1 ...8 9 10 12 13 14 ...17 „Halt! Lauf' nicht weg! Ich will dir nichts Böses tun. Ich bin das Sternenkind und wohne hier. Kann ich dir helfen? Hast du vielleicht Hunger?“ Schritt für Schritt ging das Sternenkind dabei auf das Haus zu und sah langsam um die Hausecke. Einen Meter abseits lag das flinke Fell im Gras und blickte das Sternenkind aus großen Augen an. „Das hab' ich auch noch nie gesehen“, sagte das Sternenkind. „Ein Fell, das sich bewegen kann. Urkomisch.“
„Gar nicht komisch“, sagte das Fell. „Ich habe zwar ein Fell, aber ich bin keines, denn noch lebe ich ja. Ich bin eine Katze. Kennst du uns Katzen denn nicht?“ sagte das vierbeinige Fell, welches sich Katze nannte.
„Nein, so etwas wie dich habe ich noch nie gesehen. Bist du dann das Untier, das hier im Wald sein Unwesen treibt und die ganzen Tiere des Waldes in Aufruhr bringt?“ fragte das Sternenkind.
„Wieso? Ich bringe niemanden in Aufruhr. Die Menschenkinder, bei denen ich so lange gewohnt habe, haben mich hier im Wald vergessen und sind ohne mich wieder losgefahren. Seit vielen Tagen laufe ich durch den Wald. Meine Pfoten sind schon ganz wund vom vielen Laufen. Und im Magen hab' ich seit vielen Tagen nichts. Zum Jagen bin ich schon zu kraftlos und Beeren esse ich nicht. Sag', Sternenkind, kannst du mir etwas zu essen geben?“ Die Katze kroch ein wenig näher heran.
„Ja, komm' mit mir in meine Hütte. Wir finden bestimmt etwas für dich, „ meinte das Sternenkind.
„Kann ich dir auch vertrauen?“ fragte die Katze immer noch misstrauisch.
„Ja, das kannst du. Die Tiere des Waldes und der Seen sind alle meine Freunde. Ich könnte ihnen nichts zu leide tun – und dir auch nicht, „ sprach das Sternenkind und ging in die Hütte hinein.
Mit etwas Abstand und noch immer ängstlich kam die Katze hinterher. In der Hütte roch es gut und der Katze wurde es heimelig zumute. So gut hatte es bei den Menschenkindern auch immer gerochen und erst einmal geschmeckt! „Hier, ich habe etwas Suppe für dich“, sagte das Sternenkind. „Frisch gemacht aus den Früchten des Gartens und des Waldes. Mit feinen Kräutern. Probier's einmal.“ Und es stellte der Katze einen Teller voll hin. Die Katze, ausgehungert, wie sie war, stürzte sofort darauf zu Im Nu war der Teller leer und es verspeiste noch einen weiteren mit Genuss. Als auch dieser Teller blank geleckt war, rekelte sich die Katze wohlig und zufrieden und hielt sich ihren dicken Bauch.
„Das war gut. Sehr gut sogar“, sagte sie zufrieden. „Weißt du, Sternenkind, eigentlich essen wir Katzen keine Suppe. Mit Vorliebe essen wir eigentlich Fisch, aber ich bin nicht verwöhnt. Die Menschenkinder, bei denen ich gelebt habe, hatten nicht viel Geld. So haben wir uns immer gefreut, wenn wir überhaupt etwas zu essen hatten. Und eigentlich schmeckt mir alles sehr gut. Wenn mein Magen zufrieden ist, dann bin ich auch zufrieden.“ Die Katze streckte sich lang aus und dehnte sich.
„Sag' mal, kleine Katze“, sagte das Sternenkind. „Du hast gesagt, du isst mit Vorliebe Fisch – jagst du denn die Fische auch?“
„Eigentlich habe ich das noch nie gemacht. Ich müsste es aber tun, wenn mein Hunger zu groß wird, „ entgegnete die Katze.
„Weißt du“, sagte das Sternenkind, „Auch die Fische sind meine Freunde und auch ich angle mir gelegentlich mal einen Fisch im Winter, wenn meine Vorräte zur Neige gehen. Könntest du es genauso halten und dich mit mir von den Früchten des Gartens ernähren?“
„Gern“, sagte die Katze. „Wenn du es erlaubst, würde ich sowieso gern eine Weile bei dir bleiben und dir bei deiner Arbeit helfen. Als Gegenleistung fordere ich nur etwas zu essen und einen warmen Schlafplatz.“
„Abgemacht“, sagte das Sternenkind fröhlich und hatte das Gefühl, einen wahren Freund fürs Leben gefunden zu haben. Gemeinsam sagten sie noch allen Tieren des Waldes und den Fischen der Seen, dass niemand mehr Angst zu haben brauchte und alle lebten wieder glücklich und friedvoll wie eh und je.
