Ohne Zutun bekam er eine Erektion. Es war unmöglich, dass sie das nicht spürte. Hallo Peinlichkeit, bleib gleich, geh nicht weg, du wirst ohnehin alle Augenblicke herbeizitiert. Setz dich, mach es dir gemütlich, was kann ich dir zu trinken anbieten?
»Du verbringst ein paar Tage in der Stadt. Geh auf eine Bank, lass das Krankenkonto in normale Dimensionen zurückstufen. Verteile das Geld auf mehrere Konten. Dann fällt es nicht auf. Sei großzügig zu dir.« Sie nickte ihm eindringlich zu.
Sie benahm sich, als wäre der Zaster seiner, als gäbe es keinen Zweifel daran. Aber das passte nicht zu dem, was er über sich wusste.
Beunruhigend.
In ihren Worten lag allerdings auch ein aufschlussreicher Hinweis verborgen.
»Ich bleibe in der Stadt?«
»Ja. Mehr kann ich dir nicht sagen. Ich habe mich ohnehin verplappert. Den ... Gentleman, der ein paar Fragen an dich richten will, möchte ich ungern verärgern.«
Sie sah dabei aber weder verärgert noch unglücklich aus, streifte beim Aufrichten mit der Hand über den steifen Schwanz. Ob Absicht oder Zufall, unmöglich festzustellen. Mischka war unfähig zu unterbinden, was daraufhin passierte.
Ihm ging einer ab. Mit Wucht.
»Wir sehen uns«, winkte Circe und verschwand aus dem Zimmer. Er blieb verwirrt zurück, starrte auf die Tür, atmete die verblassenden Spuren ihres Dufts ein, während der trocknende Samen den Zebedäus am Krankenhauskittel anklebte.
Sein Atem war die gesamte Zeit über nicht schneller gegangen. Die frisch eingepflanzte Lunge schien tadellos zu funktionieren.
Die Visite fand eine Stunde später statt. Der Arzt besah mit sauertöpfischer Miene das Krankenblatt und fummelte ungeduldig an der Apparatur herum, über die Schläuche in den Körper mündeten. Verwirrt, wie er war, hatte Miscatonic diese Leitungen gar nicht wahrgenommen.
Dann drehte der Weißkittel an irgendwelchen Reglern, ehe er kommentarlos begann, auf einen Block zu kritzeln. Er riss mehrere Zettel ab, ließ sie auf das Fußende des Bettes fallen und verschwand, ohne ein Wort zu sagen.
Wenige Minuten danach kam eine Schwester ins Zimmer, die ebenfalls einen bemerkenswerten Vorbau aufwies. Sie lächelte ihm mit professioneller Distanz zu und wirkte fast eingeschüchtert.
Mischka kam nicht umhin, sich zu fragen, was der Grund dafür sein mochte. Unheimlich, das alles. In einer Welt angeschossen, in der anderen umhegt und umpflegt. Zum Verrücktwerden.
»Ich nable Sie von den Schläuchen ab, dann können Sie gehen.« Sie legte ihm ein Blatt Papier auf die Decke und er erkannte einen Entlassungsschein.
»Vergessen Sie nicht die Verschreibungen für die Medikamente«, sagte sie und deutete auf die Zettel, die der Arzt liegen gelassen hatte. »Im Foyer befindet sich eine Pharmazie, dort gibt es die Sachen zu kaufen.«
Noch während er nachdachte, ob er darauf etwas erwidern sollte, öffnete sich die Zimmertüre erneut. Er wusste auf der Stelle, mit wem er es jetzt zu tun hatte.
Das war der Grund, weshalb er ein paar Tage in der Stadt bleiben musste.
Schlecht sitzender, schäbiger Anzug, das Holster unter der Achsel kümmerlich verborgen. Ausgelatschte Schuhe. Schwarze Socken mit gelben ... Küken? Der typische Vertreter der Staatsgewalt kaute auf einem Stift herum und hielt ein zerschrammtes Notizbüchlein in der Hand.
Leicht verkniffenes Gesicht, der Bartschatten verlieh ihm eine ungesunde Gesichtsfarbe. Fettes, ungewaschenes Haar.
Mischka mochte ihn vom ersten Anblick an nicht leiden. Der Mann war bei Weitem nicht so simpel und unbedarft, wie es den Anschein hatte. Die Augen verrieten ihn. Der stechende Blick, die Intensität. Das Klischee, das er inszenierte, traf auf ihn absolut nicht zu.
»Miscatonic Hindin?«
»Als ob Sie das nicht wüssten«, entgegnete er mürrisch.
Er sah in dem Ermittler einen gewalttätigen Psychopathen, der sich harmlos gab. In der Regel war der Unterschied zwischen Sein und Schein erst feststellbar, wenn man sich in Gewahrsam befand.
