Bei einem erfolgreichen Verkauf über den eigenen Shop bleiben euch also im Idealfall ungefähr sieben Euro Gewinn. Voraussetzung ist, dass ihr den Artikel tatsächlich für den genannten Preis verkaufen könnt, was unwahrscheinlich ist, denn auf Amazon und Ebay gibt es ähnliche Camping- Gaskocher für sehr viel weniger Geld. Ihr würdet übrigens z.B. auf Amazon mit eurem eigenen Großhändler konkurrieren, der den Kocher dort für 120,42 Euro anbietet, davon allerdings offenbar auch nicht viele verkauft, wenn man dem Verkaufsrang Glauben schenken kann.
Verkauft ihr den Gaskocher auf Ebay, so knöpft euch der Hausherr zehn Prozent Verkaufsgebühren ab, also 11,84 Euro. Bei Ebay wird meistens mit Paypal gezahlt, was euch noch mal ca. 3 Euro kostet. Es bleiben euch bei Ebay also nicht 99,51 Euro sondern nur ca. 85 Euro, womit ihr schon in der Verlustzone wärt.
Was passiert denn aber eigentlich, wenn der Kunde von seinem gesetzlichen Widerrufsrecht Gebrauch macht und den Artikel zurückschicken möchte. Spätestens jetzt lohnt ein Blick in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Großhändlers, denn während Endverbraucher (also eure Kunden) euch gegenüber ein gesetzliches Widerrufsrecht haben, habt ihr im B2B- Handel erst einmal keins.
Auf dropshipping-marktplatz.de sind die Essentials aus den Anbieter AGB’s übersichtlich zusammengefasst und siehe da: unser Anbieter schließt Retouren aus.

Das bedeutet, dass ihr jedes Mal, wenn ein Kunde seinen Kauf widerruft, nicht nur auf den Fulfilment- Gebühren sitzen bleibt, sondern einen möglicherweise auch nur noch als B- Ware zu verkaufenden Campingkocher für 83,46 Euro im Keller stehen habt.
Der Fairness halber muss erwähnt werden, dass es auch Anbieter auf der Dropshipping- Plattform gibt, die Retouren zulassen und nur bei diesen macht es überhaupt Sinn, eine Zusammenarbeit in Erwägung zu ziehen, denn Retouren gehören zum Onlinehandel nun mal dazu. Eine natürliche Retourenquote von 3 bis 5% muss man seriöser Weise immer einplanen und wenn ein Großhändler explizit das Widerrufsrecht ausschließt, kann das möglicherweise einen Rückschluss auf die Qualität des Produktes liefern.
Zudem trägt man als Verkäufer erst einmal das Gewährleistungsrisiko. Was passiert also, wenn ein Artikel kaputt geht und man nachliefern muss? Wer bezahlt den zusätzlichen Artikel? Im gewerblichen Handel existiert kein Widerrufsrecht und nur eingeschränktes Gewährleistungsrecht, d.h. ich kann den Großhändler möglicherweise nicht für den Ramsch in Anspruch nehmen, den er in meinem Namen verschickt hat.
Übrigens übertragen auch viele der Großhändler in ihren AGB’s das Versandrisiko auf euch. Ihr tragt das Versandrisiko gegenüber eurem Kunden, dem Verbraucher, qua Gesetz. Im gewerblichen B2B- Handel hingegen kann der Verkäufer den Gefahrenübergang anders regeln und tut das in der Regel auch.
Wenn also der beauftragte Versanddienstleister das Paket verschlampt oder beschädigt, haftet ihr gegenüber eurem Kunden, aber der Großhändler haftet nicht euch gegenüber. Ihr müsstet also versuchen, euer Geld vom Transportunternehmen wieder zu bekommen, was schwierig sein dürfte, denn ihr seid ja beim Dropshipping weder Versender noch Empfänger, habt also überhaupt keine Vertragsbeziehung mit dem Versanddienstleister.
Schließlich und endlich kann der Großhändler euch auch noch Vertriebsbeschränkungen auferlegen. Viele Großhändler haben ja das Geschäft mit dem Endverbraucher auf Amazon, Ebay & Co längst als zusätzlichen lukrativen Vertriebskanal für sich entdeckt und möchten dort natürlich ihre Artikel exklusiv anbieten. Deshalb sind entsprechende Beschränkungen häufig im Dropshipping zu finden.

