also doch etwas Unverfängliches. Schon wieder vergeudete Zeit wie so oft in letzter Zeit. Die Beschattung des Journalisten war wirklich öde Arbeit.
Klaus beschloss es für diesen Abend gut sein zu lassen, auch wenn die Bosse morgen vielleicht deswegen meckern würden. Der Mensch hatte schließlich ein Recht auf ein klein wenig Privatleben. So fuhr Klaus nach Hause.
Vor seinem Häuschen in dem Vorort angekommen, ließ Klaus vom Auto aus das Garagentor hochfahren und fuhr seinen unauffälligen Mittelklassenwagen, den die Bosse ihm zur Verfügung stellten, in die Garage hinein. Als er den Flur betrat, kam seine vierzehnjährige Tochter aus dem Wohnzimmer und lief zur Treppe, die in den ersten Stock hinaufführte. Sie grüßte den Vater mit einem knappen „Hallo, wieder da?“ und verschwand nach oben. Klaus vermutete, dass sein fünfzehnjähriger Sohn in seinem Zimmer vor seinem Computer saß oder mit seinem Smartphon irgendwelche Botschaften mit Freunden austauschte. Als Klaus seinen Mantel abgelegt hatte, ging er ins Wohnzimmer, wo Brigitte saß und irgendeinen Roman las, wie Klaus vermutete. Ihre Lesewut verstand er nicht, aber er war froh, dass sie sich beschäftigen konnte, ohne ihn zu belästigen und ihm zu viele Fragen über seine Arbeit zu stellen.
Arbeit, das war ein Witz. Klaus hatte nie im eigentlichen Sinn gearbeitet und das war ihm peinlich bewusst. Als er damals nach dem ersten Staatsexamen keinen Referendarplatz bekommen hatte, hatte er die, wie er meinte, vorübergehende Beschäftigung als Fahrer und Kurier für ein Frankfurter Unternehmen angenommen, das Gaststätten mit dem versorgte, was sie für den laufenden Betrieb benötigten. Erst später sollte Klaus erfahren, dass die Gaststättenbesitzer Lieferungen erhielten, die sie gar nicht bestellt hatten, und die zu überhöhten Preisen. Nur die wenigsten von denen wagten es, gegen die zusätzlichen Lieferungen zu protestieren. Sie wussten, was ihnen im Verweigerungsfall blühten. Von dem Job war Klaus nie losgekommen und nun war er zu alt geworden, um eine andere Arbeit zu finden, die gleich gut bezahlt würde.
„Schatz, du hast wieder Überstunden machen müssen. Wann wird das endlich vorbeisein? Du schuftest dich zu Tode in letzter Zeit“, sagte Brigitte. „Nur noch ein wenig Geduld. Licht ist am Ende des Tunnels zu sehen. Bald sind die Aufträge, die bei der Firma aufgelaufen sind, abgearbeitet und dann unternehmen wir beide vielleicht eine kleine Reise. Deine Eltern könnten ein paar Tage lang auf Sarah und Felix aufpassen. Der Frühling kann in diesem Jahr doch nicht ewig ausbleiben.“ „Wenn du so wenig Zeit zu Hause verbringst, denke ich manchmal, ich sollte wieder arbeiten gehen. Ich kann doch nicht immer hier allein herumsitzen und lesen.“ „Nur noch ein paar Tage Geduld und dann ist die Hochdruckphase vorbei. Du weißt doch, wie öde du deine Arbeit im Büro gefunden hast. Deine Entscheidung, zu Hause Vollzeitmutter zu sein, war goldrichtig. Ich verdiene genug, zumal ich häufig Überstunden machen kann.“ „Aber du hast nie vorher so viele Überstunden schieben müssen wie jetzt.“ „Ja, ich weiß. Aber das hat sein Gutes. Wir werden ein dickes Polster für Urlaubsreisen zur Verfügung haben.“
Bevor Brigitte noch weitere Fragen über seine Arbeit stellen konnte, lief Klaus in die Küche. Er schob eine Tiefkühlpizza in den Ofen, holte sich ein Bier aus dem Kühlschrank und ging zurück ins Wohnzimmer. „Klaus, du musst wieder anfangen, dich bewusst zu ernähren. Der Mensch kann nicht von Tiefkühlkost allein leben. Ich will nicht meine alten Tage als Witwe zubringen, weil du mir an einem Herzinfarkt weggestorben bist.“ „Also erstens bin ich topfit und zweitens würdest du bei deinem Aussehen von einem ganzen Schwarm Verehrer belagert werden, sollte ich über den Jordan gehen. Dein blendendes Aussehen bringt mich auf wirklich krumme Gedanken. Na, wiederum nicht ganz so krumm. Ich glaube, er richtet sich gerade auf und wird bald überhaupt nicht mehr krumm sein. Eine kleine Verabredung in deinem Schlafzimmer nachher?“ „Schön, dass du wieder darauf kommst, Klaus. Ich mache mich seit Tagen schön, aber du siehst das nicht. Iss deine Pizza auf, wir trinken ein Glas Rotwein zusammen und dann gucken wir, ob du noch in Stimmung bist.“
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