Er seufzte auf. »Dann hat sie mir ihre wunderbar weiche und sehr gepflegte Hand, mit den schön lackierten Nägeln, ganz leicht auf den Unterarm gelegt und gemeint. »Sie sind da ganz anders. Endlich mal jemand, mit dem ich auf der gleichen Wellenlänge liege. Ich freue mich so, sie kennengelernt zu haben.«
Hetty schüttelte leise den Kopf. Das kam davon, wenn man von der Natur mit einem von Testosteron regierten Körper ausgestattet war, der die Gehirnzellen nach unten verlagerte, sobald eine gutaussehende Frau vor einem auftauchte.
Der Mann sah sie an und zuckte mit den Schultern. »Ja ich weiß, ich bin ein Volltrottel. Aber ich habe es mit Stumpf und Stiel gefressen. Mann, das ging mir runter wie Öl. Und ich habe sie eingeladen am Abend mit mir Essen zu gehen. Im ersten Moment noch ganz ohne Hintergedanken, ich wollte nur weiter ihre Gesellschaft genießen. Aber als sie dann tatsächlich zugesagt hat, habe ich natürlich überlegt, ob es auch ein Mehr geben könnte.«
Kais rechter Mundwinkel hob sich. »Wer hätte da nicht überlegt.«
Sein Gegenüber nickte. »Ich habe meiner Frau erzählt, ich hätte eine Besprechung mit dem Direktor und habe Vanessa in eines der feinsten Lokale ausgeführt, das wir haben. Als ich sie abgeholt habe, hat sie gemeint, wir sollten doch endlich Du zueinander sagen und ich habe natürlich eingewilligt.
Nach dem Essen gingen wir in eine Bar und als ich sie in das Hotel zurückbegleitete, war sie leicht beschwipst. »Ich brauche deinen starken Arm, sonst komm ich nicht heil in mein Zimmer. Es macht dir doch nichts aus, mich zu begleiten.«
Er lachte laut auf. »Eigentlich hätte sie mich führen müssen, denn ich hatte weiche Knie. Sie hat mich ins Zimmer gebeten und gemeint, ein kleiner Absacker wäre doch jetzt genau das Richtige und dann mit einem Aufseufzen gesagt: »Hast du etwas dagegen, wenn ich etwas Bequemeres anziehe?«
»Nach fünf Minuten war sie wieder zurück und hatte etwas Chiffonartiges an, das mehr herzeigte, als es bedeckte. Und sogar ich habe kapiert, dass ich diese Einladung annehmen sollte. In den frühen Morgenstunden schlich ich mich aus ihrem Zimmer und habe dabei gut aufgepasst, dass mich niemand sieht. Meine Frau hat glücklicherweise nicht mitbekommen, wie spät es war und so musste ich ihr beim Frühstück nur die Frage beantworten, was der Direktor alles erzählt hatte. Das war kein Problem, denn er hält immer dieselben Vorträge und ihr ist nichts aufgefallen. Aber ich war wie im Fieber und habe gezittert wie Espenlaub, als ich in die Arbeit gefahren bin. Wie würde Vanessa sich weiter verhalten? Würde sie feststellen, dass sie einen Fehler gemacht hatte und mir aus dem Weg gehen? Tausend Fragen brannten mir auf der Seele, aber alle Sorgen waren umsonst.
Denn ich war kaum eine halbe Stunde da, da kam von der Rezeption die Aufforderung. »Die Frau von Zimmer 415 hat schon wieder ihren Safeschlüssel verlegt. Du sollst kommen und Hilfestellung leisten.«
Er zuckte mit den Schultern. »Natürlich war das nur ein Vorwand und kaum war ich durch die Türe, da lagen wir auch schon auf dem Bett. Allerdings hat die durchwachte Nacht ihren Tribut gefordert und ich bin hinterher eingeschlafen. Sie hat nur gelacht, als ich mich beim Aufwachen dafür entschuldigt habe und gemeint, das würde davon kommen, dass ….«
Der Mann brach ab. Jetzt wurde es dann doch etwas zu intim und Kai machte eine wegwischende Handbewegung. »Ich kann mir den Rest denken. Und ab da lief dann wohl immer unter Tags etwas, oder? «
Sein Gegenüber sah ihn verblüfft an. »Woher wissen sie das?«
Hetty, die sich die ganze Zeit zurückgehalten hatte mischte sich ein. »Ganz einfach. Unter Tags sind die meisten Gäste unterwegs und die Zimmer leer. Also ideal für einen schnellen Einbruch. Sie hat dafür gesorgt, dass die Stelldichein mit ihr so anstrengend waren, dass sie hinterher ein kleines Schläfchen brauchten und ist in der Zwischenzeit mit ihrem Schlüssel um die Blöcke gezogen. Vermutlich hat sie ihnen auch immer etwas zu Trinken angeboten, oder?«
Sein Nicken war Bestätigung genug.