Gerade als Neuling hat man aber meistens noch keinen so gut laufenden Online- Shop, weil ein solcher eben mit der Zeit für Suchmaschinen optimiert werden muss. Um also relevanten Traffic in euren Shop zu bekommen, müsstet ihr Pay per click- Kampagnen auf Google oder Facebook fahren, was dann natürlich wieder von eurer Marge abgeht.
Natürlich kann man all solche Dinge mit dem Großhändler zu regeln versuchen, aber das ändert nichts daran, dass die Marge, die da pro Artikel hängen bleibt, so niedrig ist, dass man schon große Massen davon verkaufen müsste- und wenn ich in der Lage bin, einen Artikel massenhaft zu verkaufen, dann kaufe ich ihn in großen Mengen ein oder importiere ihn und verdiene selbst daran.
Schließlich gilt im Großhandel der Grundsatz, dass ein Artikel eine Marge von 50% haben sollte, um lukrativ zu sein. Das bedeutet, dass ein Großhändler auf seinen Einkaufspreis mindestens 50% für sich selbst aufschlägt. Bei dem knallharten Wettbewerb, der im Onlinehandel inzwischen herrscht, schränkt das eure Möglichkeiten, Artikel zu einem markt- und konkurrenzfähigen Preis anzubieten, enorm ein.
Das ist dann auch exakt das Szenario, in dem Dropshipping dann doch Sinn ergeben kann. Man kann das ganz gut zu vergleichsweise risikoloser Marktanalyse nutzen. Ihr könnt also Produkte auf ihre Marktfähigkeit testen, ohne das Risiko zu haben, auf einem Container unverkäuflicher Ware sitzen zu bleiben.
Wenn ihr seht, dass ihr einen Artikel gut und schnell verkauft, dann macht ihr euch auf die Suche nach einem Hersteller, der den Artikel für euch produziert. Dropshipping als Marktanalyseinstrument in Echtzeit kann also durchaus sinnvoll sein. Als langfristiges Business- Modell dagegen scheint mir der Ansatz nicht zu taugen.
Es gibt Dropshipper, die ihrem Lieferanten gar nichts davon erzählen, dass sie ihn als Lieferanten benutzen. Das funktioniert dann so:
Ich schaue mich auf Ebay, wo das Preisniveau generell niedriger ist als auf Amazon, nach lohnenswerten Produkten um, die sich gut verkaufen und biete diesen Artikel einfach mit einer eigenen Artikelbeschreibung und (unbedingt!!) eigenen Fotos selbst entweder auf Ebay oder auf Amazon (oder auch sonst wo) an.
Bestellt jemand den Artikel bei euch, bestellt ihr ihn einfach bei „eurem“ Lieferanten und gebt als Lieferanschrift die Anschrift eures Kunden an. Bittet ihn zudem, keine Rechnung beizulegen, weil es ein Geschenk sein soll …
Ihr merkt wahrscheinlich schon beim Lesen, wo hier die Säge klemmt, denn ihr liefert euch damit einem anderen Händler aus, der von seinem Glück gar nichts weiß und ihr wisst auch nicht, wie schnell der die Bestellungen versendet, ob der denn auch alle Artikel vorrätig hat etc.
Auch scheint mir das eher ein Modell für eine Handvoll Bestellungen zu sein, als für Dutzende oder sogar hunderte täglich, denn der Händler wird natürlich schnell merken, wenn immer von demselben Account Artikel mit unterschiedlichen Lieferanschriften gekauft werden. Übrigens seid ihr bei Amazon nach deren AGB auch verpflichtet, nur Artikel anzubieten, die ihr in der Regel auch vorrätig habt.
Kurzum: Als Hobby kann das über einen kurzen Zeitraum mal funktionieren, insbesondere wenn man Händler findet, die Restposten günstig abverkaufen. Aber eine Grundlage für das Erwirtschaften seines Lebensunterhalts sieht meiner Meinung nach anders aus.
Schadensersatz bei Nichterfüllung
Wusstet ihr, dass ihr einem Kunden gegenüber, den ihr nicht beliefern könnt, zum Schadensersatz verpflichtet seid?
Ein Beispiel aus der Rechtspraxis: Ein Verkäufer bietet auf Ebay 10000 Hosen zu einem Preis von 20000 Euro an. Nachdem ein Interessent kauft, teilt der Verkäufer mit, die 10000 Hosen doch nicht liefern zu können, weil er sie anderweitig verkauft habe. Der Käufer verklagt den Verkäufer auf Schadenersatz in Höhe von 30000 Euro als entgangenem Gewinn, den er beim Weiterverkauf hätte erzielen können. Beim zuständigen Landgericht bekommt der Käufer Recht.
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