Er hatte Algestras mit berannt
In Granada –, Belmaria bekriegt,
Satalia und Layas mit besiegt
Und hatte selbst zur See, im Großen Meere,
Ruhmvoll gekämpft in manchem stolzen Heere. [60]
In blut'gen Schlachten, funfzehn an der Zahl,
Zu Tramissene im Turnier dreimal
Stritt er für's Christenthum und schlug den Feind.
Derselbe werthe Ritter zog vereint
Zuweilen mit dem Herrn von Palatei
Gegen die andern Heiden der Türkei.
Stets ward der höchste Preis ihm zum Gewinn;
Trotz solchen Ruhms war er von weisem Sinn;
Wie eine Jungfrau sanft war er von Sitten,
Und nie war ihm ein plumpes Wort entglitten, [70]
Im Leben nicht; grob ließ er Niemand an:
Ein ganz vollendet edler Rittersmann.
Doch um zu sagen auch von seiner Tracht:
Sein Roß war gut; er selbst war sonder Pracht.
Er trug ein Waffenkleid von Fries, beschmutzt
Vom Rost des Panzerhemds und abgenutzt.
Denn von der Reise kam er nur soeben,
Um gleich sich auf die Wallfahrt zu begeben.
Auch war mit ihm sein Sohn, ein Junker gut,
Das war ein muntres und verliebtes Blut. [80]
Kraus, wie gebrannt, trug er sein lockig Haar;
Vermuth' ich recht, so zählt' er zwanzig Jahr.
Von Körperbau war er fein schlank und lang,
Von großer Kraft und von behendem Gang;
Gekämpft auch hatt' er bei der Caval'rie
In Flandern, Artois und der Picardie,
Und – noch so jung – erworben solchen Namen,
Daß er auf Gunst schon hoffte bei den Damen.
Er war geputzt gleich einem Wiesengrund
Mit roth und weißen Blumen, frisch und bunt. [90]
Er pfiff und sang, wo er nur mochte gehn;
Frisch Wie der Maimond war er anzusehn.
Trug kurz den Rock, die Aermel lang und weit,
Saß schön zu Roß und ritt mit Sicherheit,
Verstand sich wohl auf Dichten, Deklamiren,
Auf Schreiben, Malen, Tanzen und Turnieren;
So heiß war seine Liebe, daß die Nacht
Er trotz den Nachtigallen stets durchwacht;
Doch dienstbereit und höflich und bescheiden
Pflegt' er bei Tisch dem Vater vorzuschneiden. [100]
Ein Lehnsmann war sein einziger Begleiter
– Auf Reisen liebt' er kein Gefolge weiter –
Mit grünem Wams und Hut; im Wehrbehang
Führt' er ein Bündel Pfeile scharf und blank;
Mit Pfauenfedern war geschmückt ihr Bart.
Gut hielt er sein Geschoß nach Schützenart,
Daß nicht den Pfeil die Federn niederzogen;
Er trug in seiner Hand 'nen mächt'gen Bogen.
Sein Haar war rund gestutzt, braun sein Gesicht;
Von jedem Waidmannsbrauch wußt' er Bericht; [110]
Mit blanker Schiene war sein Arm bewehrt,
Und an der Seite hing ihm Schild und Schwert;
Ein Messer sah man an der andern blitzen
Mit schönem Griff und scharf wie Speeresspitzen,
Ein silberner St. Christoph schmückt' ihm vorn
Die Brust; an grünem Gurt trug er ein Horn;
Ein Förster war er nach dem Augenschein.
Auch eine Priorin fand hier sich ein,
Die war von einfach keuscher Freundlichkeit.
»Beim heil'gen Ludwig!« war ihr größter Eid. [120]
Frau Eglantine wurde sie genannt;
Die wohl sich auf den Messedienst verstand
Und stets höchst lieblich durch die Nase sang.
Französisch sprach sie auch mit feinem Klang,
Wie man in Stratford es auf Schulen spricht;
Französisch von Paris verstand sie nicht.
Sie war geübt in feinen Tafelsitten,
Nie ist ein Bissen ihrem Mund entglitten;
Nie taucht' in Brühe sie die Finger ein;
Schön nahm den Bissen sie und hielt ihn fein, [130]
Daß nie ein Tropfen auf die Brust ihr fiel;
Höfische Sitte war ihr höchstes Ziel.
Die Oberlippe wischte sie so rein,
Daß, wenn sie trank, nicht der geringste Schein
Von Fett zu sehen war an dem Pokal.
