Schutz der Füße gegen Kälte.
Ist es von außerordentlicher Wichtigkeit, daß Kopf, Hals, Gesicht und Hände der freien Luft ausgesetzt und abgehärtet werden, so ist dieß nicht weniger nothwendig bei den Füßen. Diese haben noch den besonderen Nachtheil, daß sie nicht bloß in der kalten Luft, sondern auch auf dem kalten Boden sich befinden, somit doppelte Kälte auszuhalten haben. Und wie im Allgemeinen Alles in die Höhe strebt, selbst der Rauch, der vom Feuer ausgeht, so dringt auch das Blut mehr nach oben, in die Brust und in den Kopf, und läßt gerne die Füße blutarm und manchmal fast blutleer, und doch muß das Blut auch den Füßen die Wärme spenden. Man kann daher sagen: Wie viel Blut Du in den Füßen hast, so viel Wärme hast Du dort und umgekehrt, – je kälter dieselben sind, um so weniger Blut ist dort. Daher muß als Hauptgrundsatz gelten: Je abgehärteter die Füße, um so besser ist man daran; denn sie werden dann im selben Maße blutreich und warm sein. Je weichlicher die Füße sind, um so schlimmer ist man daran, weil Blut und Wärme in gleichem Verhältniß abgehen, als man die Füße verweichlicht hat.
Es ist daher gewiß von Wichtigkeit zu wissen, wie die Füße abgehärtet werden können. Wie das Gesicht nicht am warmen Ofen abgehärtet wird, sondern dadurch, daß man der Luft stets freien Zugang läßt, so müssen auch die Füße eben dadurch abgehärtet werden, daß man sie der freien Luft aussetzt. Wer dieß im Sommer häufig thut, dessen Füße werden leicht die verschiedenen Witterungen aushalten. Einen Solchen wird der Winter nicht viel belästigen, besonders wenn er sich noch Mühe gibt, auch im Winter durch entsprechende Übungen abgehärtet zu bleiben, und die Füße nicht durch allerhand überflüssige Schutzmittel verweichlicht. Als erstes Schutzmittel der Füße gegen die Witterung wird allgemein der Strumpf benützt. Die besten Strümpfe wären sicherlich die aus dickem Leingarn gestrickten; diese sind am geeignetsten zur Erhaltung der Naturwärme. Zu Strümpfen läßt sich Schafwolle viel eher verwenden als zu Hemden und Unterhosen, weil die Luft nicht leicht eine zu große Entwickelung der Wärme an den Füßen zuläßt. Das zweite Schutzmittel sind Schuhe oder Stiefel. Hier ist die Wahl sicher gut getroffen, weil ein gutes Leder am meisten Schutz gewährt vor der Kälte und auch die Feuchtigkeit abhält; denn nichts ist gefährlicher und schädlicher, als wenn letztere durch die Schuhe eindringt. Die Schuhe aber sollen nicht enge sein, ebenso die Strümpfe; denn je mehr Luft zwischen der Haut und dem Strumpfe ist, um so mehr wird die Fußwärme begünstigt. Daher soll auch zwischen dem Schuhe und dem Strumpfe ein mit Luft gefüllter Raum sein, damit sich auch dort angenehme Wärme entwickle und der Fuß sich behaglich fühle. Wenn aber der Strumpf ganz fest an die Haut sich anschließt und der Schuh so klein und enge ist, daß es mehr eine Verkümmerungsmaschine für den Fuß ist als ein Mittel, Wärme zu erzeugen und zurückzuhalten, dann kann das Blut eine gehörige Erwärmung nicht bewirken, die Kälte von außen dringt auch leichter ein, das so behandelte Blut aber tritt zurück in den Oberkörper, und der arme Mensch friert in Folge dessen an den Füßen. Das zurücktretende Blut aber bringt manche Übel hervor. Steigt es in den Kopf hinauf, so erzeugt es Kopfweh; dringt es in die Brust, so macht es dort Beschwerden; sammelt es sich im Unterleib, so verursacht es hier üble Zustände. Das Nachtheiligste aber ist, daß, wenn das Blut nach innen dringt und dort sich aufhält, im Innern eine Blutfülle entsteht und deßhalb die Bildung von neuem Blute nachläßt, was Blutarmuth zur Folge hat, wie es Tausende von Beispielen beweisen. Wie viele Menschen verkümmern ihre Zehen aus Eitelkeit, indem sie zu enge Schuhe tragen! Früher oder später werden sie für diese Eitelkeit viel zu büßen bekommen durch Kränklichkeit oder schwere Leiden. Es möge noch erwähnt werden, daß, wenn die Füße so eingezwängt sind, das Blut kaum mehr in die äußersten Theile dringen kann; hierdurch und durch den gehemmten Rückfluß entstehen Stauungen und manchmal sogar bösartige Geschwüre, ja es kann durch Reibungen in zu engen Schuhen selbst Blutzersetzung eintreten, wie ich selbst mehrere Fälle weiß. Ich kann nicht begreifen, wie es Leute geben kann, welche die vom Schöpfer erschaffenen Organe anders wollen, als dieser sie gebildet hat.
