Hermine Stampa-Rabe
Spannt die Pferde vor den Wagen!
K i n d h e i t
E-book
Autobiographie
Bibliographische Information Der Deutschen Bibliothek: Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
Nachdruck verboten. Gerichtsstand ist Kiel.
© 2014 Hermine Stampa-Rabe
Georg-Pfingsten-Str. 19
24143 Kiel
Email: hermine.stampa-rabe@web.de
2. Auflage
Epubli Verlag
ISBN 978-3-7375-0264-1
Dieses Buch widme ich meinen drei Kindern
Olaf, Achim und Gudrun
Vorwort von Dr. h.c. Kai-Uwe von Hassel
Vorwort
Stargard in Pommern
1944
1945
Die Flucht aus Stargard in den Westen
Kalleby in Angeln, Kreis Schleswig-Flensburg
1946
1947
1948
1949
1950
1951
1952
Amrum, Insel in Nordfriesland
Sehnsucht nach Amrum
Mutters Rezepte
Rotraut Stampa
Vorwort von Dr. h.c. Kai-Uwe von Hassel
Dr. h.c. Kai-Uwe von Hassel
Bonn, den 21. Oktober 1987
Präs/Ge
Die Generation, die den Zweiten Weltkrieg – vielleicht sogar als Soldat – bewusst miterlebte, wächst ins Alter. Ihre Reihen lichten sich. Für den Überlebenden verblassen 42 Jahre nach Ende des Krieges langsam die Ereignisse.
Wer diese Erinnerungen Hermine Stampas heute liest – vier Jahrzehnte danach -, ist mit aller Deutlichkeit hineinversetzt in eine entsetzliche Zeit: des Zusammenbruches des Vaterlandes, der Millionen Gefallener, der vielen anderen Opfer, der Vertriebenen und Flüchtlinge mit deren Verlust ihrer Heimat, ihres Hauses und Hofes, ihrer Existenz, ihres Berufes. Hineinversetzt in die Zeit, da die Heimatlosen unruhig über den frei gebliebenen Teil eines Restdeutschland dahin zogen in der Hoffnung, vielleicht doch irgendwo wieder Fuß zu fassen.
Zu denen, die das alles miterlebten, zähle auch ich. Nur: Ich hatte das große Glück nach dem Verlust meiner ostafrikanischen Existenz, nach fünf Jahren Soldatseins, dort wieder Fuß fassen zu können, wohin ich nach der ersten Ausweisung unserer Familie aus der alten Geburtsheimat Deutsch-Ostafrika 1920 Aufnahme fand: in Glücksburg nämlich, in der Nähe der Heimat meiner Mutter – Apenrade, nur durch eine neue Grenze von ihrem Elternhaus getrennt.
Im Dezember 1945 wurde ich Beauftragter der Militärregierung beim Landkreis Flensburg, verantwortlich für Wohnungs- und Flüchtlingsfragen. Zwei Jahre war ich sechs Tage in der Woche im Kreise unterwegs. Es mögen an die 8000 Wohnungsfälle gewesen sein, die ich habe lösen müssen, 8000 Schicksale zogen an mir vorüber.
Fürwahr, man lernt dann die Not seines Volkes kennen. Diese zwei Jahre haben mein ganzes späteres Leben in der Politik geprägt: Als Ministerpräsident in der Gesamtverantwortung für sein Land, als Minister für Flüchtlinge, Vertriebene und Kriegssachgeschädigte für den so geschlagenen Bevölkerungsteil; vor allem aber als Bundesminister der Verteidigung in dem ständigen Bemühen, dass ein solches Unglück – ein Weltkrieg – nie wieder passieren dürfe; aber auch, dass wir die Pflicht hätten, zu verhindern, dass sich die von Hermine Stampa beschriebenen Ereignisse (mit Sowjetrussen) im freien Teil der Welt je wiederholen könnten.
