Mordsspaß
Ariane Werbel, Veronika Wetzig
Copyright: © 2015 Ariane Werbel, Veronika Wetzig
published by: epubli GmbH, Berlin
www.epubli.de
ISBN 978-3-7375-3079-8
Über dieses Buch
Sie leben in einer langjährigen Partnerschaft, fahren täglich mit der Bahn oder fühlen sich unliebsamen Nachbarn hilflos ausgeliefert? Da kann man schon mal auf mörderische Gedanken kommen.
MordsSpaß ist unser Rezept für einen entspannten und kurzweiligen Sonntagnachmittag. Man nehme eine kleine Auswahl der vermeintlich gewöhnlichsten Alltagssituationen, gebe einen Spritzer Sarkasmus hinzu, verfeinere das Ganze mit einem Hauch Ironie und vermische alles mit einer großzügigen Portion Raffinesse. Angereichert mit einer Prise schwarzem Humor erhalten Sie eine Lektüre, die durch schaurig-schöne Überraschungen besticht und bei der Ihrer Phantasie keine Grenzen gesetzt sind.
MordsSpaß besteht aus: Mord auf Raten, Mordsplan, Nächste Station: Mord, Irren ist mörderisch, Metamor(d)phose.
Lehnen Sie sich zurück und genießen Sie. Wir wünschen humorvolle und spannende Unterhaltung.
Inhalt
Mord auf Raten
Mordsplan
Nächste Station: Mord
Irren ist mörderisch
Metamor(d)phose
I
Der Konflikt ist die Grundlage jeder Dramatik. Deshalb ist Komik so wichtig. Komik lässt die Würde verschwinden, lässt das Normale verschwinden, sie ist das Anormale.
Alfred Hitchcock (1899 – 1980)
„Na, dann schießen Sie mal los: Wie sind denn so die Gewohnheiten Ihres Gatten?“
Mit vorgebeugtem Körper sitzt Mr. Q mir gegenüber, bereit sich jede einzelne Kleinigkeit einzuprägen. Erwartungsvoll blickt er mich an und wartet darauf, die gewünschten Informationen von mir zu erhalten. Ohne mich zu drängen, lässt er mir Zeit, meine Antwort sorgfältig zu überdenken. Ich bin mir nicht sicher, was ich ihm sagen soll. Ich fühle mich überfordert. Überfordert und unwohl. Überfordert mit den Dingen, die er von mir zu hören erwartet, unwohl mit der gesamten Situation.
Wir sitzen in der hintersten Ecke eines kleinen antik eingerichteten Cafés. Die Lichtverhältnisse sind bescheiden, so dass ich mir nicht sicher bin, den Gesichtsausdruck meines Gegenübers richtig zu deuten. Sehe ich da ein Lächeln auf seinen Lippen oder ist es eher der Blick eines erfahrenen Geschäftsmannes, der es nicht abwarten kann, schnellstmöglich alles Notwendige in die Wege zu leiten?
Mr. Q – geschrieben tatsächlich wie der Buchstabe, nicht wie das Rindvieh – scheint meine Nervosität zu spüren und wirft mir ein aufmunterndes Lächeln zu, was wohl so viel heißen soll wie: „Nur Mut. Aller Anfang ist schwer. Wenn ich erst einmal alle notwendigen Informationen zusammen habe, läuft der Rest von ganz allein.“
Vor lauter Unsicherheit fange ich an, mit meinen Fingern an meinen Haaren im Nacken zu spielen. Eine kleine Locke hat sich aus meinem Kopftuch gelöst, was ich mir vorsichtshalber umgebunden hatte, um meine Identität ein wenig zu verschleiern. „Je weniger wir voneinander wissen, desto besser für alle Beteiligten“, hatte mir Mr. Q bei unserem ersten und einzigen Telefonat mitgeteilt. Das war vor zwei Wochen gewesen. Mr. Q gab mir Gelegenheit, noch einmal alles zu überdenken. Schadenersatzansprüche würde ich später nicht geltend machen können. Mr. Q wäre für mich nicht mehr erreichbar. Erfahrungswerte hatte er am Telefon nur trocken bemerkt.
Ich hatte hin- und herüberlegt, nächtelang nicht geschlafen. Wir hatten uns für den heutigen Nachmittag verabredet, sollte ich es mir bis dahin nicht anders überlegt haben. Hatte ich nicht. Jetzt sitze ich hier, mir gegenüber ein mir mehr oder weniger unbekannter Mann, der mir helfen würde, sämtliche meiner Probleme zu lösen.
