Allen, die mir Valencia gezeigt haben.
Christian Roth
Comisario Carrascos Valencia
Entspannter Regionalkrimi
© 2018 Christian Roth
2. Auflage (3)
Umschlaggestaltung, Illustration: Christian Roth
Verlag und Druck: Neopubli GmbH, Köpenicker Straße 154a, 10997 Berlin
ISBN: 978-3-746723-23-5
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Buch
Comisario Carrasco ist Valencianer durch und durch. Er liebt das Essen, die Sonne, das Meer und natürlich seine Stadt. Der kulinarische Aspekt hat einen durchaus nennenswerten Anteil in seinem Leben - Verabredungen oder Besprechungen verlegt Carrasco am liebsten in gute Restaurants oder traditionelle Bars. Weniger zufrieden ist er gerade mit seinem Job. Politisch motiviert, von der Polizeiführung unterstützt und von ihm in Frage gestellt, soll er den Chef des örtlichen Fernsehsenders überprüfen. Bevor die Ermittlungen richtig in Gang kommen, wird er von dem Fall wieder abgezogen. Nicht allein stur, eher überzeugt, das Richtige zu tun, lässt Carrasco nicht locker. Was nicht ohne Konsequenzen bleibt. Daraus entwickelt sich ein mehrgleisiger Handlungsstrang durch Drogengeschäfte und Cybercrime, der dabei nie den Kontakt zur Stadt, ihren Reizen und Problemen wie auch ihren kulinarischen Genüssen verliert. Ohne ein bisschen "Mord und Totschlag" kommt ein Krimi natürlich nicht aus. Die tragenden Elemente in Comisario Carrascos Valencia sind aber eher die Personen, ihre Charakterzüge und die sich ergebenden Verwicklungen - und natürlich das Lokalkolorit.
Die beschriebenen Hintergründe zum Leben in Valencia wie auch die Orte, Restaurants und Spezialitäten sind - im erlaubten Umfang einer erfundenen Geschichte - authentisch und machen Lust auf südliche Länder und vielleicht sogar die Stadt Valencia selbst. Ein Buch zum entspannten Lesen, nicht nur für den Urlaub.
Autor
Christian Roth, ist 57 Jahre alt, gebürtiger Berliner und lebt ungefähr die Hälfte des Jahres in Hamburg, die andere Hälfte in Valencia. Er ist auch Autor des Buchs "Kulinarischer Reiseführer Valencia".
Teil I
"Setzen Sie sich und hören Sie zu."
Ich saß bereits und war um einen durchaus aufmerksamen Eindruck bemüht. Die Züge im Gesicht von Ricarda Martínez ließen allerdings kaum Zweifel daran, wie ich ihre Gesprächseröffnung interpretieren sollte - Füße still und Klappe halten! Meiner bis jetzt guten Laune wegen tat ich wie geheißen.
"Pablo sagte mir, Sie seien wieder im Dienst und hätten noch keinen neuen Fall."
"Stimmt, bin seit gestern wieder im Dienst und der Chef hat mir auch noch nichts Neues gegeben. Und alles Alte dürfte sich nach einem halben Jahr vermutlich erledigt haben. Jedenfalls für mich."
"Sie kennen Yago Sánchez?"
"Chef von Televisión Valencia. Aber kennen ist zu viel gesagt. Wir sind uns vergangenes Jahr mal bei irgendeiner Veranstaltung über den Weg gelaufen. Seinen Namen kenne ich mehr aus der Zeitung. Vergeht ja kaum ein Tag ohne Schlagzeilen mit seinem Namen darin."
"Umso besser. Sie sollen ihn überprüfen, Carrasco."
Televisión Valencia war der regionale Rundfunksender. In den 90ern gegründet, sollte er die Comunidad Valenciana mit lokalen Informationen beglücken und nach dem Willen der Politik gleichzeitig die Valencianische Sprache fördern. Valenciano wurde damit zum politischen Programm. Der katalanische Dialekt sollte zu einer eigenständigen Sprache werden. Das war er im Leben der echten Valencianer eigentlich schon immer. Es fehlte aber offenbar noch ein Würdenträger, der sich damit schmücken konnte. Also durfte man nun die wortgewaltigen Auftritte von Lokalpolitikern und die seichten Berichte über das Stadtgeschehen oder über Touristen am Strand täglich vom Sessel aus in Valenciano verfolgen.
