Häufig ist es auch so, daß ich mit meiner zu direkten Art, mich über etwas auszulassen, nicht überall gut ankomme. Das kann mir auch passieren, wenn ich gar nichts von mir gebe, also allein durch meine Anwesenheit.
Seit einiger Zeit bin ich zusätzlich noch mit den Nachwirkungen einer nicht so netten Krankheit belastet. Das alles hält mich eben davon ab, diese heutigen ganzen wichtigen „Events“, genauso wie ein ständiges in den Lokalen Herumhängen, mitzumachen.
Lieber gönne ich mir ein-zweimal im Jahr eine Reise in ein Land oder in eine Gegend meiner Träume, als daß ich für viele kleine Alpträume viel Geld rauswerfe und meine nun immer kostbarer werdende Zeit vergeude. Ich bin also rundherum die perfekte Bilderbuch-Schwäbin!
Gerade als ich nach halbwegs getaner Vorarbeit und Warten auf das Aus meines telefonischen Dienstes noch schnell meine E-Mails ansehe, sticht mir eine besonders ins Auge, denn diese kommt vom anderen Ende der Welt von jemand, den ich beinahe vergessen habe, weil er sich fast nie oder nur recht selten auf meine Mails gemeldet hatte, von Hugo, unserem Führer und Fahrer bei unserer Tasmanienreise vor etwas über drei Jahren.
Hugo bittet mich darin, ihm mitzuteilen, ob ich gegen 21 Uhr unserer Zeit zu Hause bin und er mich dann anrufen kann. Er hätte etwas zu berichten, das auch uns einmal „betroffen“ hätte, es gehe um „Bunny“!
Bei diesem Namen klingeln alle Glöckchen in meinem Oberstübchen und ich antworte sogleich mit einem:
„Ich bin da und gespannt wie ein Regenschirm!“
Bunny war bisher das „Irrste“ was uns jemals auf einer Reise begegnet war und wir hatten ja eigentlich schon eine ganze Anzahl nicht nur irre sondern auch unglaubliche und ungewöhnliche Erlebnisse auf unseren Reisen durchgestanden. Nur Bunny war etwas ganz Besonderes gewesen, vor allem war es eine Begegnung ohne irgendeine Endinformation oder einen Abschluß. Alles war offen geblieben!
Bunny
Lausi hatte sich zu einem LLM Studium im englischsprachigen Raum beworben, um noch eine Zusatzqualifikation zum bereits kurz davor abgeschlossenen Studium und dem zweiten Staatsexamen zu erwerben. Die Zusagen dazu kamen recht schnell von einigen ausländischen Universitäten.
Australien war schon immer ein Wunschziel meines Sohnes und deshalb entschloß er sich, das Angebot der Uni in Melbourne anzunehmen, nicht nur wegen der angebotenen Fächer, sondern auch wegen des hervorragenden öffentlichen Nahverkehrs in dieser Metropole.
Da Wecki damals viel anderes zu tun hatte oder nicht, so bot ich Lausi an, mit ihm zu kommen, um einmal selbst das australische Dasein zu genießen und in der studienfreien Zeit mit ihm zusammen diesen hochinteressanten Kontinent zu erkunden. Lausi war damit einverstanden und so machten wir beide uns mit zwei Koffern auf, für beinahe ein ganzes Jahr ein total anderes Dasein kennenzulernen.
Man lebt in Australien, so wie wir es erlebt haben, ob man es glaubt oder nicht, wirklich ganz anders als bei uns. Das fängt mit dem Wohnen an, das macht man vielfach nur auf Zeit, das heißt man mietet nur für wenige Monate und hört mit den Dingen des täglichen Daseins, wie etwa dem Waschen in australischen Waschmaschinen immer noch nicht auf. Doch das ist jetzt nicht das Thema!
Lausi hatte über die Ostertage Ferien und so suchten wir für diese Zeit eine passende Reise. Wir fanden auch recht schnell ein Angebot, das uns zusagte, mit wenigen Teilnehmern, wobei zwei die untere Grenze bildeten.
Da der Anbieter die Reise auf deutsch und englisch anbot, wählten wir deutsch aus, da sich zu dieser Zeit mein Schulenglisch noch nicht dem einheimischen australischen oder „Aussie“- Dialekt besonders angepaßt hatte. Es sollte eine kurze Studienreise durch Tasmanien, einen Bundesstaat und die größte Insel Australiens werden, aber mit allen sehenswerten, wichtigen Punkten.
Von unserer Wohnung in Melbourne war es mit dem Bus nur ein Katzensprung zum Flughafen und von dort ein weiterer nach Hobart, der Hauptstadt in Tasmanien.