1946 traf ich in meiner dienstlichen Funktion, zunächst als der Wohnungsmann, dann als der Leiter des Kulturringes des Landkreises, die Familie Stampa in Kalleby: Hermine, damals wohl sechs Jahre, in der großen Kinderschar; den unglaublich erfinderischen Vater, die Mutter: Alle in für uns heute unvorstellbaren Verhältnissen. Auf engstem Raum zusammengedrängt, nur mit dem allernotwendigsten versehen, mit nur spärlich aufzubessernden Lebensmittelkarten. In jeder Beziehung: einfach, nahezu primitiv, die materiellen Grenzen denkbar eng gezogen. Bedrückend, und doch: Eine Familie, die das alles bewunderungswürdig trug, die nie klagte, die mit ihrer Enge, ihren primitiven Lebensverhältnissen fertig wurde. Die Kinder immer fröhlich, die Eltern vorbildliche Leitfiguren dieser großen Familie. In wohlhabenden Verhältnissen, in geordneter Umgebung, in gesicherter Zukunft kann man sehr wohl fröhlich dreinschauen. In Not und Elend, mit der Bitternis verlorener Heimat, am Fluchtrand die gestorbene kleine Tochter, zurückgelassen in ferner Erde, und dann noch fröhlich, tapfer in die Zukunft schauen, nicht nach dem Staat rufen, nicht anzuklagen, sondern selbst wieder ein Leben aufzubauen ! Das war vorbildlich; es hat mir damals großen Respekt abgenötigt.
Hermine Stampa beschreibt diese Zeit; minutiös sehen wir hinein in ihre Gedankenwelt, in die intakte, so gut geführte und betreute Familie mit ihrer großen Kinderschar. Ja, für die nachfolgenden Generationen lohnt es sich zu lesen, was ihre Vorfahren – die Nachkriegsgeneration – erlebte, durchmachte, aufbaute und zu lernen von denen, die damals dem Morgen begegneten mit Mut. Für sie galt das Wort:
V O L U N T A S F A C I T S P E M -
„ Der Wille schafft Hoffnung „.
gez. Kai Uwe von Hassel
Mein Vater, Joachim Stampa, bat um einen möglichst genauen Bericht unserer Flucht aus Stargard, um ihn bei seinem fünften Buch über unsere Heimatstadt Stargard, das er in Arbeit hatte, zu verwenden.
Da mein Bruder Hermann einen sehr guten und bebilderten Bericht als Abschlussarbeit für den Amrumer Aufbauzug geschrieben hatte, fragte ich bei ihm an. Aber er sagte nur kurz: "Den habe ich sofort, als ich ihn von Amrum zugeschickt bekam, verbrannt. Davon wollte ich nichts mehr wissen."
So fasste ich mir ein Herz und fing mit Mutters Hilfe an, alles so gut wie möglich aufzuschreiben. Mutter bestand darauf, über ihre Vergewaltigung zu schreiben. Leider verstarb mir mein Vater am 06. Dezember 1986, bevor ich ihm den Bericht zu Weihnachten schenken konnte. Ich war untröstlich.
In der Meinung, diesen Bericht nicht verfallen zu lassen, machte ich mich an die Arbeit, die vielen Erlebnisse meiner Kindheit von vor der Flucht und nach der Flucht noch hinzu zu schreiben und setzte mich einfach mal an meine kleine alte Schreibmaschine, um dieses Gut meinen drei Kindern zu hinterlassen.
Als ich alles so einigermaßen fertig hatte, schenkte ich auch meinen beiden liebenswürdigen Bauersfrauen aus Kalleby, Frau Thea Hansen, verw. Struve, und Frau Jürgensen je ein erstes Exemplar als Dankeschön.
Daraus entwickelte sich mit Hilfe von Sigmar Rach, Georg Jürgensen, Elisabeth Hoeck, geb. Jürgensen, ihres Ehemannes Ernst Hoeck, Ingeborg Henningsen, geb. Jürgensen, Hans-Henning Jürgensen, Thea Hansen, verw. Struve, Gretchen Claußen, Willy Sachtler, Helmut Stampa, einigen kleinen Auszügen aus der Chronik über Kalleby von Markus Martensen und Aufzeichnungen meines Vaters, die ich teilweise erst 1995 erhielt, das jetzt vorliegende kleine Büchlein als 2. Auflage. Ich danke Ihnen allen für ihre wertvolle Hilfe. Ganz besonderer Dank gebührt Frau Thea Hansen, verw. Struve, für Ihre damalige Hilfeleistung uns gegenüber.
Die Verfasserin
Dank sage ich meinen Eltern
Joachim Stampa und Christa Stampa geb. Teske
für sieben unbeschwerte Kinderjahre.
Wie fröhlich bin ich aufgewacht.
Wie hab' ich geschlafen so sanft die Nacht.
Hab Dank im Himmel, oh Vater mein,
dass Du hast wollen bei mir sein.
Nun sieh auf mich auch diesen Tag,
dass mir kein Leid geschehen mag.
Mutter ging von Bettchen zu Bettchen, weckte uns Rasselbande, faltete unsere kleinen Hände und betete mit uns jeden Morgen unser Morgengebet. Danach wurden wir gewaschen und angezogen.
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