Für das Lernen und Üben von sozialer Kompetenz spielt der Prozess des Korrigierens, des Testens und Überprüfens eine bedeutende und wichtige Rolle. Gleichsam als Aktionsforscher überprüfen wir unsere Hypothesen durch Beobachtungen.Durch das Beweiserlebnis integrieren wir Erfahrungen und können die Kluft zwischen unserer subjektiven Wahrheit und der Wirklichkeit verkleinern.
In einem Experiment, das ich seit Jahren meinen Gruppen anbiete, haben wir herausgefunden, dass abwertende Elemente im Führungs- und Verhaltensstil auch zu abwertenden Reaktionen bei den Adressaten führen. Die Konsequenz für mein Verhalten könnte also sein, auf abwertenden Worte und Haltungen zu verzichten und meine Aufmerksamkeit auf Zuwendung, Verstehen und positive Interaktionen zu richten. Hieraus haben wir Trainingsprogramme entwickelt, die Chancen für nichtverletzende Kommunikation und niederlageloses Konfliktmanagement eröffnen.Volksweisheiten finden ihre Bestätigung: „Wie du in den Wald hineinrufst, so hallt es auch wieder zurück“ oder „Wie du dich bettest, so schläfst du“ oder „Haust du meine Tante, hau ich deine Tante“.
Will ich mein Skript ändern, so kann ich herausfinden, wie es und die daraus abgeleitete Handlungstheorie in den frühen Kindheitsjahren zustande gekommen ist. Für manche ist das Bewusstwerden der negativen Auswirkungen des immer wiederholten Skriptverhaltens Anlass für Neuentscheidung und für Einüben neuer erlaubender Verhaltensweisen. Ein anderer Ansatz ist, gewünschtes Verhalten so zu lernen, wie ein Schauspieler es mit einer neuen Rolle tut. Neues Verhalten führt zu neuen Einstellungen und einer neuen inneren Landkarte. Wenn ich mein Verhalten schrittweise ändere, so ändern sich nach einiger Zeit auch Ziele, Einstellungen, Motive und Verhaltensweisen.
In Selbsterfahrungsseminaren haben die Teilnehmer Gelegenheit, sich selbst und andere zu beobachten. Sie richten ihre Aufmerksamkeit darauf, welche Verhaltensmuster sich in welchen Sequenzen wiederholen.
Viele von uns tendieren dazu, eher kritisch und abwertend mit sich selbst und anderen umzugehen.Als Zeuge ihrer selbst können sie herausfinden, wie häufig sie bei inneren Dialogen und auch bei sozialen Interaktionen freundliche oder abwertende Gesten, Sprachäußerungen, Gedanken oder Gefühle verwenden und welche immer wiederkehrenden Muster und Gewohnheiten, Widerstände und Abwehrverhalten sie reproduzieren. Eher negative Ziele und Annahmen führen zu Verhaltenssequenzen,die ich als „Konkurrenztheorie“zusammengefasst habe (Vgl. auch die Modelle I und II von Argyris C. 1999). Diese Strategie fällt uns meist leicht und erscheint ziemlich einfach zu sein. Sie führt zu nicht effektivem sozialen Verhalten. Das hier vorherrschende Prinzip ist Abwertung und Ablehnung.
Einfach, aber nicht erfolgreich: Konkurrenz und Abwertung
(1) Annahmen:
„Ich habe Recht. Jeder der nicht mit mir übereinstimmt hat Unrecht.“ „Es ist zu riskant über seine Gefühle offen zu sprechen.“ „Am besten beeinflusst man andere durch Überzeugung und logische Argumente.“
(2) Ziele:
Einseitiger Einfluss und/oder einseitige Führung der Interaktion, eigene Ziele erreichen ohne Abgleichen mit neuer Information oder Zielen anderer, Selbstschutz, Gewinnen/Verlieren vermeiden, Unterdrücken von Emotionen
(3) Strategien:
Logisches Argumentieren, Drohungen, Abwertung anderer, Haltung bewahren, Gefühle zurückhalten, Widerständen mit Überredung und Druck begegnen, Gefühle und Wahrnehmung anderer ignorieren, Ratschläge erteilen, Selbstverteidigung bei Kritik, sich auf Autoritäten stützen, Befehle erteilen, Forderungen stellen
(4) Ergebnisse:
Schlechte soziale Beziehungen, geringer Lernerfolg (weil kein offenes Überprüfen von Annahmen, kein Feedback), Commitment mit dem Ergebnis external (weil zustande gekommen durch einseitige Führung und Beeinflussung), Verschlossenheit / Manipulation / Misstrauen werden begünstigt, Selbstwert der Interaktionsteilnehmer sinkt
Unsere von Geburt an gegebene Unterschiedlichkeit der Wahrnehmung führt uns häufig ins Chaos, zu Konflikt und im schlimmsten Fall zum Krieg. Deswegen lohnt es sich, eine andere Strategie zu lernen, die nicht einfach ist aber mehr Erfolg und Zufriedenheit für alle Beteiligten verspricht. Ich nenne sie auch Kooperationstheorie.