Schon im Flieger fiel uns ein älterer Herr auf, der einige Reihen vor uns kurze Zeit für ein Chaos und einen erheblichen Rückstau der Passagiere sorgte, weil er sich zwischen den Sitzreihen hin und her bewegte und immer wieder seine Tasche in ein anderes Fach oben in den Ablagen zu plazieren versuchte. Erst als sich eine Stewardeß durch den Passagierstau durchgearbeitet und den alten Herrn „hingesetzt“ hatte, löste sich die Schlange langsam auf.
Unser Kurzflug verlief ohne Probleme, ebenfalls die für uns recht ungewöhnliche Landung in Hobart, die kaum handbreit über dem Wasser erfolgt - so üblich!
Da der Flughafen insgesamt sehr übersichtlich ist, sahen wir auch gleich hinter der Türe zur Ankunftshalle einen gutaussehenden, mittelalten Mann stehen, der ein Schild mit unserem Namen hochhielt und sich als Hugo, ehemals in Ulm aufgewachsen, vorstellte.
Er begrüßte uns freundlich und meinte, wir sollen einfach unsere Koffer vom Band holen und am Ausgang, also gleich neben dem Band, stehen bleiben. Er erwarte noch einen weiteren Gast aus dieser Maschine.
Erst da fiel mir auf, daß noch ein weiterer Name auf dem Schild steht, aber in der Hektik, die in der sehr winzigen Halle herrschte, hatte ich das wohl übersehen und derzeit vergesse ich sowieso alles ganz schnell, vor allem Namen.
In dem Gedränge, das am Band herrschte war es nicht ganz einfach, sich unser Gepäck herauszupicken. Als wir endlich dann doch unsere beiden Taschen vom Band geholt hatten, suchten wir in der Menschenmenge Hugo, unseren Guide.
Er kam auch schon, mit den Händen winkend auf uns zu und erklärte, daß der weitere Gast zwar da sei, sein Gepäck aber nicht angekommen ist und er sich darum jetzt bei der Fluglinie drüben am Schalter kümmern müsse. Wir sollten bitte so lange hier stehen bleiben.
Beim Umherschauen fiel mir einer der recht teuren Hartschalenkoffer auf, der gerade zum dritten Male über das nun fast leere Band an uns vorbeifuhr. Weiter entfernt entdeckte ich neben Hugo, der am Schalter stand und wild gestikulierte, unseren Chaosherrn aus dem Flieger, der auf einem Stuhl gerade eine kleinere Reisetasche ausleerte und ziellos darin herumkramte.
Nach gut einer halben Stunde, der alte Herr kramte immer noch, oder besser zu x-ten Male in seiner Tasche, fuhr der Koffer nun nicht mehr herum und außer uns waren auch keine Passagiere mehr in der Halle.
Hugo kam wieder auf uns zu und meinte, der Koffer sei vielleicht doch unterwegs verloren gegangen, da der Herr, er deutet auf den älteren Mann, direkt von Deutschland aus hierhergeflogen sei.
Ich erwähnte jetzt nur kurz, den herrenlosen Koffer, der mehrere Male allein durch die Gegend gefahren war und beschrieb ihn. Hugo rannte wortlos davon und kurze Zeit später brachte eine Angestellte des Flughafens genau dieses Gepäckstück aus einem Nebenraum. Es war natürlich das nicht angekommene!
Der ältere Herr, wir gingen zusammen zum Bus, machte für mich alten Pädagogen einen mehr als nur leicht verwirrten Eindruck und als wir uns vor dem Einsteigen in Hugos Kleinbus endlich vorstellen konnten, blickte er nur unruhig hin und her und murmelte etwas von Bunny, wobei er auf seine Schildmütze deutete, auf der Bunny stand. Die Hasenohren, die daran festgenäht sind sagten fast alles!
Im Bus setzte sich „Herr Bunny“ sofort ganz nach hinten und als Hugo darum bat, uns anzuschnallen sah Bunny, so nannte ich ihn bereits, nur recht abwesend zum Fenster hinaus.
Da Hugo, wohl im Glauben alle sind angeschnallt losfuhr, so sah auch ich erst etwas später nach hinten und bemerkte, daß Bunny unangeschnallt irgendwie zwischen zwei Sitzen saß, vor sich hinmurmelte und scheinbar völlig „daneben“ war.
Ich bat ihn, sich doch anzuschnallen, aber das was er dann machte, hätte bei einem kurzen scharfen Bremsen genügt, ihn zu erdrosseln. Er hatte es tatsächlich geschafft, sich sogar zwei Gurte irgendwie mehrfach um den Körper zu wickeln und dann auch noch um den Hals.
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