Der Flug von Taschkent nach Bischkek war dann wieder eine grössere Herausforderung. Wegen diversen Berichten von terroristischen Tendenzen im Ferghanatal wurde es mir mulmig, mit einem Kind dort durchzufahren. Es haben sich etliche Usbeken, Kirgisen und Kasachen dem ISIS, dem Islamischen Staat, angeschlossen. Ich wusste, dass das Ferghana Valley eine sehr konservative und religiöse Region ist. Ausserdem ist das Tal auch nicht unbedingt eine Reise wert. 1994, 1995, 1996 und 1997 reiste ich dort durch. Diesmal musste es nicht unbedingt noch einmal sein. Es hat eigentlich keine grösseren Sehenswürdigkeiten, abgesehen vom Basar in Osch. Und ähnliche Basare werden wir in Samarkand, Buchara, Dschalalabad und Bischkek auch noch sehen. Eine Fahrt im Nachtzug mit all den Strapazen für eine Fahrkarte wollte ich uns denn auch deshalb ersparen.
Auf www.caravanistan.com, dem Silk Road Travel Guide eines Belgiers und seiner kasachischen Frau, wurde ich fündig. Saule gab mir die Adresse eines vertrauenswürdigen Reisebüros in Taschkent, und ich buchte unsere Flüge von Taschkent nach Bischkek.
Nun fehlte uns nur noch ein Auto. Und das hatte der Amerikaner Ryan von Iron Horse Nomads ( https://ironhorsenomads.com/). Ich buchte für sieben Wochen einen grossen Ford Focus Stationwagon.
Auf ganz Kirgistan verteilt habe ich überall Freunde. Seit meinem Pioniertrekking 1993 habe ich allen jedes Jahr an Weihnachten einen Brief geschrieben. Immer mehr haben unterdessen sogar ein Smart Phone. Ich wollte alle abklappern, jedem einen längeren Besuch abstatten. Der öffentliche Verkehr ist chaotisch bis nicht existent. Die Benzinversorgung war das allerdings früher auch. Habe mir jedoch sagen lassen, dass es zwei Jahrzehnte später nun überall russische Tankstellen gäbe. So gibt es für uns nur eins, wir möchten flexibel sein und selber fahren.
Das hätten wir.
Es kann losgehen.
Easy Rider auf der Seidenstrasse. Auf den Spuren Dschingis Khans!
Der Bobby Car kommt erst später dazu...
Da man im Iran nicht mit amerikanischen Kreditkarten bezahlen kann, ist die Hotelsuche erschwert. Die amerikanischen Portale machen nicht mit. Unser iranischer Freund hat für uns zwei Hotels im Iran gebucht und mit seiner Bankkarte bezahlt. Wir werden es ihm bar zurückzahlen. Kaschan hat unglaublich schöne Hotels. Schauen Sie im Internet und schreiben Sie eine E-Mail. Wir haben also viel Bargeld dabei. In Bauchtäschchen, die in unsere Jeans eingenäht sind.
In Turkmenistan und Usbekistan gibt es viele tolle Hotels, auch auf den gängigen Internetportalen. In Kirgistan gibt es überall private Zimmeranbieter. Die Schweizer Entwicklungsorganisation Helvetas hat ein Netz von privaten Bed and Breakfasts aufgezogen, es nennt sich “CBT”: Community Based Tourism. Einfach losreisen und unterwegs vorbeischauen oder für den nächsten Ort reservieren.
