Guido Edwards - Sind Egoisten wirklich schlechte Menschen?
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Sind Egoisten wirklich schlechte Menschen?
Guido Edwards
Copyright: © 2014 Guido Edwards
Verlag: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de
ISBN: 978-3-8442-9114-8
1
Vorwort
Nein, Egoisten sind für sich, aber an und für sich keine schlechten Menschen! Im Gegenteil! Egoismus hat viel Gutes! Ein Beispiel:
Denken Sie nicht, das Schreiben dieses Buches wäre harte Arbeit gewesen, im Gegenteil: Es war das reine Vergnügen, sonst hätte ich es nicht geschrieben, denn ich bin ein Egoist! So wie Andere Spiele spielen, so schreibe ich meine Gedanken nieder. Das heisst ja nicht, dass ich nicht gerungen und gekämpft hätte. Möglicherweise habe ich bisweilen sogar in einer gewissen Lautstärke Kraftworte von mir gegeben, nachdem ich eine Stelle zehn Mal umgeschrieben hatte. Aber eben - so wie das vielleicht Ihnen auch passiert, wenn Sie Solitaire, Monopoly oder Fussball spielen. Dieses Buch will es aber auch Ihnen nicht einfach machen! Es will zwar auch etwas Vergnügen bereiten, aber es will nicht nicht nur ein butterzartes Filetstück sein, das auf der Zunge vergeht. – Es soll ruhig etwas zum beissen geben! Um bei diesem Bild zu bleiben: Es soll sein wie eine Portion Sparerips – nein, ich denke es hat mehr Fleisch am Knochen: Es will sein wie ein Kotelett. Man kann, wenn man will, nachdem man das zarte Stück Fleisch zu sich genommen hat, noch einige Zeit daran herumnagen. Deshalb empfehle ich, dieses Buch als Arbeitsunterlage zu verwenden: Streichen Sie sich die Stellen, die Sie lieben mit roter Farbe an und die Stellen, bei denen die Galle hochsteigt mit Grün. Oder umgekehrt: Als Verkehrsteilnehmer nehmen Sie vielleicht lieber rot wenn Sie rot sehen, gelb wenn sie unentschieden sind und grün, wenn sie es für sich (nur für sich) gelten lassen können. So oder so: Die Sätze, die meiner Ansicht nach eine besondere Beachtung verdienen, habe ich schon blau eingefärbt.
Dieses Buch ist entstanden, weil ich sah, dass die Beziehung zu unserem Selbst eines der grossen Probleme unserer Zeit ist: Wir sind so eingepfercht zwischen den Forderungen die von aussen an uns gestellt werden, dass wir gar nicht dazu kommen uns zu fragen, was wir brauchen und was wir haben wollen. Jeder Mensch sollte wissen was er braucht und sorgfältig prüfen, was er tatsächlich haben will. Dieses Buch soll Ihnen helfen dies für sich selbst besser erkennen zu können.
Es gibt Menschen, die das, was ich als „Egoismus“ bezeichne, „Selbstbewusstsein“ nennen. Ich möchte deshalb hier meine Sicht darlegen: Selbstbewusstsein entwickelt sich am Ende zu Selbstherrlichkeit. Egoismus entwickelt sich im Extrem zu Selbstverliebtheit. Wenn wir davon ausgehen, dass wir das Extrem nicht anstreben, aber eine Richtung gehen möchten, können wir erkennen, dass Selbstbewusstsein etwas mit Stolz zu tun hat und Egoismus viel mehr mit dem Annehmen der eigenen Persönlichkeit. Dies halte ich, im Gegensatz zu Stolz für erstrebenswert.
Der Duden definiert „Egotismus“ mit „Neigung, sich selbst in den Vordergrund zu stellen“ und „Egoismus“ mit „Selbst -, Ichsucht, Eigennutz“. Da sich das Wort „Egotismus“ im Sprachgebrauch nicht etabliert hat, verwende ich das Wort „Egoismus“ im Sinne von Eigennutz. Das Thema Sucht werden wir in diesem Zusammenhang etwas später besprechen.
Der christliche Glaube bildet das absolute Fundament meines Denkens. Dies kommt aus der Erkenntnis, dass man sich immer einem Glauben unterordnet, ob man das bewusst macht oder nicht. Als selbstbewusster Mensch habe ich andere Ansichten sorgfältig geprüft und mich für das Christentum entschieden. Die heute populärsten sind der Buddhismus, der Glaube an die Natur, an den Menschen (Humanismus) und es gibt auch den rein physikalischen Glauben sowie den Glauben ans Geld. Das hat mir alles nicht entsprochen.