Bei diesem Typen allerdings konnte er den krankhaften Sadisten geradezu riechen. Der Geruch hinterließ einen unangenehmen Geschmack auf der Zunge, die ohnehin noch nach zwei Wochen Koma schmeckte.
Der andere stutzte, dann schaltete er auf Knopfdruck ein Lächeln ein, das die Augen nicht erreichte.
»Genau. Ich bin hier, um ein paar Sachverhalte zu klären.«
»Nicht die geringste Idee.«
»Wie bitte?«
»Ich habe keine Ahnung. So lautet die Antwort.«
»Ach?« Der Ermittler warf ihm einen leicht gereizten Blick zu. »Sie ahnen, welche Frage ich Ihnen stellen will?«
»Ja.« Als ob das so schwer zu erraten wäre.
»Ich höre?«
»Können Sie mir sagen, was passiert ist?«
»Hm.« Das Lächeln wirkte gequält. »Was denn sonst, nicht wahr? Sie sind ein schlauer Kerl, möchte ich wetten. Gewiefter, als Sie sich geben. Und ein Klugscheißer. Nun, was werden Sie mir erzählen?«
»Nicht viel zu dem, was Sie interessiert. Wenn es hingegen um die Möpse meiner Krankenschwester geht, kann ich beeindruckende plastische Eindrücke schildern.«
»Kein Interesse. Ich habe die Brüste gesehen und ehrlich gesagt sind mir diese Wahrnehmungen zu überwältigend, Sie verstehen? Auf Ihre diesbezüglichen Gedanken verzichte ich gern. Sonst was? Irgendwas?«
»Nein. Ich bin weder in der Lage, Ihnen zu sagen, wer die drei Typen waren, noch bei wem es sich um den Einzelgänger gehandelt hat. Die Ganoven hatten ihre Schießeisen mehr oder weniger bereit, als ich sie zum ersten Mal sah. Das einzig Auffallende war die Pistole des Unbekannten. Ein sehr schönes Stück. Sie hat gefurzt.«
»Wie meinen?« Der Ermittler sah ihn geradezu angewidert an.
»Die Waffe hat eine Art Furzgeräusch von sich gegeben, als der Fremde den Abzug durchgezogen hat«, erklärte Mischka geduldig.
Jetzt war der Mann hellhörig. »Die Pistole hat gepupst?«
»Genau.«
»Bemerkenswert.«
»Sie glauben mir nicht.«
»Das würde ich anders ausdrücken.«
»Dann haben Sie schon mal eine derartige Waffe gesehen?«
»Davon gehört«, korrigierte der Ermittler bedächtig.
»Was ist das für eine Knarre?«
»Kann ich nicht sagen. Auf jeden Fall müssen Sie noch ein paar Tage in der Stadt verweilen, bis Klarheit besteht.«
»Wie stellen Sie sich das vor?«
»Gar nicht.« Er deutete ein Schulterzucken an. »Es interessiert mich nicht. Sie sind frei zu tun, was sie wollen. Hauptsache, Sie bleiben erreichbar.«
Der Ermittler schien kurz zu zögern, dann drehte er sich vom Bett weg. »Schönen Tag noch«, murmelte er und verließ den Raum.
Mischka starrte ihm verärgert hinterher, während er aus der Miefkoje stieg, die Kleider holte und sie auf der Lagerstatt ausbreitete. Vielleicht ... er sah sich im Zimmer um, entdeckte eine Tür und warf einen Blick nach nebenan. Sehr gut, genau das, was er jetzt brauchte. Eine Dusche. Das war das Mindeste an Luxus, das man bei diesem Krankenkonto erwarten durfte.
Die Leitungen ratterten und spuckten wohltuend heißes Wasser aus. Mischka entspannte endlich. Vierzehn Tage weg vom Fenster und innerhalb der ersten zwei Stunden Wachzustand gleich geballte Ladung Chaos im Hirn.
Er stand nackt neben dem Bett und freute sich festzustellen, dass seine Kleidung gewaschen worden war, als jemand die Tür zum Zimmer aufriss.
Erschrocken blickte er auf. Es war nicht der Inspektor, sondern eine Augenweide von Frau.
Sie trug schwarzes Leder mit bronzenen Beschlägen, Stiefel mit hohen Keilabsätzen, und hatte eine Tasche über die Schulter geworfen. Der Rock war kurz. Der Mantel lang. Mit Applikationen in verschiedenen Farben. Dunkler Lidschatten betonte ihre blauen Augen und bot einen harten Kontrast zu den roten Lippen.
»Na, Mischka, was ist? Fertig?«, fragte sie, und für einen Augenblick wusste er nicht, ob sie damit seine beginnende Erektion meinte.
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