Die Tür öffnete sich mit einem Ruck und Kirsten eilte im Parkhaus auf ihren Wagen zu. Trotz der strikten Sicherheitsvorkehrungen fühlte sie sich immer beklommen hier unten so alleine. Per Fernbedienung öffnete sie das Auto, stieg eilig ein und verriegelte den Wagen von innen. Hoffentlich war auf dem Heimweg nicht viel Verkehr, denn nüchtern war sie irgendwie nicht, auch wenn sie keinen Alkohol getrunken hatte. Vermutlich war das das erste Mal, dass sie die Weihnachtsfeier selbst fahrend hinter dem Steuer des Autos verließ, dachte sie schmunzelnd, völlig champagnerfrei, aber dennoch berauscht.
Sie fuhr die Rampe hinauf und hielt wenige Meter nach dem Passieren der Schranke abrupt an, denn Christoph stand winkend am Straßenrand. Sie ließ das Fenster herunter und spürte wieder ihr Herz, das arme, das heute so viel mitmachen musste. Buppbupp, Buppbupp.
„Ich wollte dir nur eine gute Nacht wünschen und drinnen läuft eine Kamera.“
Heimlichtuerei! Wie fühlt sich das an, he? Nicht gut, was?
Er lächelte sie atemlos und aufgeregt an, sein Atem zeichnete sich in der kalten Winterluft ab und ihr schwante, dass dieses Lächeln sie viel mehr in seinen Bann zog, als es sollte, viel mehr, als es ihr und ihrer Ehe gut tat. Ein läppisches Küsschen und schon bist du sein größter Fan. Erbärmlich!
„Darf ich dir noch einen Gutenachtkuss geben?“, fragte er lächelnd. Er hatte sich spontan dazu entschlossen, schließlich schien die Überrumpelungstaktik bei ihr aufzugehen Was hätte er nicht alles gegeben für einen weiteren Kuss von ihr!
Sie nickte nur und er beugte sich durch das geöffnete Fenster in das Wageninnere.
Dieses Mal erwiderte sie den Kuss um einiges schneller und so geriet der Gutenachtkuss ein wenig zu intensiv, um danach noch gut schlafen zu können. Um ein Haar hätte sie ihn ins Auto gebeten, und nicht auszudenken, welchen Verlauf der Abend dann genommen hätte.
„Wann sehen wir uns wieder?“, fragte er ungeduldig, er schlang sich die Arme um den Oberkörper und rieb die Schuhe aneinander. Seine Wangen röteten sich bereits etwas.
Zeit gewinnen, Mädchen! Erst einmal die vielen Hormone ausschwitzen und auf den Boden der Tatsachen aufschlagen!
„Ich ruf dich an“, seufzte sie.
„Du hast meine Nummer noch gar nicht.“
Er kramte in seinem Jackett nach Papier, doch er fand nichts. Sie holte einen alten Parkschein und einen Stift aus der Seite ihrer Tür und reichte ihm beides. Eilig kritzelte er seine Nummer auf das Stückchen Papier und gab es ihr mit einem verlegenen Lächeln, zweifelnd darüber, ob sie ihn wohl jemals anrufen würde.
„Danke. Gute Nacht.“ Sie legte den ersten Gang ein und löste die Handbremse.
„Schlaf schön.“
Er trat vom Auto zurück. Lächelnd fuhr sie an und sah ihn langsam im Rückspiegel verschwinden. Ihr Herz schlug wilde Kapriolen – was für ein Abend. Ob du ihn wohl jemals anrufen wirst?
Zu Hause angekommen kochte sie sich noch einen Tee, den sie sich mit ins Badezimmer nahm. Sie betrachtete sich lange nachdenklich im Spiegel. Wer bist du eigentlich? Zu was bist du fähig? Was geht in dir vor? Hast du das so geplant? Was hat dich dazu gebracht, ihn dazu zu bringen, es zu tun? Was hast du dir dabei gedacht und was gedenkst du nun zu tun?
Sie fuhr sich mit dem rechten Zeigefinger über die Lippen, als könne sie dabei den Kuss noch einmal spüren. Ein wohliger Schauer huschte ihr über den Rücken bei dem Gedanken daran und sie musste unbewusst lächeln.
Langsam zog sie sich aus, Stück für Stück. Nur in Unterwäsche ging sie ins Schlafzimmer und hängte das Kleid ordentlich auf den gepolsterten Bügel. Die durchsichtige Kleiderhülle ließ sie achtlos auf dem Fußboden liegen.
Zurück im Bad bürstete sie sich gedankenverloren das Spray aus den Haaren und begann, sich abzuschminken. Zuletzt griff sie zur elektrischen Zahnbürste und ließ sie im Mund kreisen.
So nüchtern und schlicht sah sie wieder aus wie die Kirsten, die sie kannte, die Kirsten, auf die sie sich immer hatte verlassen können, die Kopf-Kirsten, Florians Kirsten. Christoph weckte plötzlich eine nicht bekannte Seite in ihr, die Bauch-Kirsten, die ihren Empfindungen nachgab, die völlig unlogisch handelte und sich selbst widersprach.
Sie musste über diese Kirsten, Christophs Bauch-Kirsten, die Oberhand gewinnen und sie tief vergraben im Kopf von Florians Kopf-Kirsten.
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