„Nun, liebe Kollegen, es geht uns hier nicht um den Stein der Weisen zu finden. Man betrachtet uns als Elite. Als die Besten der Besten. Wir sind hier eine illustre Gesellschaft, aber eine die für sehr viel Potenzial steht. Die Politiker sind der Meinung, dass nur durch die Konzentration von soviel Wissen, Intelligenz und Kreativität, wie wir sie hier im Saal versammelt sehen, gangbare Lösungsvorschläge erzielen lassen.
Die Zukunftsprobleme der nächsten Generationen alleine der Macht der Wirtschaft zu überlassen, halten inzwischen viele für gescheitert. Zu einseitig die Ausrichtung.
Sie sehen hier nicht nur Kapazitäten aus ihren einzelnen Fachgebieten. Nein, wir haben auch sehr viele kreative Köpfe eingeladen, sich zu beteiligen. Darf ich fragen, in welchen Bereichen ihre Tätigkeiten liegen?“
Schellberg antwortete als Erster:
„Schellberg, Molekularbiologie und Bioinformatik, Genforschung. Universität Würzburg, Germany.“
Zu seinem Erstaunen kannte ihn Messco. Das hatte er so nicht erwartet.
„Johann Baptist Schellberg. Sie sind also der geniale deutsche Biologe. Das ist sehr schön sie hier zu sehen. Ich habe schon viel von Ihnen gehört. Ich habe sie schon gesucht. Sie sollten ein Team leiten. Freut mich sehr sie hier zu haben.“
„Vielen Dank. Ganz meinerseits, Dr. Messco.“
Schellberg lächelte etwas unsicher. Woher kannte Messco ihn?
Es wurde spät in der Nacht, als die Arbeitsgruppen endlich gebildet waren.
Schellberg wurde zum Leiter einer Gruppe von sieben Biologen bestimmt. Sie waren allesamt ein gutes Stück älter als er selbst. Trotzdem war die Anerkennung, der Respekt voreinander groß. Sie akzeptierten ihn einstimmig als ihren Teamchef. Insgeheim hatte Schellberg das Gefühl, seine Gruppenmitglieder waren ganz froh, dass sich jemand gefunden hatte, der diesen Job ausführte.
Am nächsten Tag wurde das weitere Prozedere besprochen. Messco wollte die Leiter der insgesamt zwölf Teams aus den verschiedenen Fachrichtungen nach Möglichkeit alle drei Monate zusammenkommen lassen, um die Fortschritte zu diskutieren. Bei diesen Meetings sollten dann die Erkenntnisse und Entwürfe aufeinander abgestimmt und die weitere Vorgehensweise der Forschungsarbeit besprochen werden.
Das Projekt, Terra‘ war auf eine Zeitdauer von vierundzwanzig Monaten ausgelegt. Messco schwor alle Teilnehmer nochmals darauf ein, in alle Richtungen zu denken. Die Forscher sollten sich auch nicht durch eventuelle Tabus oder moralische Bedenken ablenken lassen. Es ginge vordergründig um Studien. Tatsächliche Verwirklichungen ihrer Forschungsarbeiten seien natürlich von den einzelnen Staaten und ihren Regierungen abhängig. Dieses Ziel sei noch sehr weit weg.
Schellberg, der hagere junge Deutsche mit dem beginnenden schütteren hellbraunen Haaren, der so gar nicht aussah, wie ein renommierter Wissenschaftler, hatte nach wie vor keine Lust an diesem, seiner Meinung nach bescheuerten Projekt mit zu arbeiten. Andererseits war die Arbeit mit erheblichen finanziellen Mitteln ausgestattet. Mit soviel Geld konnte man wirklich intensive Forschungsarbeit betreiben. Die ewige Suche nach Sponsoren, und Drittmitteln, die Bettelei bei der Universität hätte für die nächsten zwei Jahre ein Ende. Man musste ganz pragmatisch abwägen. So flog er mit üppigen Mitteln ausgestattet wieder nach Deutschland zurück.
Eine Idee, was das ganze für Ergebnisse bringen soll, kam ihm nicht in den Sinn. Seine sieben Gruppenmitglieder hatten ebenfalls keine Ahnung welche Vorschläge sie machen sollten. Schellberg wunderte sich, denn auch die Biologen waren ein bunt zusammen gewürfelter Haufen. Es waren ausschließlich Spezialisten aus den verschiedensten Fachbereichen. Er war der Einzige der sich mit Molekularbiologie und Informatik beschäftigte. Es war natürlich nicht so, dass die anderen keine Ahnung von dieser Materie hatten. Aber Gensequenzen zu entschlüsseln war nicht jedermanns Sache. Manche der Biologen waren sogar der Meinung, die reine Erforschung der Gene hätte mit Biologie wenig zu tun. Da irrten sie sich aber gewaltig. So die Einstellung von Schellberg.
