Fidel Castro wurde zum Tode verurteilt und nur aufgrund des öffentlichen Drucks konnte die Todesstrafe in eine 15jährige Haftstrafe umgewandelt werden. 1955 kamen die "Moncadas" inklusive der Castros aufgrund einer Amnestie frei. Sie gingen ins Exil nach Mexico. Hier planten sie mit anderen Exil-Kubanern den nächsten Versuch, Batista zu stürzen. Hier stieß auch Ernesto Guevara zu ihnen, der Argentinier, den heute alle unter dem Namen "Che" kennen. Im Dezember 1956 brachen 82 Revolutionäre mit der Motoryacht "Granma" von Mexiko auf. Sie landeten an der Südküste Kubas, in der Nähe von Santiago. Hier wurden sie aber bereits von Regierungstruppen erwartet. Irgendwie hatte der kubanische Geheimdienst von den Plänen Wind bekommen. Im Kugelhagel starben 66 Rebellen. 16 überlebten, unter ihnen die Castros, Ernesto Guevara und Camilo Cienfuegos. Sie flüchteten und verschanzten sich in der Sierra Maestra, dem Gebirge im Süden Kubas. Nachdem sie Mitstreiter gefunden hatten, die unter dem Joch der Diktatur litten, wurden nach und nach kleine militärische Erfolge eingefahren. Diese wurden immer größer. Als sich nach über einem Jahr sogar die USA von ihrem Verbündeten Batista abwandte und keine Waffen mehr lieferte, war es eigentlich schon um Batista geschehen. Er schickte zwar noch einmal 12.000 Regierungssoldaten gegen die Castros. Diese desertieren aber mehrheitlich. Am Ende wurde das letzte Aufgebot des Diktators im legendären Gefecht von Santa Clara unter dem Kommando von Che Guevara besiegt. Es war inzwischen Ende Dezember 1958. Am 31.Dezember floh Batista und verließ das Land, allerdings nicht ohne die Staatskasse zu plündern.
Die Revolution hatte gesiegt. Jetzt war es an der Zeit eine neue Regierung zu bilden. Nach ein paar Wochen übernahm Fidel Castro das Amt des Ministerpräsidenten und leitete radikale Reformen ein. Bessere Arbeitsbedingungen, höherer Mindestlohn, niedrigere Mieten, Preisreduzierungen für Strom und Telefon. Dazu ein Ausbau eines kostenfreien Gesundheitswesens, das einen Anstieg der Ärzte um das 10-fache brachte. Auch das Schulsystem wurde auf neue Beine gestellt. Bildung wurde umsonst und flächendeckend angeboten. So haben die Kubaner für mittel - und südamerikanische Verhältnisse die geringste Quote an Analphabeten und eine der höchsten Lebenserwartungen durch die gute medizinische Versorgung. Die Slums in den Randbezirken Havannas wichen Plattenbauten nach osteuropäischen Vorbild. So gut wie jeder hatte bald ein festes Dach über dem Kopf. Großgrundbesitzer und ausländischer Besitz wurde enteignet und dem kleinen Mann für seine Bedürfnisse überlassen.
So gesehen, hat sich für die Bevölkerung in dieser Zeit vieles zum Positiven gewendet. Die USA war über diese Entwicklung nicht erfreut und strafte Kuba mit einem Handelsembargo. Kuba wandte sich Russland zu, dem ein Verbündeter direkt vor der Haustür der Vereinigten Staaten natürlich sehr gelegen kam.
Die besseren Lebensumstände der Menschen mussten allerdings auch finanziert werden. Russland, Venezuela und noch ein paar weitere Staaten waren viele Jahre wichtige Geldgeber Kubas. Als der Ostblock nach 1989 zerbrach, fielen auch die Geldmittel, zum Beispiel aus Russland, weg. Nach und nach wurde die Wirtschaftslage immer schlechter. Devisen mussten her, um den Sozialismus zu finanzieren. Man kann darüber streiten, ob ohne Embargo und mit anderen Mitteln das System zu retten gewesen wäre. Doch wie war es in den ehemaligen Ostblockstaaten zu jener Zeit? Auch hier hätte sich das System nicht mehr lange getragen, weil der Fortschritt ausblieb. Genauso war es in Kuba. Falsch, es ist immer noch so. Sie haben es bloß länger hinauszögern können. Eigentlich schade, wenn man an die guten Dinge denkt, die aus der Revolution entstanden sind. Doch selbst Fidel Castro gab vor einigen Jahren zu, dass das System nicht funktioniert. Er stellt sich damit hinter seinen Bruder Raul, der seit 2008 das Präsidentenamt des Staats- und Ministerrates von Fidel übernommen hat. Dieser öffnet langsam das Land mit verschiedenen Reformen. Er lockert die staatliche Kontrolle der Wirtschaft und lässt privates Unternehmertum in immer mehr Berufen zu. Die großen Betriebe bleiben derzeit allerdings noch in staatlicher Hand. Die Belegschaft in Staatsbetrieben wurde verkleinert und privatwirtschaftliche Unternehmungen gefördert. Sogar der Erwerb von Land durch Ausländer ist in bestimmten Fällen möglich. Es wird spannend wie sich Kuba weiterentwickeln wird.