Nicht einfach, aber erfolgreich: Kooperation und Zuwendung
Wir können unsere Unterschiedlichkeit als interessante Anreicherung unserer Lebensmöglichkeiten erfahren. Wir tauschen Wahrnehmungen aus, animieren uns gegenseitig und machen unsere Unterschiedlichkeit zur Quelle von Kreativität und Kooperation.
Das setzt Neugier und Aufgeschlossenheit voraus, kennen zu lernen wie andere Menschen ihre Realität erleben und gestalten und erfordert ebenso die Bereitschaft, Annahmen, Vorurteile und Hypothesen über uns selbst, andere und die Welt, permanent in der Gegenwart zu überprüfen.
Wir lassen uns auf die bestehende Interdependenz allen Lebens ein und entwickeln unsere soziale Kompetenz im Austausch und in der Auseinandersetzung mit anderen. So schaffen wir uns die Chance, die natürlichen Diskrepanzen zwischen Sagen und Tun, zwischen Lernen und Arbeiten und zwischen Ignoranz und Bewusstheit zu überwinden.
Diese Konfliktlösungsstrategie beruht auf Win-Win- Einstellungen.
Wenn wir uns unser einschränkendes Skriptverhalten bewusst machen, eröffnen wir uns neue Perspektiven und aktivieren unser Potenzial. Die angestrebten Ziele werden erreichbar. Wir wandeln negative Energien der Selbst-und Fremdrestriktion in positive Kooperations- und Lernenergie um.
Kooperationsstrategie für Veränderung:
(1) Annahmen:
Keiner ist schlauer als alle zusammen.“ „Durch den Austausch mit anderen gelangt man zur besten Lösung.“ „Ich lerne durch die Rückmeldung der anderen.“
(2) Ziele:
Beteiligung jedes einzelnen an der Interaktion, eigene Ziele mit neuen Informationen und den Zielen anderer abgleichen, durch mehr Fakten, mehr Alternativen, höherer Kompetenz zum besten Ergebnis
(3) Strategien:
vollständige und offene Kommunikation, Mitgefühl, Einfühlungsvermögen, Paraphrasieren, Zuhören und Wiederholen, Wahrnehmungsüberprüfung, Feedback nehmen und geben, Mitteilung eigener Gefühle und Ideen, Reflexion.
(4) Ergebnisse:
Gute soziale Beziehungen, leistungsförderndes Klima, Lernfortschritt (durch offenes Überprüfen von Annahmen und gegenseitiges Feedback), gegenseitiges Verständnis und Vertrauen / Entfaltungsmöglichkeiten / Kreativität werden gefördert, Selbstwert aller Beteiligten steigt.
Wir überprüfen unser Denken und Tun durch Selbstbeobachtung, Reflexion und Neuentscheidung. Wir machen uns selbst zum Forscher und Forschungsgegenstand in einem permanenten Prozess der Aktionsforschung und verbinden so Sagen und Tun, Lernen und Arbeiten zu einer Einheit.
In unseren offen für Teilnehmer aus unterschiedlichen Organisationen angebotenen Wochenseminaren Konfliktmanagement und Changemanagement finden Führungskräfte, Trainer und Berater ihre eigene Theorie sozialen Handelns heraus. Der Einsicht folgt die emotionale Auseinandersetzung. Neuentscheidung und das Einüben neuen Verhaltens. Im Anhang finden Sie Übungen.
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