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Es war einmal ein kleiner Goldfisch, der in einem Teich lebte, welcher nahe beim Schloss war. Jeden Tag besah sich der Goldfisch dieses Schloss. Man sagte, es sei ein Märchenschloss und wer in dieses Schloss ging, würde wundersame Dinge erleben. Schade, dachte der Goldfisch bei sich, dass ich kein Mensch bin. Ich würde dieses Märchenschloss erkunden wollen. Sicher gab es dort eine Menge zu sehen und zu erleben! Auf der anderen Seite seines kleinen Teiches konnte der Goldfisch einen Strand beobachten, der menschenleer in der Sonne döste. Früher einmal waren hier Menschen gewesen und hatten dort in der Sonne gelegen und geschlafen und sie hatten gelacht und hier im Teich gebadet. Aber unter den Menschen kursierte das Gerücht, dass das Schloss verzaubert war und jetzt ein Spukschloss war und seine Bewohner, die früher einmal gut und nett gewesen waren, heute nur noch aus bösen Geistern und Gespenstern bestanden. Ach, dachte der Goldfisch immer wieder, muss das hier früher eine schöne Zeit gewesen sein, als die Menschen hier fröhlich und ausgelassen gewesen sind. Und alles war ihm so vertraut, als wenn er einmal dazugehört hätte und es einst selber erlebt hatte. Aber das konnte ja gar nicht möglich sein, denn er war ja nur ein Goldfisch. Aber diese Sehnsucht ließ ihn einfach nicht los. Jahr um Jahr blieb dieser Traum in seinem Herzen – aber es war eben nur der Traum eines kleinen Goldfischs – und was hatte der schon zu bedeuten?
Eines schönen Tages passierte dann etwas Merkwürdiges. Die Sonne stand gerade blutrot am Firmament und wollte einen neuen Tag ankündigen, als ein kleiner Bub lachend und johlend aus dem Märchenschloss heraus gestürmt kam und schwenkte einen grün-rot-goldenen Apfel in der Hand. Das hatte es hier noch nie gegeben. Der Bub kam geradewegs auf den Teich zugelaufen, verlor plötzlich den Apfel und der kullerte in den Teich zu unserem Goldfisch, der ihn beinahe an den Kopf bekam. Der Goldfisch erschrak mächtig und besah sich den Apfel dann näher. Eigentlich sah das nur so aus wie ein Apfel. In Wirklichkeit schien es aber eine Art Schachtel zu sein und bei ganz genauem Hinsehen konnte man einen feinen Riss darin entdecken. Der Goldfisch zettelte, riss und schüttelte an dem Apfel, in der Hoffnung, das Geheimnis des Apfels lüften zu können. Er steckte eine Flosse in den winzigen Spalt und versuchte, den Deckel aufzuhebeln. Plötzlich gab der Deckel nach und öffnete sich. Blitze zuckten durch das Wasser und dann war alles dunkel.
„Du brauchst dich nicht zu fürchten“, sagte eine wohlklingende Stimme. „Jetzt wird alles wieder gut. Der Paradiesapfel ist befreit worden und mit ihm das Märchenschloss und damit auch das Gute. Alles wird wieder so friedlich und ruhig hier, wie es einst gewesen ist. Die Menschen werden wieder herkommen und die Sorgen des Alltags vergessen und sich entspannen können. Sie werden ausruhen und die Sonne genießen können und fröhlich sein. Das Leben wird wieder lebenswert. Das Schlechte wollen wir vergessen und fortan nur an und für das Schöne leben! So sei es!“
Und kaum hatte die Stimme ihre Rede beendet, kam das Licht zurück. Zunächst blendete es ein wenig, aber dann konnte man wieder etwas erkennen. Das Schloss erblitzte in den schönsten Farben, so, als sei es gerade neu angestrichen worden. Viele Menschen waren an dem Strand, bauten Burgen und sonnten sich. Hier herrschten Friede und Eintracht. Ein Kind saß am Rande des Teichs und sah versonnen hinein. Ein Spielzeuggoldfisch schwamm auf dem Wasser. Unser einstiger Goldfisch aber war zum Hüter des Paradiesapfels geworden. Auf das nie wieder jemand das Gute darin einsperren würde können.