Das geheimnisvolle Zimmer
Es war einmal ein lieblicher Engel, der die Obhut über ein geheimes Zimmer hatte, welches nur sehr wenige Engel betreten durften. In dieses Zimmer durften nur die Eingeweihten, die, die mit den Zaubergegenständen umgehen durften. Oft hatte unser Engel schon einen verstohlenen Blick in dieses Zimmer geworfen, denn betreten durfte er es noch nicht, denn noch dazu. Vor kurzem hatte man ihn ja sogar schon befördert. Jetzt stand er schon an der Schwelle zur Einweihung. So war es nur eine Frage der Zeit, wann man ihn in das große Geheimnis einweihen würde. Aber neugierig war er schon. Unser Engel allein war dazu befähigt, dieses Zimmer, das immer verschlossen war, zu öffnen, denn unser Engel trug den Zauberschlüssel, der diese Tür öffnen konnte, stets bei sich.
Eines Tages, als unser Engel ziemlich sicher war, dass alle anderen Engel unterwegs waren, übermannte ihn die Neugier so sehr, dass er es kaum noch aushalten konnte. Zu gern würde er einmal in dieses Zimmer gehen und sich die Dinge ansehen, die dort standen und die er bislang nur von weitem erblicken durfte, weil er noch nicht zu den Eingeweihten zählte. Er wusste, dass es strengstens verboten war und mit einer hohen Strafe belegt wurde, wenn man ihn hier erwischte. Und so stritt er sich mit sich selbst, was er nun machen sollte. Der eine Teil in ihm sagte: „Nein, gehe nicht hinein, das bringt nur Ärger mit sich.“ Und der andere Teil sagte: „Ja, gehe hinein. Eine Erfahrung ist es sicher wert.“
Und da stand nun unser Engelchen und kämpfte mit sich. Eine ganze Weile verging und dann vergewisserte sich unser Engel noch einmal, ob nicht doch irgendwo noch ein Engel war, der ihn bei seinem Vorhaben erwischen konnte. Nein. Weit und breit war kein Engel zu sehen. Eigentlich war das die Gelegenheit. Sicher kam die nicht so schnell wieder. Und dann gab sich unser Engel einen Ruck, zückte seinen Zauberschlüssel, sah sich noch einmal zu allen Seiten um, betrat den geheimen Raum und schloss schnell wieder die Tür hinter sich.
Zunächst konnte er gar nichts sehen in diesem Raum, denn das Licht war hier sehr gedämpft und draußen war es hell gewesen. Aber mit der Zeit gewöhnten sich seine Augen an die Dunkelheit in dem Raum und er konnte erkennen, was es alles in diesem Raum zu sehen gab. Da war ein kleiner Springbrunnen, dessen Wasser golden blitzte und unter dessen Wasserstrahl eine goldene Statue stand, die sich vom Wasser berieseln ließ. Da war ein Tisch, auf dem kleine Karten ausgebreitet waren. Auf einem kleinen Schild an dem Tischchen stand in goldenen Buchstaben: „Ich kann für dich in die Zukunft sehen.“ Auf einem anderen kleinen Tischchen stand ein Orakel in Form einer großen, gläsernen Kugel. Inmitten dieser Kugel brannte eine kleine Flamme und von dieser Flamme aus zuckten kleine Blitze in allen möglichen Farben. Es sah faszinierend und gespenstisch zugleich aus. Der Engel konnte seinen Blick davon gar nicht losreißen.
Dann gab es da noch ein Gerät, mit dem man in die Sterne gucken konnte. Der Engel war entzückt, plötzlich die anderen Sterne so dicht bewundern zu können. Wenn man an einem kleinen Rädchen an der Seite dieses Gerätes drehte, sah man die Sterne plötzlich vierfach oder auch zehnfach und dann wieder übereinander. „Illusionsmacher“ stand auf einem Schild daneben. Ach, unser Engel konnte sich gar nicht satt sehen an den vielen Dingen, die es hier zu erkunden gab! Wenn es bloß nicht erwischt wurde! Dann würde er sicher nie wieder zu denen gehören, die immer Einlass zu diesem wundersamen Zimmer hatten! Angst befiel ihn, aber die Neugier war trotzdem stärker.
In einer der hinteren Ecken dieses Raumes sah dann der Engel einen großen Stuhl, der aussah wie ein Thron. Dieser Thron war in ein magisches Licht getaucht und magnetisch zog es ihn zu diesem Thron hin. Ohne zu denken setzte er sich auf den Thron und in der gleichen Sekunde hielt er in der einen Hand einen Zauberstab und in der anderen eine kleine Weltkugel. Auf seinem Kopf wurde es plötzlich schwer und als er in den Zauberspiegel vor sich blickte, entdeckte er auf seinem Kopf eine goldene Krone mit vielen wunderschönen bunten Steinen, deren Licht sich in alle Richtungen und in allen Farben brach. Gleichzeitig hatte unser Engel das Gefühl, als wenn eine magische Kraft ihn umgab, die ihn wieder auflud wie eine Batterie. Es war, als tankte er in diesem Moment Lebensenergie auf. Nach einer Weile war das Gefühl zu Ende und Zauberstab und Weltkugel verschwanden. Der Engel aber fühlte sich unheimlich leicht, beschwingt und glücklich.
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