Preise für unsere Dreierzimmer in USD von 2015, ohne Gewähr:
Robad Karim |
privat |
|
Kashan |
Hotel Mahinestan Raheb |
100.00 |
Abyaneh |
Hotel Viuna |
60.00 |
Isfahan |
privat |
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Maschhad |
Valy’s Homestay (dreckig!) |
25.00 |
Aschgabat |
Hotel Ak Altyn |
110.00 |
Buchara |
Hotels Amulett und Amelia |
80.00 |
Samarkand |
privat und Hotel Bibi Khanym |
65.00 |
Taschkent |
Gulnara’s Guesthouse |
45.00 |
Bischkek |
privat |
|
Toktogul |
Bed and Breakfast Azamat |
30.00 |
Dschalalabad |
privat |
|
Arslanbob |
CBT Zunayda’s Homestay |
30.00 |
Sary Tschelek |
privat |
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Tscholpon Ata |
Pegasus Guesthouse |
40.00 |
Ananjevo |
privat |
|
Karakol |
privat |
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Bokonbajevo |
CBT Jurtencamp Aida |
50.00 |
Dykan |
privat |
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Son Kul |
CBT Jurtencamp |
50.00 |
Antalya/Belek |
Gloria Verde Resort |
120.00 |
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Spice Hotel |
120.00 |
Pro Person, entweder in den Koffer oder am Körper:
2 Hosen
2 Pullis, ein dünner und ein dicker
1 Jacke
1 winddichte Regenjacke
7 Unterhosen, 1 lange Unterhose
7 Paar Socken
7 T-Shirts
1 Badehose
1 Shorts
Schal, Kappe, Handschuhe
Flip-Flops oder Sandalen
Turnschuhe
für mich 2 schöne Sommerkleider und Foulard (als Kopf- oder Halstuch)
Toilettenartikel
Sonnencrème und Insektenmittel
Sackmesser
Taschenlampe und Stirnlampe
Handys, Kabel, Adapter, USB-Stick
Apotheke mit Mittel gegen Durchfall, Halstabletten, Nasenspray, Augentropfen, Bepanthen, Kopfwehtabletten, Ibuprofen,
Händedesinfektionsgel, Erfrischungstücher, Wunddesinfektion, Pflaster, Mefenacid 250 mg gegen Schmerzen und Fieber, Wasserpurifikationstabletten, Einwegspritzen, Magentabletten, Asthmaspray und Reserve
Tagesrucksack, Kamera, Tagebuch, Handtasche
Daunenschlafsäcke
Kinderrucksack mit Spielsachen und Spielen
Iran: Roban Karim und Kaschan
Sofort erkenne ihn wieder.
Imam Khomeini Flughafen, 2. April 2015. Er mich auch, obwohl ich ein Kopftuch trage. Aber das trug ich ja auch im Jahre 2000, als ich ihn und seine Frau Fatheme kennengelernt habe. Ich bin damals von Türkisch Kurdistan nach Iranisch Kurdistan gereist und über Lorestan nach Isfahan und weiter ans Kaspische Meer. Abbas wollte uns unbedingt zu sich nach Hause einladen. Wir haben diese überaus herzliche Einladung abgelehnt, weil wir uns vorgenommen haben, jede dritte Nacht in einem Hotel zu übernachten. Einladung, Einladung, Hotel. Einladung, Einladung, Hotel. Wir waren damals sechs Wochen durch den Iran gereist, es war unser fünftes Mal, und wir hätten jeden Abend Gäste sein können. Jeder wollte uns einladen. Wir fingen aber an, unsere Privatsphäre zu vermissen, wollten wieder einmal nackt auf dem Bett liegen, unter uns sein. Und haben so mehrere Leute sehr enttäuscht.
Abbas hat mir immer wieder geschrieben, er war zweimal Vater geworden und wollte mich nun doch endlich einladen!
“Fausta?” sprach er mich an.
“Abbas!”. Ich möchte ihn umarmen, aber er blinzelt mir zu und umarmt meinen Mann Christian. Im Iran sollte man keine Zärtlichkeiten in der Öffentlichkeit austauschen. Nur Männer geben sich die Hände. Soll mir auch recht sein. Ich stelle Abbas meinen Mann und unseren noch nicht ganz fünfjährigen Sohn Corsin vor und er führt uns in die Parkgarage zu seinem Auto, wo seine Frau Fatheme und seine Töchter Niloofar, 15, und Nastaran, 7, auf uns warten.
Zum Glück müssen wir nicht in den Moloch Teheran, die 8-Millionen-Einwohner-Hauptstadt des Irans. Abbas und seine Familie wohnen in der Stadt Robad Karim, ausserhalb der Kapitale, ganz in der Nähe des internationalen Flughafens. Sie haben eine saubere kleine 2-Zimmerwohnung mit grosser Wohnküche und Bad.
Nastaran und Corsin werden sofort Freunde. Obwohl er das fremde Mädchen absolut nicht kennenlernen wollte, als ich ihm von ihr erzählt habe. Und sie hat, gemäss Abbas, Corsin auch nicht treffen wollen, sie hat nicht mal zum Flughafen mitkommen wollen, sie wollte sich gar bei einer Tante verstecken vor dem angekündigten Besuch aus der Schweiz. Das ist vorbei und vergessen. Die zwei verstehen sich, als kennen sie sich schon seit Jahren. Sie wollen gar nicht mehr aufhören zu spielen und balgen.
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