Guido Edwards - Sind Egoisten wirklich schlechtere Christen?

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Ist es richtig, dass der Begriff «christlich» oft als Synonym zu Selbstlosigkeit verstanden wird? Könnte vielleicht sogar das Gegenteil eher der Wahrheit entsprechen? Oder anders gefragt: Was braucht es, um wirklich im christlichen Sinn selbstlos zu denken und zu handeln?

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Sind Egoisten wirklich schlechtere Christen?

Guido Edwards

Copyright: © 2014 Guido Edwards

Verlag: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de

ISBN: 978-3-8442-9265-7

1

Vorwort

Das erste Buch, dass ich zu diesem Thema schrieb, heisst „Sind Egoisten wirklich schlechtere Menschen?“.

Dort habe meine allgemeinen Gedanken zum Thema Selbstbewustsein dargelegt. Zwar sind sie auch aus christlicher Perspektive geschrieben, aber spezifische Fragen aus dem christlichen Glaubensleben wurden ausgeklammert. Auch in der Wortwahl wurde versucht auf eine christliche Terminologie zu verzichten. Im Gegensatz dazu soll dieses Buch vor allem Menschen ansprechen, die sich als „gläubige Christen“ bezeichnen. Das heisst unter anderem, dass christliche Begriffe zur Anwendung kommen. Beispielsweise wird nicht von der "Psyche", sondern von der "Seele" gesprochen. Allerdings werde ich versuchen, liebe Schwestern und Brüder, sprachlich nicht allzu sehr in diese Richtung abzudriften!

Dies bedeutet allerdings eine Gratwanderung. Beispielsweise ist der an und für sich neutrale Begriff „Stolz“ in christlichen Kreisen sehr negativ belegt. Wenn ich aber die Bibel lese, stelle ich fest, dass er (beispielsweise 2.Kor. 1,12: „Wenn ich mich mit etwas rühme, dann mit dem, was mir auch mein Gewissen bezeugt: Mein Verhalten überall in der Welt und besonders bei euch war stets bestimmt von völliger Ehrlichkeit und Selbstlosigkeit, wie es dem Willen Gottes entspricht.“) durchaus auch eine positive Bedeutung haben kann. Bei solchen Begriffen habe ich versucht den Sinn entsprechend dem Zusammenhang zu erklären.

Wenn sie das erste Buch gelesen haben, werden sie bei einigen Themen Wiederholungen feststellen. Die sind beabsichtigt um verschiedene Perspektiven aufzuzeigen.

Der Anlass, dieses Buch zu schreiben, gab mir vor allem meine Wahrnehmung, dass viele Menschen den Weg als Christen nur halbherzig gehen. Sie wollen zwar, aber „der alte Mensch“, wie es die Bibel nennt, ist noch immer sehr prägend in ihnen vorhanden. Dies zeigt sich in der Regel in einem schwachen Selbstbewusstsein. Die Folge davon ist ein zögerliches und ängstliches Verhalten. Das ist aber das Gegenteil von dem, was Gott Vater sich für uns wünscht. Es ist auch das Gegenteil von dem was Jesus uns vorgelebt hat und der Heilige Geist uns zeigen will. (2.Tim. 1:7: “Denn Gott hat uns nicht einen Geist der Feigheit gegeben, sondern den Geist der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.“)

Hier will dieses Buch eine Hilfe sein. „Jung und dynamisch“ zu sein ist heutzutage sowieso viel populärer. Was gibt es also für einen Grund, das schwache Ego nicht abzulegen und ein selbstbewusstes Kind des höchsten Gottes zu werden? Ich kann es Ihnen sagen: Es ist sehr oft eine gut entwickelte Intelligenz! Ein Ausbilder für Piloten, hat mir einmal gesagt, Piloten dürften nicht zu intelligent sein, weil sie sonst zu viel denken und zu wenig handeln würden. Wenn wir immer alle „Wenn und Aber“ bedenken möchten, bis wir sicher sind das Richtige zu tun, kann es tatsächlich zum Problem werden, denn es macht unsicher und ängstlich. Ich bin aber zur Erkenntnis gelangt, dass intelligente Menschen in der Regel lernfähig sind. Dieses Buch kann eine Gelegenheit bieten, dies auszuprobieren.

In meinen verschiedenen Tätigkeiten mit Christen und christlichen Organisationen habe ich festgestellt, dass mangelndes Selbstwertgefühl oft eine der bedeutendsten Ursachen von Problemen und Passivität ist. Dies ist der Fall, obwohl jedem praktizierenden Christen klar sein sollte, wie wertvoll jeder Mensch ist. In kurzen Kapiteln versuche ich jeweils einen Gedankenimpuls weiterzugeben. Von den Personen, die den Text bereits gelesen haben, denen ich diesen Text zum Gegenlesen gegeben habe, wurde ich insbesondere von Pastoren und Pfarrern darauf hingewiesen, dass diese Texte auch für Schulungen geeignet wären. Dennoch wollte ich nicht ein eigentliches Lehrbuch, sondern eher ein Buch für kurze persönliche Andachten schreiben.