Weil das Barfußgehen ein so vorzügliches Mittel ist, die Füße abzuhärten, sind Diejenigen glücklich, welche vermöge ihres Berufes im Sommer häufig barfuß gehen, wie die Landleute, weil sie dadurch ihrer Gesundheit sehr nützen. Man soll aber ja nicht glauben, daß Diejenigen, welche nicht wie die Landleute bei ihrer Beschäftigung barfuß gehen können, nicht doch für ihre Füße in ähnlicher Weise sorgen könnten. Ist es denn eine Schande, wenn man im Sommer in seinem Garten oder beim Spaziergange auf einer freien Wiese einige Minuten barfuß geht oder auch zu Hause auf nassen Steinen mit bloßen Füßen umherwandelt? Und kann man nicht ganz gut vor dem Schlafengehen einige Minuten in seinem Zimmer barfuß einen Spaziergang machen, damit die Luft frei auf die Haut dringen kann, auf diese Weise das Blut mehr nach unten geleitet wird und die Füße abgehärtet werden? Thut man das, dann wird nicht mehr jede Kleinigkeit den so unangenehmen Frost verursachen. Wenn man neben einem solchen Barfußgang im Zimmer die Füße ein paarmal in kaltes Wasser eintauchen würde, um dadurch die Fußwärme noch mehr zu erhöhen und die Füße selbst noch mehr abzuhärten, wäre das zu viel der Mühe im Vergleich mit dem Vortheil, den solches der Gesundheit bringt? Und ist es nicht auch sehr unangenehm, den ganzen Tag kalte Füße zu haben und dieselben möglichst oft in dicke Filzschuhe stecken zu müssen, die vielleicht noch vorher erwärmt werden müssen, um die Kälte der Füße zu vertreiben? Gewiß aber wird man von solchen Übeln geplagt werden, wenn man seine Füße verweichlicht, statt sie in der angegebenen Weise abzuhärten und dadurch zu bewirken, daß sie stets eine gehörige Wärme haben.
Ich kann nicht glauben, daß es Leute geben würde mit Fußschweiß, wenn die Füße vernünftig abgehärtet würden; ich glaube auch nicht, daß bei vernünftiger Abhärtung der Füße das Podagra aufkommen würde. Gerade über diese letztere Krankheit, die so schmerzlich ist, macht man sich gewöhnlich nur lustig; man trägt eben die Überzeugung, daß eine Verweichlichung mit Schuld an dem Übel ist. Nicht unerwähnt darf hier bleiben, daß Zimmerschuhe aus Wollstoff oder gar aus Pelz ein besonders günstiges Mittel zur Verweichlichung sind und nicht genug getadelt werden können. Der Grund wird aus dem bereits Gesagten Jedem klar sein. Wie verderblich wirkt es aber erst auf die Natur, wenn man das Bett vor dem Schlafengehen wärmt oder warme Bettflaschen &c. benützt! Doch über dieses später! Um also sein Glück, seine Gesundheit und sein Leben möglichst lange zu erhalten, ist eine vernünftige Abhärtung der Füße geboten.
Vor 50 bis 60 Jahren gingen alle Landleute, mit wenigen Ausnahmen, im Sommer barfuß; ich selbst habe es bis zu meinem zweiundzwanzigsten Jahre mitgemacht. Sobald im Frühjahr der Schnee geschmolzen war, ging das Barfußgehen an und dauerte bis Oktober, selbst bis November. Wie abgehärtet waren da die Füße! Bei der anderen Kleidung kümmerte man sich auch nicht viel um die Mode, und so war der ganze Körper abgehärtet. Man wußte wenig oder nichts von so vielen Kinderkrankheiten, die heut zu Tage so vielen Kindern das Leben kosten. Ich habe auch nie beim Bauernvolke etwas gehört von Gelenkrheumatismus oder krampfhaften Zuständen. In unserer modernen Zeit aber fängt man beim Kinde in der Wiege an, sich nach der Mode zu richten, und bis hinauf ins höhere Alter will Jeder dieselbe wenigstens einigermaßen mitmachen.
Unsinnige Kleider-Moden.
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