Ich fand die Idee zuerst gar nicht so schlecht und gut fünf Millionen Einwohner in der Comunidad hören sich auch nicht so wenig an. Das Programm war allerdings so spannend wie Taschenbillard. Und das ging offenbar nicht nur mir so. Der Marktanteil hatte es inzwischen auf unter 4 % geschafft und der Schuldenberg auf über eine Milliarde Euro. War klar, dass da etwas passieren musste. Schließlich hatten wir Crisis und auch die letzten Verfechter von Lokalkolorit und offizieller Sprachkultur wurden zunehmend stiller. Dazu musste man nicht zu den 28 % der Arbeitslosen in der Comunidad gehören. Die Krise breitete sich krakenartig auf alle Lebensbereiche aus. Alle waren direkt oder indirekt betroffen. Inzwischen auch die Politik. Spätestens, wenn sich der Zorn der Bevölkerung an korrupten oder unfähigen Amtsträgern in Wahlzeiten entlädt, kommt Handlungsvillen auf.
Rica beugte sich mit ihrer kräftigen Statur zu mir herüber, presste die Lippen zusammen und sah mich prüfend an. Ihr kantiges Gesicht und ihr fester Blick hatten mich ins Visier genommen. Widerstand ist zwecklos, war wohl die Botschaft. So langsam ging mir die Lust an nonverbaler Kommunikation verloren.
"Eigentlich bekomme ich meine Ermittlungsaufträge vom Jefe de División, nicht von der Bürgermeisterin."
"Der Polizeichef und ich arbeiten eng zusammen. Er ist einverstanden. Holen Sie sich Ihr Okay nachher selbst bei ihm ab."
Enge Zusammenarbeit? Was für ein Euphemismus. Pablo Villar ist ein opportunistischer Schleimer, außerdem war er offenbar empfänglicher für nonverbale Kommunikation als ich. Ich hatte wirklich keine Ahnung, womit sich Rica immer wieder die Zustimmung der Bevölkerung sichern konnte. Aber wenn man über zwanzig Jahre im Amt ist, kennt man wahrscheinlich alle Kniffe. Und die ihr Gleichgesinnten erkennt sie inzwischen wahrscheinlich ohnehin am Gang. Ich zuckte mit den Schultern. Für Krawall war ich eindeutig noch nicht wieder in Form.
"Mach' ich bestimmt. Worum geht's denn bei dieser Überprüfung? Wollte er nicht zuhören?"
Es wurde langsam besser.
"Hören Sie mit dem Blödsinn auf, Carrasco, die Sache ist ernst. Ob Sie so gut sind, wie Pablo mir versichert hat, weiß ich nicht. Wenn Sie die Sache allerdings vermasseln, gibt's Ärger - für Sie und für Pablo. Sie wissen, was das heißt."
Wusste ich nicht, konnte ich mir aber vorstellen. Wahrscheinlich die übliche Sie-werden-in-den-Streifendienst-versetzt-Kiste.
"Die Stadt Valencia subventioniert Televisión Valencia seit Jahren. Der Zuschuss, um den Sender am Leben zu halten, wird jedes Jahr höher. Der Sender ist zwar ein privates Unternehmen, die Stadt hat aber eine Subventionierungsgarantie abgegeben. Da kommen wir nur dann raus, wenn wir den Sender drastisch verkleinern oder besser gleich ganz schließen. Yago Sánchez wehrt sich dagegen mit Händen und Füßen. Mit seinem Nachfolger Valdez hätten wir einen Deal, der muss nur erst mal ins Amt gesetzt werden. Und vorher muss Sánchez weg. Ist das soweit klar?"
"Soll ich ihn etwa wegen Ungehorsams verhaften?"
"Natürlich nicht. Sie sollen ihn auch nicht unter Druck setzen oder ihm irgendetwas anhängen. Ich will aber wissen, mit wem ich es zu tun habe. Und wenn sich was gegen ihn finden lässt, umso besser. Ist mir jedenfalls lieber, die Polizei findet das heraus, als dass wir uns ohne Netz und doppelten Boden mit ihm anlegen."
"Soll das ein Witz sein? Die Polizei soll Ermittlungen gegen einen unbescholtenen Mann aufnehmen, weil er der Stadt nicht in den Kram passt? Und Sie glauben, das geht so auf Zuruf? Jeder andere muss dafür einen Verdacht zur Anzeige bringen und den auch begründen, so mir nichts, dir nichts geht das nicht."
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