„Nun ja. Ich weiß ja nicht genau, welche Gewohnheiten Sie benötigen. Aber Herbert sieht jeden Samstagnachmittag die Bundesliga. Außerdem trifft er sich dienstags mit ein paar Freunden zum Skat.“ Mir fällt auf, dass ich die ganze Zeit auf das Usambaraveilchen starre, das in einem alten Kaffeepott auf unserem Tisch steht.
Ich nehme all meinen Mut zusammen und sehe Mr. Q in die Augen. „Meinen Sie diese Art von Gewohnheiten?“
„Ganz genau diese Art sogar. Damit kann ich arbeiten.“ Geschäftig kramt er in der Innentasche seines Trenchcoats und fördert schließlich einen Notizblock nebst Kuli zutage.
„Lassen Sie uns doch zunächst den Skatabend etwas genauer unter die Lupe nehmen. Sie sagten dienstags? Um wie viel Uhr und wo?“
Wieder schrillt eine Alarmglocke in meinem Kopf: Wenn ich jetzt weitermache, gibt es kein Zurück mehr!
Hastig nehme ich noch einen Schluck von meinem Cappuccino. Ich wünschte, ich hätte etwas Stärkeres bestellt – ein Cognac wäre nicht schlecht. Automatisch halte ich nach dem Kellner Ausschau. Das Klicken des gezückten Kugelschreibers bringt mich von dieser Idee jedoch wieder ab.
„In einer Eckkneipe, Zum goldenen Elch , etwa zweihundert Meter von unserer Wohnung entfernt“, bringe ich schließlich zaghaft hervor. „Sie treffen sich dort immer um 19:00 Uhr.“
Krampfhaft halte ich meine Handtasche mit beiden Händen fest umschlungen und drücke sie noch ein wenig fester an meine Brust. Ich darf sie nicht verlieren. Darin befindet sich sozusagen meine Lebensversicherung. Ein Schreiben, das mir dieses Treffen mit Mr. Q erst ermöglicht hat. Unsicher blicke ich mich noch einmal in dem kleinen Café um. Ein paar Tische weiter sitzt ein junger Mann, die Kapuze seines Sweatshirts tief ins Gesicht gezogen. Bilde ich es mir nur ein oder beobachtet er mich tatsächlich die ganze Zeit? War es nicht derselbe Kerl, der mich schon auf der Herfahrt im Bus die ganze Zeit angestarrt hatte? Nicht auszudenken, wenn er plötzlich aufspringen und mir meine Handtasche entreißen würde. Dann wäre alles verloren.
Als hätte er meinen Blick auf sich gespürt, sieht der Mann plötzlich auf. Schnell senke ich den Blick, nicht schnell genug jedoch, um nicht das kleine Lächeln auf seinem Gesicht zu bemerken.
„Aus wie vielen Leuten besteht die Skatrunde?“
„Was?“ Erschrocken blicke ich auf. „Verzeihung. Ich bin ziemlich nervös“, lächle ich unsicher.
„Verständlich.“ Mr. Q scheint mit seiner Geduld jedoch langsam am Ende.
„Naja, der Typ da drüben“, ich nicke kurz in Richtung Kapuzenmann. „Ich glaube, der verfolgt mich. Nicht, dass Sie denken, ich leide unter Verfolgungswahn“, entschuldige ich mich sofort. „Also, normalerweise jedenfalls nicht.“ Nervös kichere ich.
Mr. Q hebt wortlos eine Augenbraue.
„Tschuldigung.“ Ich räuspere mich. Wenn ich nervös bin, fange ich an zu plappern. Ich weiß das, kann jedoch nichts dagegen tun.
„Das ist schon in Ordnung“, versichert mir Mr. Q, inzwischen jedoch nicht mehr ganz so überzeugend wie zu Beginn unseres Gesprächs. Beinahe unauffällig wirft er einen raschen Blick auf seine Armbanduhr. Aber ich habe es dennoch bemerkt. Ebenso die vielen kleinen glänzenden Steinchen auf seiner Uhr. Wenn ich mir vorstelle, dass mein Herbert so eine Uhr tragen würde. Oder ich. Unvorstellbar. Nein, Herberts Uhr ist ein ganz schlichtes Modell. Ebenso wie meines. Beide von Woolworth, aber immerhin von der Theke, nicht einfach nur vom Grabbeltisch. So richtig mit Beratung. Ich kann mich noch genau daran erinnern, was für ein Tohuwabohu Herbert darum gemacht hat. Ich war ganz aufgeregt, bis wir dann doch nur wieder auf dem Woolworth-Parkplatz gelandet sind. Oh dieser ewige Geiz! Doch Herbert tat weiter gönnerhaft. Schließlich feiere man ja nur einmal im Leben seinen vierzigsten Hochzeitstag. Die Wahrscheinlichkeit dürfte ziemlich hoch sein, dass er damit ausnahmsweise einmal Recht behalten sollte.
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