Mit dem Tier soll ich in der Nacht hier schlafen?
Vielleicht fliegt es in der Nacht auf meinen nackten Körper oder versucht, in meinen vielleicht offenen Mund zu kriechen?
Pfui!!! Nein!!!
Aber wie soll ich es hier aus der Stube bekommen?
Das fasse ich nie an!
Womit soll ich es fangen?
Es kommt schon wieder unter den Hochbetten hervor, sieht mich und flitzt gleich wieder darunter. Da fällt zufällig mein Blick auf den Besen an der Wand. Flugs greife ich ihn mir, schaue unter das Bett, sehe das Tier, schlage mit dem Besen darauf und schleife es zur Tür.
Da fällt mir ein, dass ich ja nackend bin. Und in meiner Stube scheint das Licht. Aber das Tier muss zur Tür hinaus befördert werden! Also bleibt mir nichts anderes übrig, als nackend die Tür zu öffnen, zu hoffen, dass mich niemand sieht und fege mit hohem Schwung das – hoffentlich schon tote –Ungeziefer aus der Stube. Schnell verschließe ich die Tür.
Da sehe ich, dass unter der Tür ein ca. 1,5 cm hoher Spalt quer offen steht. Die Tür reicht also nicht bis zum Fußboden.
Na, das kann ja noch heiter werden! Bloß nicht daran denken!
Und jetzt soll ich versuchen, doch noch friedlich und selig einzuschlafen?
Für diesen Flug darf ich zwei Gepäckstücke á 32 kg mitnehmen. Um alle meine Packtaschen als ein Gepäckstück in das Flugzeug zu bekommen, hole ich mir meinen alten Seesack vom Boden. Für meine Papiere und Brillen ist meine Lenkertasche zuständig. Und die warme Jacke und ein Buch kommen in eine Plastiktüte.
Aber mein Fahrrad muss in einen Karton gesteckt werden. Und dazu soll ich meinem Reisebüro die Maße des Kartons angeben. Meine Tochter ruft mich aus Spanien an und rät mir, einen kleineren Mountainbike-Karton zu nehmen. Der ist besser zu transportieren. Die Laufräder werden rechts und links des Fahrradrahmens in diesen etwas breiteren Karton gesteckt. Also hole ich ihn mir, messe ihn ab, telefoniere die Maße an das Reisebüro durch und stelle den Karton erst einmal in den Keller. Familiäre Unpässlichkeiten lassen mir keine Zeit, mein Rad schon frühzeitig in den Karton zu stecken. Das kommt erst am letzten Nachmittag vor dem Abflug an die Reihe.
Mein Fahrrad habe ich in dem Fahrradgeschäft meines Vertrauens vollkommen durchchecken und an die Vorderradgabel Lowrider für die kleineren Packtaschen montieren lassen.
Als ich nun zielsicher meinen großen Fahrradkarton geöffnet vor mir stehen habe, will ich mein Vorderrad aus der Gabel lösen. Das geht aber nicht mehr. Die Montage der Lowrider befindet sich so dicht an der Schraube der Achse, dass ich sie nicht bewegen kann. Dann sehe ich mir den Fall mal genauer an und beginne, meinen Verstand einzuschalten.
Wenn ich das Vorderrad herausbekomme, wäre aber mein Rad trotzdem nicht kürzer, weil die Lowrider-Montage an der Vorderradgabel weit nach vorn zeigt.
Und das Hinterrad kann ich sowieso gleich dran lassen, weil ich darüber einen Gepäckträger habe und dazwischen das Schutzblech. So bleibt das Rad hinten auch genauso lang, wenn das Laufrad herausgenommen wird.
Also, was nun? Langsam fange ich vor Aufregung an zu schwitzen. Die Zeit läuft mir davon.
Ich eile die Treppen bis in das zweite Stockwerk hinauf in meine Wohnung und rufe das Fahrradgeschäft in meiner Nähe an. Ganz aus der Puste frage ich, ob sie einen längeren und stabilen Karton für mein Rad haben.
Ja, haben sie. Ich soll man gleich mit dem anderen Karton kommen. Der wird umgetauscht.
So aste ich den Karton immer abwechselnd mal rechts mal links auf meiner Hüfte 500 m dorthin und erhalte einen langen, den ich nach Hause schleife. Er ist einfach zu lang und zu schwer. Den kann ich kleine Person nicht hochheben und tragen.