Zuhause erstattete Johann seinem Dekan Professor Welger Bericht über den merkwürdigen Kongress. Er informierte in umfassend über die Ergebnisse des Kongresses und die Höhe der zu erwartenden Finanzmittel. Der Dekan Professor Robert Welger war begeistert. Er lobte seinen Schützling und sagte ihm jede Unterstützung zu. Johann Baptist Schellberg war zufrieden. Welger zeigte sich ansonsten unbeeindruckt. Er riet Schellberg keine Nachdenklichkeit zu zeigen und sich um seine Forschung zu kümmern. Johann hatte den Eindruck, dem Dekan ginge es nur um die finanziellen Mittel. Er ermutigte ihn, etwaige Fortschritte seiner Entschlüsselungen bei dem Projekt einzubringen. Schellberg irritierten die eindeutigen wirtschaftlichen Interessen von Professor Welger. Er hatte ihn als Mann der Universität eingestuft. Aber Johann kümmerte sich nach ein paar Tagen nicht weiter um die Aussagen von Welger.
Er beauftragte einen der Universitätsmitarbeiter mit der Organisation und Verwaltung der Forschungsgelder. Johann stellte noch zwei Leute ein und beschaffte sich Analysegeräte mit dem Geld aus dem Topf von ,Terra‘.
Er informierte sein Würzburger Team vorerst nicht über seine leitende Tätigkeit bei dem Projekt Terra. Um die Führung seiner internationalen Gruppenmitglieder wollte Schellberg sich alleine kümmern. Er vertrat die Meinung, das Thema ginge seine Mitarbeiter bei der Universität nichts an.
Johann wollte seine Ruhe haben und sich intensiv mit seiner Forschung beschäftigen. Dass er mit dieser Meinung nicht alleine war, hatten die anderen Mitglieder der Biologengruppe bereits in Amerika erkennen lassen.
Drei Monate sind eine sehr kurze Zeitspanne. Die Einladung und das Ticket für das erste der dreimonatigen Treffen lagen schon auf dem Schreibtisch von Schellberg. Er hatte seine Gruppe total vergessen in den letzten Wochen. Rasch bat er alle um die Mails mit ihren Ergebnissen. Wie nicht anders zu erwarten, hatten die anderen auch nichts Brauchbares zu bieten. Man stand zwar im losen Email-Kontakt aber keiner der Biologen seines Teams, beschäftigte sich ernsthaft mit einem Plan zur Rettung der Menschheit. Dazu waren die anderen ungeklärten Probleme viel zu real um sich mit absurden Theorien zu beschäftigen. Natürlich verwendeten alle die angebotenen Gelder. Geld stinkt bekanntlich nicht, und wo es herkam hinterfragte keiner der Beteiligten.
So vergingen die folgenden Treffen ohne greifbare Erfolge. Die Lösungsvorschläge, die während der Meetings präsentiert wurden, beinhalteten allesamt nichts sonderlich Neues. Mal wollte einer die restlichen großen Waldgebiete und Regenwälder für den Menschen sperren. Andere hatten die Idee, jeder Haushalt sollte seinen eigenen Strom erzeugen, mittels Solarmodulen, kleinen Blockkraftwerken und Windrädern. Damit würde die Infrastruktur entlastet und zum großen Teil überflüssig werden. Der Nahrungsmittelanbau und die Nahrungsmittelverwertung sollten weltweit koordiniert werden und jedem Erdenbürger eine stabile Grundernährung garantieren, beinhaltete das Konzept einer Gruppe von Lebensmitteltechnikern und Agrarspezialisten. Im Grunde genommen alles Ideen und Konzepte die schon lange bekannt waren und nur neu eingepackt wurden. Den anderen Forschern ging es vermutlich wie Schellberg. Sie kassierten die üppigen Gelder und kümmerten sich um ihre eigenen Arbeitsgebiete.
Messco und seine Leute von der UNO und der US-Regierung waren einigermaßen enttäuscht, nichts wirklich Brauchbares vorweisen zu können.
Auch die folgenden Monate vergingen wie im Flug. Drei Treffen standen nur noch bevor. Dann endete der Auftrag und auch der Fluss der Gelder würde damit versiegen. Irgendwie musste man sich doch etwas einfallen lassen um Anschlussfinanzierungen zu ergattern.
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