Das wertvolle Geschenk des Froschkönigs
Es war einmal ein kleiner Froschkönig, der sich unheimlich in die schöne junge Prinzessin verliebt hatte, die im nahe gelegenen Schloss lebte. Der Froschkönig wusste nicht, wie er es anstellen sollte, dass sich die junge Prinzessin in ihn verliebte, denn ständig übersah sie ihn, obwohl er jeden Tag so schön für sie quakte - und das nur für sie! Sein Selbstwertgefühl litt sehr, denn er war eben doch nur ein Frosch und kein Jüngling, womöglich noch ein Prinz. Ein Prinz würde sicher das Aufsehen der Prinzessin erregen können. So lebte er trist vor sich hin und quakte und quakte – aber das Problem löste er damit nicht. Dann ersann er sich einen Trick. Er wollte die Prinzessin mit einem Geschenk locken. Einem wunderbaren und wertvollen Geschenk, bei dem die Prinzessin sicher nicht widerstehen könnte.
So machte er sich eines Tages auf, um die Prinzessin zu besuchen. Sein großes Geschenk für die Prinzessin hatte er bei sich. Heute würde er die Prinzessin überreden können, seine Frau zu werden. Mit dem Geschenk musste es ihm doch einfach gelingen. Auf sein Bitten ließ man ihn zur Prinzessin vor, die sehr erstaunt war über diesen Besuch des Froschkönigs, denn wie konnte sie ahnen, dass dem Froschkönig etwas an ihr lag? Sie verstand die Froschsprache nicht, ärgerte sich nur ständig über das Gequake aus dem nahe gelegenen Tümpel. Aber heute würde man das Problem sicher lösen können. „Was willst du von mir, Froschkönig?“ fragte also die Prinzessin in der Hoffnung, er möge sie verstehen. Der Froschkönig verstand die Prinzessin sehr wohl und quakte deshalb freudig, dass er ihr ein sehr wertvolles Geschenk mitgebracht habe.
„Tut mir leid, aber ich verstehe nur ‚quak quak‘. Ich weiß nicht, was du von mir willst. Bitte rede in meiner Sprache mit mir, damit ich dich verstehen kann, „ sprach die Prinzessin, aber wieder bekam sie nur ein quak, quak zur Antwort. Wie sollte jetzt der arme, verliebte Froschkönig der Prinzessin verständlich machen, dass er ein Geschenk für sie hatte?
„Froschkönig“, sagte die Prinzessin nach einer Weile des Schweigens, „ich habe eine Idee.“ Und dabei nahm sie von der Kommode einen reichhaltig verzierten Becher und goss aus einer Karaffe etwas Flüssigkeit hinein. Den Becher reichte sie dann dem Froschkönig und bat ihn, den Inhalt des Bechers zu leeren, was der Froschkönig auch der Prinzessin zum Gefallen sofort tat.
Nach einiger Zeit fragte die Prinzessin den Froschkönig erneut: „Magst du mir jetzt eine Antwort geben?“
„Ja“, antwortete der Froschkönig, aber jetzt in der Sprache, die der Prinzessin geläufig war. „Ich habe dir zum Zeichen meiner Liebe, Anerkennung und Wertschätzung ein Geschenk mitgebracht“, und überreichte der Prinzessin sein wertvolles Geschenk. „Bitte nimm' es an!“ sagte der Froschkönig und blickte die Prinzessin erwartungsvoll an. Die Prinzessin nahm das Geschenk dankend an und öffnete es. Zum Vorschein kam ein dickes Buch, auf dem stand „Das Lebensbuch“. Es hatte einen goldenen Rand und auch die Lettern waren golden. Die Prinzessin schlug das Buch auf und blickte auf die mit goldenen Buchstaben beschriebene Seite. Dort stand: „Wenn du du bist, wirst du du sein.“ Einen Augenblick lang schaute die Prinzessin ins Leere, lächelte dann und sagte zu dem Froschkönig: „Ich danke dir für dieses wundervolle Geschenk, Froschkönig. Kann ich noch etwas für dich tun?“
Der Froschkönig verneinte, denn als die Prinzessin den Satz vorgelesen hatte, ging auch in ihm eine Wandlung vor. Nicht äußerlich. Nein, tief in seinem Innern bewegte sich etwas. Plötzlich erkannte er, dass nur zwei gleichartige Wesen sich wahrhaft lieben können. Und so sollte es sein. Daher wollte er nur noch die Freundschaft, nicht aber die Liebe der Prinzessin gewinnen.
„Danke, geliebte Prinzessin“, sagte der Froschkönig. „Ursprünglich hatte ich ein sehr persönliches Anliegen, aber das hat sich in dem Moment erledigt, da ich euch erblickte und das Geschenk, das ich mitgebracht habe auch seine Wirkung auf mich voll entfaltete. So darf ich mich bei euch verabschieden, mit der Bitte, mich zu rufen, wenn ich euch irgendwie behilflich sein kann.“
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