PROLOG
Kapitel I
Kapitel II
Kapitel III
Kapitel IV
Kapitel V
Kapitel VI
Kapitel VII
Kapitel VIII
Kapitel IX
Kapitel X
Kapitel XI
Kapitel XII
Kapitel XIII
Kapitel XIV
Kapitel XV
Kapitel XVI
Kapitel XVII
Kapitel XVIII
Kapitel XIX
Kapitel XX
Kapitel XXI
Kapitel XXII
Kapitel XXIII
Kapitel XXIV
Kapitel XXV
Kapitel XXVI
Kapitel XXVII
Kapitel XXVIII
Kapitel XXIX
Kapitel XXX
Kapitel XXXI
Kapitel XXXII
Kapitel XXXIII
Kapitel XXXIV
Kapitel XXXV
Kapitel XXXVI
Kapitel XXXVII
Kapitel XXXVIII
Kapitel XXXIX
Kapitel XL
Kapitel XLI
Kapitel XLII
Kapitel XLIII
Kapitel XLIV
Kapitel XLV
Kapitel XLVI
Kapitel XLVII
Kapitel XLVIII
Kapitel XLIX
Kapitel L
Kapitel LI
Kapitel LII
Kapitel LIII
Kapitel LIV
Kapitel LV
Kapitel LVI
Kapitel LVII
Kapitel LVIII
Kapitel LIX
Kapitel LX
Kapitel LXI
Kapitel LXII
Kapitel LXIII
Kapitel LXIV
Kapitel LXV
Kapitel LXVI
Fantasy-Roman
von
Milena Himmerich-Chilla
Alle Rechte vorbehalten.
Unbefugte Nutzung, wie etwa Vervielfältigung, Verbreitung, Speicherung oder Übertragung, können zivil- oder strafrechtlich verfolgt werden
Texte: © Copyright by Milena Himmerich-Chilla
Cover: © Copyright by Milena Himmerich-Chilla
Grafiken: © Copyright by Milena Himmerich-Chilla
Verlag:
Milena Himmerich-Chilla
Mainzer Str. 34
63456 Hanau
info@milenahimmerichchilla.de
ISBN 978-3-7450-8365-1
In Erinnerung an meinen Vater,
der stets alles für seine Familie gab.
PROLOG
Es ist reiner Selbstbetrug anzunehmen, dass die Zeit vergangenes Leid erträglicher gestaltet, denn ein Herz kann nicht um die Verletzung, die es erlitten hat, betrogen werden. Es befindet sich in jener ewig währenden Ausgangssituation, die der tragischste aller Verluste vorgibt. Die Zeit ist weder im Stande etwas an unseren Schuldeingeständnissen, noch an der Leere, die in uns zurückbleibt, zu ändern. Dennoch reden wir uns tagtäglich ein, dass es eine Heilung der Seele gibt. Wir können die Wahrheit einfach nicht ertragen. Es wird nie ein Entrinnen seiner Gefühle geben, denn jene sind ewig währende Male, die auch mich seit einer Ewigkeit zeichnen.
Gebrandmarkt meiner Vergangenheit an der Seite jenes Wesens, welches mich unwillentlich dazu verdammt hat, in diesem grauen Gefängnis den Rest meines kümmerlichen Daseins zu fristen. Mich immerfort mit stumm gehauchten Worten drängt, so dass ich ihr nichts entgegenzusetzen habe, als hörig die Spitze meiner Feder in das tiefe Blau zu tauchen.
Während das Kratzen des Kiels, der sich von mir getrieben über das Papier schiebt, den Raum erfüllt, ist es mir, als wäre sie erneut am Leben. Ich erkenne ihre Gestalt am Fenster stehend. Frierend hält sie den zarten Körper fest umschlungen. Der silberne Wasserfall ihrer Haare ergießt sich neckisch, ineinander verwoben über die schmalen Schultern, den geschwungenen Rücken herab und greift mit ausgedörrten Fingern nach ihren Hüften. Zu tief in der Gedankenwelt treibend, blickt sie den langsam und vielfach ziehenden Schneeflocken hinterher. »Wie viele Winter liegen schon hinter uns?«, frage ich mich, meiner Gefühle ergebend.