Ich hoffe, ich habe mich kurz genug gehalten. Wir kommen wieder zurück auf unsere Erlebnisse. Das Museum übt eine gewisse Faszination auf uns aus. Wenn man Geschichte so hautnah präsentiert bekommt und nicht nur in Büchern liest, bekommt man schon eine Gänsehaut. Wir sind selbst hier an Ort und Stelle, wo Fidel, Raul und Che ein- und ausgingen.
Ich habe gelesen, dass das Museum 1988 generalsaniert wurde. Die Vitrinen und Schränke scheinen manchmal, als wäre seit jener Zeit nicht mehr richtig saubergemacht worden. Das wundert uns sehr, ist es doch das Vorzeigeobjekt für die Heldentaten und Errungenschaften der aktuellen Regierung, die seit 55 Jahren den Staat lenkt.
Neben dem alten Regierungspalast mit seinem Museum befindet sich ein Park mit einer Halle. In ihr ist die Yacht "Granma" ausgestellt mit der seinerzeit die 82 Revolutionäre von Mexico nach Kuba übersetzten.
Nach dem politischen Vormittag spazieren wir durch die Altstadt in Ecken, die wir gestern noch nicht gesehen haben. Am Plaza de Armas befindet sich der größte Büchermarkt der Stadt. Es werden zwar fast ausschließlich Schriften von Marx, Engels, Fidel Castro und Che Guevara verkauft, aber die Atmosphäre ist einmalig. Es liegt ein "Hauch von Revolution" in der Luft. Oder hat der Museumsbesuch Spuren bei uns hinterlassen?
Wir besichtigen die "Catedral de San Cristobal", die ursprünglich von den Jesuiten der Jungfrau Maria geweiht wurde. Das mächtige Gebäude mit seinen zwei ungleich großen Türmen beherrscht den wohl schönsten Platz der Altstadt. Von 1796 bis 1898 waren hier angeblich die Gebeine von Christoph Columbus verwahrt. Allerdings weiß man das nicht so ganz genau. Auch wenn sozialistische Regierungen den Glauben nicht besonders hochhalten, so konnte Papst Johannes Paul II bei seinem Besuch im Jahr 1998 erwirken, dass der 25.Dezember wieder ein Feiertag geworden ist.
Die Häuser rund um den Plaza de la Catedral sind stattliche, spanische Kolonialhäuser mit dem Flair der spanischen Kolonialherren aus früherer Zeit.
Jetzt, am Nachmittag, wäre ein guter Kaffee recht. Am östlichen Ende des Platzes entdecken wir ein unscheinbares Geschäft mit Cafebetrieb. Der Name verheißt Gutes: "Casa del Café" Im Erdgeschoss können Kaffeebohnen und Rum erworben werden. Im Obergeschoss befindet sich eine kleine Cafébar. Im Laden riecht es sehr gut nach Kaffee. Wir bestellen einen Cafe con leche, den klassischen Milchkaffee. Er schmeckt herrlich. Im Hintergrund läuft kubanische Sonmusik. Das gefällt uns, weil es zum Ambiente passt. Beim Genuss des Kaffees können wir den Eindrücken nachhängen, die wir in den letzten Stunden förmlich aufgesaugt haben. Obwohl wir erst ein paar Tage auf Kuba verbracht haben, denken wir, dass wir schon recht viel von diesem Land wissen. Doch sicherlich werden die Erlebnisse der nächsten zweieinhalb Wochen unser Wissen und das Verständnis für Kuba und deren Menschen noch viel stärker erweitern.
Am Treppenaufgang des Cafés hängt ein Bild von Che Guevara mit einer Kaffeetasse in der Hand. Er war schon ein stattlicher und charismatischer Mann. Ich frage den Barmann, ob ich das Bild fotografieren darf. Ich bin nicht sicher, ob das Bild im Internet oder in Büchern zu finden ist. Er stimmt zu. Ich bin begeistert. Vielleicht kommt ein Abzug neben unsere Kaffeemaschine.
Nachdem wir das Café verlassen, machen wir uns auf den Weg zurück zum Parque Central. Elke wird spontan von einem Kubaner auf ihre Goldkrone angesprochen, als sie lacht und der Mund die weißen Zähne freigibt. Weiß bis eben auf die Goldkrone. Auch er hat eine. Es scheint ein Zeichen von Luxus zu sein.
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