In der Bibel steht der Satz (Matthäus 19, 19 und 22,39 sowie Markus 12,31): „Liebe deinen Nächsten, wie dich selbst.“ Das bedeutet, dass immer 50% von allem, was mir zur Verfügung steht, für mich selbst gedacht ist! Falls Sie diese Behauptung als gewagt oder gar als falsch erachten, haben Sie einen guten Grund das hier vorliegende Buch zu lesen.
Lesen Sie es, wenn Sie denken, Christen müssten nur für die Anderen da sein, die eigenen 50% dürfe man sich nicht nehmen. Lesen Sie es auch, wenn Sie der Überzeugung sind, Ihnen gehöre sowieso alles und Sie wüssten nicht, weshalb Sie nur die Hälfte nehmen sollten, wenn Sie genauso gut auch alles haben können.
Andrerseits: Hören Sie mit dem Lesen sofort auf und schenken Sie das Buch weiter, falls keines dieser Punkte auf Sie zutrifft, dann bringt es Ihnen wahrscheinlich nichts. So können Sie wenigstens Ihr Selbstbewusstsein trainieren! Oder doch: Lesen Sie auf jeden Fall noch ein paar Sätze, denn es könnte ja sein, dass Sie sich gar nicht bewusst sind, wie sie wirklich im innersten denken und empfinden.
Dieses Buch wurde als Ganzes konzipiert. Falls Sie sich grundsätzlich mit Ihrem Selbstwert und dem dazugehörigen Gefühl auseinandersetzen möchten, lesen Sie es bitte am Stück. Im Fall, dass Sie sich das aber (noch) nicht wert sind, fühlen Sie sich frei, nur einzelne Elemente herauszuzupfen. Es gibt eigentlich nur die Empfehlung das Vorwort auf jeden Fall zu lesen, damit die hier zu Grunde liegenden Gedanken nicht komplett missverstanden und falsch interpretiert werden. Dies haben Sie hiermit bereits getan.
Noch ein Wort zum Titelbild: Diese Fassade habe ich in New York aufgenommen. Es zeigt ein Fenster, das von aussen anders aussieht als die anderen. Es ist nicht grösser als die anderen Fenster. Es ist auch sicher nicht das Fenster mit der schönsten Aussicht, denn es liegt in diesem Gebäude weit unten. Dennoch ist es ein spezielles Fenster. Es wurde einfach dazu gemacht. Es hat etwas mehr Würde durch die weisse Farbe, etwas mehr Freiheit durch den Balkon. Es nimmt aber , soweit es die Fassade betrifft, niemandem etwas weg und hat durch den Stuck auch ein wenig Prunk, der leicht auch lächerlich wirken kann. So ist der Egoist, wie ich ihn sehe: Eigenständig, unabhängig, anders ohne Andere zu bedrängen aber auch immer sehr exponiert!
2
Wozu ist Egoismus gut? Wer ist Egoist?
Egoismus ist nicht Selbstverliebtheit, nicht Rücksichtslosigkeit und nicht Selbstbezogenheit. Egoismus, wie ich ihn verstehe, ist das Herausfinden der eigenen Bedürfnisse und das entsprechende Denken und Handeln. Ich behaupte: Wer das nicht schafft, ist ein unvollkommener Mensch. Noch unvollkommener als alle anderen, nicht egoistischen Menschen. Weshalb das?
Wer nicht mit einem gesunden Egoismus lebt, ist unzufrieden oder arrogant oder launisch oder zynisch oder sadistisch oder aggressiv oder impotent oder frigide oder menschenscheu oder unbeherrscht oder einiges davon miteinander.
Ein Egoist ist ausgewogen, selbstsicher, zuverlässig und kreativ (was kein Widerspruch ist), denn er will, dass die anderen Menschen ihm positiv begegnen. Er oder sie hat es nicht nötig auf Konfrontation zu gehen, sich selbst beweisen zu müssen und hat auch nicht das Bedürfnis immer recht zu haben oder seine Ehre verteidigen zu müssen.
Ein Egoist hat ein Selbst-Bewusstsein mit starker Gewichtung auf die Erkenntnis der eigenen Bedürfnisse und Wünsche. „Bewusstsein“ heisst aber nur, dass man sich dieser Dinge bewusst ist, nicht dass man sie befürwortet. Ich kann zum Beispiel ein chronisches Verlangen nach Süssem haben. Es heisst nicht, dass ich dies richtig finde (zum Beispiel um die Schokoladenindustrie zu unterstützen), noch muss ich diesem Verlangen immer nachgeben. Wenn ich mir das aber bewusst bin, kann ich bestimmt besser damit umgehen.
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