Inhaltsverzeichnis
0. Einleitung 0. Einleitung Reiseführer und Tourismusverantwortliche stellen Ostfriesland gern als Land dar, wo alles noch so ist „wie früher”. Das Land und seine Bewohner_innen aber sind nicht „von gestern”! Dieses Buch will aufzeigen, wie Ostfriesland wirklich ist: Wie leben die Ostfriesen_innen? Was ist ihnen wichtig? Sowohl die liebenswerten Seiten als auch die Probleme werden vorgestellt, Amüsantes und Informatives ergänzen sich und Kritikwürdiges wird nicht verschwiegen. Das Buch richtet sich an die Besucher und Besucherinnen des Landes, Einheimische, Butenostfreesen und Zugezogene gleichermaßen. Manches dürfte selbst denjenigen neu sein, die meinen Ostfriesland zu kennen. Ostfriesland sei voll von „Käuzen mit einem Schuss Wahnsinn” und die Bewohner_innen seien „eigensinnig”, schreibt der Begründer des Ostfriesland-Magazins, Detlef Hartlapp (2008, 17). Käuze gibt es überall, auch in Ostfriesland. M.E. aber sind die Ostfriesen_innen eher eigentümlich als eigensinnig. Damit meine ich durchaus auch – wie Hartlapp – wunderlich. „Eigentümlich” aber verweist auf „Eigentum” und hierin liegt m.E. der Schlüssel, um den Charakter des Landes und seiner Bewohner_innen zu verstehen. Die Besetzung des einst freien Ostfrieslands durch das Königshaus Hannover ist noch nicht einmal 200 Jahre her und alles andere als vergessen. Nicht, dass die Ostfriesen_innen Fremden gegenüber abweisend wären; bei Entscheidungen, die andere über Ostfriesland treffen, aber sind sie oft skeptisch und bisweilen starrsinnig. Das ist auch gut so! Wären sie nicht so starrsinnig, gäbe es heute im Rheiderland ein Atommüllendlager und im Oberledingerland würden Flugzeuge der Bundeswehr zu Übungszwecken Bomben abwerfen. Auch heute noch wird den Ostfriesen_innen von Bundes- und Landesregierung etliches zugemutet. Da werden riesige Kavernen unter Wohngebieten angelegt und in der Ems wird gebaggert, „was das Zeugs hält”. In vielerlei Hinsicht könnten die Ostfriesen_innen ruhig ein wenig widerspenstiger sein. Manches aber zeugt auch davon, dass es in Ostfriesland viele Käuze gibt. Das Buch ist in 22 kurze Kapitel zu unterschiedlichen Themen unterteilt. Sie hängen zusammen, lassen sich aber auch jedes für sich lesen. Für das Schreiben des Buches habe ich nicht nur das Übliche wie Literatur, Originalquellen und Statistiken herangezogen, sondern über mehr als ein Jahr die größte Lokalzeitigung Ostfrieslands, die Ostfriesen-Zeitung, ausgewertet. In mancher Hinsicht kritisiere ich die Zeitung, viele Artikel aber waren absolut lesenswert. Dank sagen möchte ich insbesondere denjenigen, die Fotos zum Buch beisteuerten und nicht zuletzt all denen, die mich während des Entstehungsprozesses mit Rat und Tat unterstützten. Helga Ostendorf
1. „Menschen, die aus Deutschland zu uns kommen”
Die Herkunft der Ostfriesen_innen
2. Ubbo, Hermine, Amke und Eske
Namensgebung
3. Filmemacher_innen, Nobelpreisträger und …
Bekannte Persönlichkeiten
4. „Seit Urzeiten …”
Geschlechterverhältnisse
5. „Gottes Herz schlägt auf Platt”
Kirchen
6. „Mit der dritten Generation wächst es sich dann langsam aus”
Plattdeutsch
7. „Schiffe fahren auch nachts auf Ems”
Ostfriesendeutsch
8. „Macht uns die Kinder nicht zu klug”
Bildung, Aus- und Einwanderungen
9. „Heckscheibe mit dem Kopf eingeschlagen”
Kriminalität
10. „Sonst würden wir nicht klarkommen”
Reichtum und Armut
11. „Das ist die neue ‚Miss Ostfriesland’”
Landwirtschaft
12. „Es ist hier alles so schön urig und herzlich”
Tourismus
13. „Meine erste Niederlage nach 36 Siegen mit dem Deutschland-Achter”
Sport
14. „Arvtensoop und updrögt Bohnen kann man nich bi McDonalds holen”
Gastronomie
15. Ostfriesen_innen fahren flott
Individualverkehr
16. Im Sauseschritt zu Werder?
Deutsche Bahn & Co
17. „Ältere Leute, die zum zweiten oder dritten Mal bauen”
Wohnen
18. „Es ist nicht so, dass hier keine Bäume wachsen wollen”
Eine ostfriesische Allergie
19. „Was müssen wir noch alles aushalten?”