Um eine gewisse Nachhaltigkeit über die eigentliche Lesezeit hinaus zu bewirken, habe ich in jedem Kapitel einige besonders pointiert formulierte Sätze in blauer Farbe hervorgehoben.

So wie das Kreuz oft als Sinnbild gesehen wird, dass Christen fest auf dem Boden aber mit der Verbindung zu Gott und den Mitmenschen leben soll, ist auch die Gliederung des Buches angelegt. Diese Beziehungen können mit einem guten Selbstwertgefühl und gesunden Selbstbewusstsein optimiert werden: Zu mir und meinem Leben in dieser Welt, zum Mitmenschen und (als grösster Teil) zu Gott.

Das Buch ist in vier Teile aufgeteilt:​

A) Meine Beziehung zu mir​

ab Kapitel 2​

B) Meine Beziehung zum Mitmenschen​

ab Kapitel 12​

C)Meine Beziehung zu Gott​

ab Kapitel 25​

D) Meine Abschlussprüfung​

Kapitel 46

​ Die Bibelzitate sind aus der Übersetzung von „Die Gute Nachricht“ 1982 und 2000.

2

Mich und meine Fähigkeiten annehmen

Sind sie mit dem Traktor auf der Rennbahn oder mit dem Rennwagen mit angehängtem Pflug unterwegs?

Um meine eigenen Bedürfnisse und Wünsche zu kennen und um mit ihnen umgehen zu können, ist es zwingend notwendig, dass ich meine Bestimmung kenne. Das heisst, wenn es für mich und mein Leben einen Plan gibt, muss ich versuchen ihn zu finden und mich damit zu befassen, wie ich ihn in die Tat umsetzen kann. Denn es ist unsinnig einen Traktor als Rennwagen zu gebrauchen oder umgekehrt mit einem Rennwagen pflügen zu wollen. Also muss ich wissen wofür ich "gebaut" wurde!

Die Frage „was bin ich?“ hat auch eine fundamentale Verbindung mit der Frage „wer bin ich?“. Das Sprichwort „Kleider machen Leute“ drückt etwa das aus, was ich sagen will: Es ist nicht nur so, dass Menschen von anderen Menschen ihrer Kleidung entsprechend beurteilt werden, vielmehr ist an den Kleidern zu sehen, wie sich diese Menschen zeigen wollen, wie sie wahrgenommen werden wollen und ihre Kleidung wirkt sich auch darauf aus, wie sie sich fühlen und wie sich verhalten. (Mehr im Kapitel 6). An der Kleidung kann man auch sehen, ob es einem Menschen überhaupt wichtig ist, wie andere Menschen ihn wahrnehmen. Es ist sehr leicht möglich, über das „was bin ich?“ auch auf die Frage „wer bin ich?“ eine Antwort zu finden. Ein Rennwagen und ein Traktor sind von der Bestimmung her, vom Aussehen her und im Verhalten nicht gleich. Deshalb ist die Persönlichkeit und wie sie gelebt und empfunden wird, für die Beantwortung der Frage „wer bin ich?“ von grosser Bedeutung.

Ich bin der Überzeugung, dass für jeden Menschen eine solche Bestimmung besteht und nur im christlichen Denken und Erleben diese auch gefunden werden kann. Denn der christliche Gott ist der einzige, der uns die absolute, individuelle Freiheit gibt, aber auch für jeden einen Plan hat, der schon vor der Zeugung fest stand. Es steht uns aber absolut frei, diesem Weg mehr, weniger oder gar nicht zu folgen. Als Bild: Wenn wir wollen, können wir durchaus als Sportwagen versuchen Äcker umzugraben. Es könnte aber sein, ist sogar wahrscheinlich, dass es uns dabei nicht so wohl ist, wie wenn wir auf der Rennstrecke unterwegs wären. Um unserer Bestimmung entsprechend zu leben, müssen wir erkennen und akzeptieren können, wozu wir geschaffen worden sind.

Viele Christen haben zwar ihr Leben unter die Herrschaft Christi gestellt, sie fahren aus lauter Angst, sie seien ein schlechter Traktor, ihren Sportwagen nur im ersten Gang. Es ist ja auch unanständig, ein Sportwagen zu sein!

Diesen armen Christen muss geholfen werden, den Weg vom Acker auf die Rennbahn zu finden! Es soll helfen, das "christliche" denken, dass ein Rennwagen so viel weniger christlich sein soll als ein Traktor, abzulegen.

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