Den Fahrradlenker löse ich und stelle ihn in Längsrichtung. Ich schraube die Pedalen los, stecke sie in einen kleinen Plastikbeutel und befestige diesen am Rahmen. Endlich kann ich das Fahrrad von oben in ganzer Länge in den schräg vor mir von Klaus-Otto gehaltenen Karton hinein heben. Nun schneide ich nur noch den Karton von oben an den Ecken ca. 20 cm ein, verkürze ihn durch Umklappen und klebe ihn mit viel breitem Klebeband zu. Endlich bin ich damit fertig. Das hat mich ganz schön schwach gemacht. Aber Stolz und Glück erfüllen mich beim Anblick des vor mir stehenden Produktes.
In der Zwischenzeit ist es schon 20.00 Uhr geworden.
Alle mitzunehmenden anderen Teile hole ich nach meinem Spickzettel aus den Schränken und lege sie auf mein Bett. Die stecke ich noch in die vier Packtaschen, schließe sie bis auf eine, in die ich am nächsten Morgen die Waschutensilien und etwas Essbares stecken möchte.
Das Zelt und der Schlafsack liegen auf dem Fußboden. Eine Schlaf- und Zeltunterlage werde ich mir in San Diego neu kaufen.
Vollkommen vom Hetzen geschafft, lege ich mich um 23.40 Uhr schlafen. Das hat mich viel Schweiß gekostet. Mein Kläuschen schläft schon längst tief und fest den Schlaf der Gerechten. Er lässt sich von meinem Gewühl gar nicht stören.
Schreck auf dem Flughafen
Am nächsten Morgen teilt mir mein Kläuschen mit, dass ich nicht, wie geplant, mit der Bahn mit meinen zwei großen sperrigen Gepäckstücken fahren soll, weil das Umsteigen am Hamburger Hauptbahnhof in einen entfernt stehenden Flughafen-Bus einfach zu umständlich ist. Auch der Weg von unserer Wohnung bis zum Bahnhof lässt sich nur mit einem Großraum-Taxi durchführen. Es ist bestellt.
Kläuschen, mein Mann, will mitkommen, um mir zu helfen, aber nur, wenn ich ein Taxi bestelle, das mein Gepäck und mich direkt zum Flugplatz Hamburg-Fuhlsbüttel bringt. Den anderen Zirkus will er nicht mitmachen. Er bietet mir an, alles zu bezahlen. Er erklärt mir, dass ich auf diese Weise auch noch eine Stunde früher am Flughafen ankomme, um das Einchecken in aller Ruhe abwickeln zu können. Ansonsten steht mir dazu nur eine kurze Zeit zur Verfügung. Gesagt, getan. Das eine Taxi wird ab- und das neue bestellt.
Dann stecke ich alle Teile in meinen großen Seesack, verschließe ihn und will gerade den Fahrradkarton aus dem Keller holen, als mein Taxifahrer klingelt. Pünktlich liegen kurz darauf mein verpacktes Fahrrad und der stramme Seesack im Kofferraum. Klaus-Otto und ich steigen ein. Der Taxifahrer bringt uns bis zum Flughafen Hamburg-Fuhlsbüttel.
Dort frage ich mich nach meinem Schalter durch und sage, dass ich mein Fahrrad und meinen Seesack schon einchecken lassen möchte. Ein Mann wird für diese Zwecke an mich abkommandiert. Er sieht sich den Fahrradkarton an und sagt mir gleich ins Gesicht:
„Der Karton ist viel zu groß. Der kann nicht mit.“
„Was? Der kann nicht mit? Darin befindet sich mein Fahrrad. Und das brauche ich für meine USA-Durchquerung. Auf einem anderen kann ich nicht fahren. Es ist für mich speziell angefertigt.“
„Na, dann wollen wir mal im Computer nachsehen, welche Maße Sie dort angegeben haben. Denn unser Flugzeug bis London ist nur klein. Das hat keinen so großen Laderaum.“
Er geht zum Schalter, sieht in den PC und kommt wieder.
„Sie haben aber ganz andere Maße angegeben, als sie dieser Karton vorweist.“
„Ja, damals hatte ich auch einen viel kleineren Karton. Aber als ich gestern Nachmittag mein Fahrrad darin verstauen wollte, ging es nicht. Ich musste mir vom Fahrradgeschäft diesen Karton holen und bin glücklich, dass ich es überhaupt verpacken konnte.“
Er guckt mich von oben bis unten an und sagt mit einem unbestechlichen Gesichtsausdruck:
„Das kann aber nicht mit. Das muss hier bleiben.“
„Nein, das geht nicht. Nur mit diesem Rad kann ich fahren. Ich kann mir in keinem Geschäft in Amerika ein neues Rad kaufen. Ich brauche dieses. Es muss irgendwie mit. Bitte, bitte, versuchen Sie doch, ob es geht.“
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