»Wahrscheinlich waren da gering dosierte K.-o.-Tropfen drin, damit sie nicht aufwachten, bevor sie zurück war. Und ich lege auf der Stelle jetzt hundert Euro auf den Tisch und wette, dass der erste Diebstahl ein paar Stunden nach dem ersten heißen Vormittag mit ihr entdeckt wurde?«
Der Mann seufzte. »Erst am nächsten Tag, aber wohl nur deshalb, weil die Leute ihren Safe nicht früher geöffnet haben. Wenn es sofort passiert wäre, hätte ich sicher noch überlegt. Aber so stellte ich keinen Zusammenhang her. Ganz abgesehen davon, dass ich einesteils vor lauter Glück hätte singen können, auf der anderen Seite aber den Stress mit den Diebstählen und der Polizei hatte und da war dann da auch noch meine Frau, die ich hinterging. Es prasselte soviel gleichzeitig auf mich herab, dass ich ehrlich gesagt, keine Sekunde Zeit hatte, um mal einen klaren Gedanken zu fassen.«
Kai brauchte noch eine Information. »Sie hatten ihren Zentralschlüssel immer bei sich, wenn sie bei ihr waren?«
Er nickte. »Jawohl, der ist immer am Mann. Auch wenn ich Zuhause bin. Es wäre zu gefährlich, wenn er irgendwo aufbewahrt würde, wo jeder hinkann.«
Sein Lachen klang gequält. »Eigentlich bin ich ein sehr verantwortungsbewusster Mensch.«
Kai schenkte ihm ein leises Lächeln. »Die sind am angreifbarsten. Denn jemand wie sie, hat keine Vorstellung davon, welch üble Spiele die Mitmenschen treiben können.«
Er wandte sich an Hetty. »Hol bitte mal die Kopie vom Gästebuch, damit wir ihren Namen und die Unterschrift haben.«
Während Hetty draußen war, gab er noch einen Tipp unter Männern ab. »Kommen sie nur nicht auf die Idee, ihrer Frau den Vorfall zu beichten. Das bringt ihr nur Kummer und ihnen vielleicht die Scheidung. Haken sie das Ganze als Lebenserfahrung ab.«
Sein rechter Mundwinkel hob sich. »Und vergessen sie nicht, welchen Spaß ihnen die Sache gemacht hat. Immer dran denken – sie mussten noch nicht mal zahlen und für die Leistung fliegen ganze Familien wochenlang in den Urlaub.«
Zum ersten Mal seitdem er das Zimmer betreten hatte, hob der Mann den Kopf. Ein kleines Lächeln zog über sein Gesicht, als er meinte. »Sie war echt scharf.«
Kai grinste. »Sehen sie, und das behalten sie als Erinnerung, wenn die Nächte mal kühl sind und ihre Frau schon schläft.«
Hetty, die mit der Gästeliste zurückkam, bemerkte verblüfft, dass inzwischen eine ausgesprochen gute Stimmung im Raum herrschte und wechselte einen raschen Blick mit Kai. Der blinkerte ihr zu und sie hatte eine leise Ahnung welche Art von Aufmunterung er dem Mann mitgegeben hatte.
Sie breitete die Kopien auf dem Tisch aus. »Man kann die Unterschriften schlecht entziffern, welche ist die von Vanessa?«
Der Mann tippte auf eine schwungvolle Buchstabenfolge und sagte. »Die da.«
Damit war er entlassen und Kai begleitete ihn noch zur Türe. Als sich die hinter ihm geschlossen hatte, meinte Hetty. »Also unter uns zwei gesagt – die Dame verdient sich ihr Geld echt durch harte Arbeit.«
Kai zuckte mit den Schultern. »Tja, solche Frauen stehen da drüber. Und vielleicht legt sie ja wirklich keinen Wert auf Äußerlichkeiten und findet innere Werte viel wichtiger.«
Hetty brach in schallendes Gelächter aus. »Aber sicher nur die der Safes.«
Eine letzte Überprüfung stand noch an. In ihrem Zimmer holten sie die Kopien der anderen Gästebücher hervor und verglichen die Unterschriften.
Kai zeigte auf einen Eintrag. »Anscheinend bevorzugt sie Namen mit V. Hier diese Verena hat doch genau dieselben Schnörkel.«
Hetty nickte und hielt ihm das nächste Blatt hin. »Du hast recht – hier gibts eine Vivian.«
Sie stöberte weiter. »Violetta, Vlada, Veronika – ich habe gar nicht gewusst, dass so viele Frauennamen mit dem Buchstaben existieren.«
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