Umwelt
20. Innovationstreiberin oder schlechter Scherz?
Meyer-Werft
21. „Langfristig werden die ostfriesischen Inseln und Teile der Küste untergehen”
Bedrohung durch das Meer
22. Ostfriesland am Scheideweg
Schlussbemerkungen
Literaturverzeichnis
Hinweise auf Websites und Filme
Impressum
Reiseführer und Tourismusverantwortliche stellen Ostfriesland gern als Land dar, wo alles noch so ist „wie früher”. Das Land und seine Bewohner_innen aber sind nicht „von gestern”! Dieses Buch will aufzeigen, wie Ostfriesland wirklich ist: Wie leben die Ostfriesen_innen? Was ist ihnen wichtig? Sowohl die liebenswerten Seiten als auch die Probleme werden vorgestellt, Amüsantes und Informatives ergänzen sich und Kritikwürdiges wird nicht verschwiegen. Das Buch richtet sich an die Besucher und Besucherinnen des Landes, Einheimische, Butenostfreesen und Zugezogene gleichermaßen. Manches dürfte selbst denjenigen neu sein, die meinen Ostfriesland zu kennen.
Ostfriesland sei voll von „Käuzen mit einem Schuss Wahnsinn” und die Bewohner_innen seien „eigensinnig”, schreibt der Begründer des Ostfriesland-Magazins, Detlef Hartlapp (2008, 17). Käuze gibt es überall, auch in Ostfriesland. M.E. aber sind die Ostfriesen_innen eher eigentümlich als eigensinnig. Damit meine ich durchaus auch – wie Hartlapp – wunderlich. „Eigentümlich” aber verweist auf „Eigentum” und hierin liegt m.E. der Schlüssel, um den Charakter des Landes und seiner Bewohner_innen zu verstehen. Die Besetzung des einst freien Ostfrieslands durch das Königshaus Hannover ist noch nicht einmal 200 Jahre her und alles andere als vergessen. Nicht, dass die Ostfriesen_innen Fremden gegenüber abweisend wären; bei Entscheidungen, die andere über Ostfriesland treffen, aber sind sie oft skeptisch und bisweilen starrsinnig.
Das ist auch gut so! Wären sie nicht so starrsinnig, gäbe es heute im Rheiderland ein Atommüllendlager und im Oberledingerland würden Flugzeuge der Bundeswehr zu Übungszwecken Bomben abwerfen. Auch heute noch wird den Ostfriesen_innen von Bundes- und Landesregierung etliches zugemutet. Da werden riesige Kavernen unter Wohngebieten angelegt und in der Ems wird gebaggert, „was das Zeugs hält”. In vielerlei Hinsicht könnten die Ostfriesen_innen ruhig ein wenig widerspenstiger sein. Manches aber zeugt auch davon, dass es in Ostfriesland viele Käuze gibt.
Das Buch ist in 22 kurze Kapitel zu unterschiedlichen Themen unterteilt. Sie hängen zusammen, lassen sich aber auch jedes für sich lesen. Für das Schreiben des Buches habe ich nicht nur das Übliche wie Literatur, Originalquellen und Statistiken herangezogen, sondern über mehr als ein Jahr die größte Lokalzeitigung Ostfrieslands, die Ostfriesen-Zeitung, ausgewertet. In mancher Hinsicht kritisiere ich die Zeitung, viele Artikel aber waren absolut lesenswert. Dank sagen möchte ich insbesondere denjenigen, die Fotos zum Buch beisteuerten und nicht zuletzt all denen, die mich während des Entstehungsprozesses mit Rat und Tat unterstützten.
Helga Ostendorf
1.
„Menschen, die aus Deutschland zu uns kommen”
Ostfriesische Identität
Die Ostfriesen-Zeitung schrieb über den Bundesliga-Fußballer Jan Kirchhoff, er sei „halber Ostfriese” (OZ 9.1.2013). Dabei ist Kirchhoff weder in Ostfriesland geboren, noch dort aufgewachsen. Sein Vater stammt von dort, ist aber schon vor der Geburt des Sohnes ins Hessische verzogen. Der Status „Ostfriese” scheint auf ewig vergeben zu werden und sogar vererblich zu sein. Aber wie lange muss jemand ohne ostfriesische Wurzeln im Land wohnen, um dazu zu gehören? Nach den Erfahrungen des Emder Superintendenten der evangelisch-lutherischen Kirche dauert es fünf bis zehn Jahre. Dies dürfte anderswo genauso sein. In Ostfriesland aber geht es um mehr: Es gilt das Eigene zu bewahren und vor fremden Einflüssen zu schützen. Dabei war Ostfriesland immer schon ein Einwanderungsland und ist es auch heute noch.
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