Als hätte das Mädchen meine unausgesprochene Frage erhört, wendet sie sich von der beruhigend wirkenden Winterszenerie ab und schaut unverhohlen in meine Richtung. Ein Strahlen liegt in ihren saphirblauen Augen, als sie kurz darauf schnellen Schrittes auf mich zu kommt, hinter mich tritt und mir mit gespitzten Lippen über die Schulter sieht. Sie weiß, dass ich dies nicht leiden kann und dennoch bereitet ihr diese herausfordernde Geste unsagbare Freude, dass es mir ein Lächeln abverlangt und ich sie gewähren lasse.
Ich fühle den hitzigen Körper hinter mir, obwohl mir bewusst ist, dass dies nicht sein kann. Dennoch schließe ich automatisch meine Augen und koste dabei jenes stetig wiederkehrende Trugbild bis auf seinen letzten Tropfen hin aus. Tränen treten mir in die Augenwinkel.
Ihre frech auf und ab schwingende Stimme erfüllt den ansonsten menschenleeren Raum und hallt in sich darin verschmelzend endlos wider. »Schreibst du etwas über mich?«
Ich fühle, wie mein Brustkorb sich zusammen zieht, und versuche vergebens, die aufbäumende Trauer zu unterdrücken. »Ich halte mein Versprechen«, hauche ich tonlos, als sie von meinem Rücken ablässt, verblassend vor mich tritt und das strahlende Lächeln das ist, was mir bis zu letzt von ihr bleibt, bevor auch jenes an Kontur verliert und schlussendlich, von einem kalten Luftzug ergriffen, hinaus durch das Fenster getragen wird.
Dann ist sie fort, gegangen so schnell, wie sie gekommen war. Wie vor langer Zeit schon einmal hat sie mich alleine mit dem bohrenden Schmerz ihres Verlustes zurückgelassen. »Das ist nicht fair von ihr«, denke ich, als die Ohnmacht meiner eigenen Hilflosigkeit mich überfällt. Lebendige Erinnerungen an sie peitschen meinen, bereits über Jahre hinweg geschundenen Geist weiter aus. Ich kann nicht anders, als die abgegriffene Feder neben das angefangene Schriftstück zu legen, während mein Blick verschwimmt und die Welt erneut für mich an Bedeutung verliert.
Meine Schultern beben, ohne dass ich etwas entgegenzusetzen habe. Wieder einmal wünsche ich mir, dass wir uns in so manchen Augenblicken anders entschieden und unsere viel zu kurze Zeit miteinander besser genutzt hätten, doch Vergangenes kann nicht zurückgeholt werden.
Wie lange ich in meinen Gedanken dahin trieb und dabei regungslos auf dem Schemel vor dem kunstvoll geschnitzten Schreibpult verweilte, vermag ich nicht zu sagen. Als sich jedoch mein Blick wieder auf das vergilbte Pergament vor mir legt, bemerke ich die rasch schwächer gewordenen Lichtstrahlen der untergehenden Sonne.
Meine Gelenke knirschen frisch gefallenem Schnee gleich, als ich mich unter einem Stöhnen erhebe und die Welt ins Wanken gerät. Die vielen Jahre, welche ich verlassen an jenem Ort verbracht hatte, fordern nun fortwährend weitere Tribute von mir, die ich jedoch willig zu zahlen bin. Viel Zeit würde mir allerdings nicht mehr bleiben.
Diese Erkenntnis lässt mich aufatmen. Ich erlaube mir ein kurzes Lächeln ob des befreienden Gefühls, dass die Zeit für mich bald vorüber sein mochte und lasse meinen Blick flüchtig aus dem Fenster gleiten. Doch müsste ich mich beeilen, wenn ich das einst gegebene Versprechen erfüllen wollte, dessen war ich mir bewusst.
Beflügelt der Gewissheit, den nahenden Frühling nicht mehr zu erleben, schlurfe ich schwerfällig zum anderen Ende der Bibliothek. Erinnerungen meiner Jugend formen sich dabei zu greifbaren Abbildern und verfolgen mich durch den karg beleuchteten Raum.
Als ich den kalten Stein des aus der Wand heraus geschlagenen Tisches ergreife, fühle ich mich plötzlich schwerer. Meine Knie beugen sich bedrohlich unter dem Körper, während ich versuche, den Großteil meines Gewichtes auf die spiegelnde Oberfläche zu stützen. Auch ergebe ich mich den aufkeimenden Erinnerungen, lasse meinen Geist von diesen forttragen und mir dabei jene, längst vergessene Gerüche in die Nase treiben, welche so lange schon vergangen waren.
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