Höchst fein benahm sie sich beim ganzen Mahl,
Und außerdem war sie von heitern Sitten,
Voll Anstand, guter Laun' und wohl gelitten.
Des Hofes Art nach Kräften zu entfalten,
War sie bemüht und stattlich sich zu halten, [140]
So daß man Ehrfurcht stets vor ihr empfand.
Fragt ihr, wie es um ihr Gewissen stand?
Mitleidig war sie, mild und sanft durchaus.
Sie konnte weinen, wenn sie eine Maus
Wund in der Falle oder todt gefunden.
Man sah sie oft, wie ihren kleinen Hunden
Sie Braten gab und Milch und Krümchen Brod;
Und bitter weinte sie, war einer todt,
Ja, schuf man nur durch einen Hieb ihm Schmerz.
Sie war ein gar empfindlich sanftes Herz. [150]
Höchst zierlich war ihr Schleier aufgesteckt,
Hellgrau ihr Aug', ihr Naschen fein gestreckt,
Ihr Mund sehr klein und sanft und roth dabei,
Und ihre Stirn vor allem schön und frei;
Sie mochte breit fast einer Spanne sein;
Denn überhaupt war sie von Wuchs nicht klein.
Ihr Mantel war höchst säuberlich fürwahr
Und von Korallen trug am Arm ein Paar
Betschnüre sie, mit munterm Grün garniert,
Und blank mit einem goldnen Schloß geziert, [160]
Drauf stand zu oberst ein gekröntes A
Und drunter: Amor vincit omnia.
Noch eine andre Nonne war dabei,
Ein Priester auch, ihr Kapellan – die drei.
Ein Mönch auch war dabei, schön wie kein zweiter,
Ein Waidmann von Passion und flotter Reiter;
Männlich von Ansehn, eines Abtes werth.
Er hatt' in seinem Stall manch nettes Pferd,
Und wenn er ritt, so hörte man die Schellen
An seinem Zügel hell im Winde gellen, [170]
Als wären es die Glöcklein der Kapelle,
Wo dieser Herr Hausmeister war der Zelle.
Die Regel des St. Maur und Benedikt
Schien ihm schon etwas alt und gar zu strikt,
Und alte Dinge ließ er gern in Ruh.
Er steuerte dem neuen Zeitgeist zu,
Gab um den Text nicht ein gerupftes Huhn,
Der sagt, daß Waidwerk sei unheil'ges Thun,
Und daß ein Mönch, der von der Regel weicht,
Nur einem wasserlosen Fische gleicht [180]
– Das heißt ein Mönch, wenn außer dem Verschluß
Er gab darum nicht eine taube Nuß.
Und wie mir scheint, war diese Ansicht gut.
Was? Sollt' er nur studiren und mit Wuth
Stets in den alten Klosterschwarten wühlen?
Sollt' er, wie Augustin befiehlt, sich Schwielen
Arbeiten? Nun, was wird denn aus der Welt?
Drum placke sich, wem Plackerei gefällt!
So ward er denn ein rechter Sporenheld.
Sein Windhund flog dem Vogel gleich durchs Feld [190]
Und galt es Rosse tummeln, Hasen hetzen,
Schien nichts ihm theuer für dies Hauptergetzen.
Mit feinstem Grauwerk, das im ganzen Land
Zu finden, war verbrämt sein Aermelrand,
Und unterm Kinne trug er die Kaputze
Mit goldner Nadel zugesteckt zum Putze.
Ein Liebesknoten saß an ihrem Knopf.
Blank wie ein Spiegel war sein kahler Kopf,
Glatt wie mit Oel gesalbt sein Antlitz auch:
Feist war der Herr und wohlgenährt sein Bauch. [200]
Die Augen traten steif aus dem Gesicht;
Das dampfte – ärger dampft ein Backhaus nicht.
Die Stiefel fein, das Roß im höchsten Staat:
Er war fürwahr ein stattlicher Prälat.
Er sah nicht aus wie ein gequälter Geist;
Gebratne Schwäne liebte er zumeist.
Braun war sein Zelter wie die Beer' am Strauch.
Dann war ein Bettelmönch, ein muntrer Gauch,
Noch da; man sah ihm nicht die Schalkheit an.
In den vier Orden wüßt' ich keinen Mann, [210]
Der so geübt in schöner Redekunst.
Bei jungen Weibern stand er sehr in Gunst;
Viel Ehen sind durch ihn geschlossen worden,
Ein starker Pfeiler war er seinem Orden.
Bei den Freisassen rings im ganzen Land
War er beliebt und meist genau bekannt
Und in der Stadt bei manchen werthen Fraun.
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