„Deutsches U-Boot, willkommen auf Jandia. Bleiben Sie bitte auf dieser Position, der Befehlshaber des Stützpunks ist auf den Weg hierher und will Sie begrüßen. Ich werde Ihnen die Aufforderung zum Auftauchen dann geben.“
„Frage an Kommandant des U-Boot-Bunkers: Warum hat Ihr Peilsignal nicht funktioniert. Wir hatten erhebliche Schwierigkeiten. Ihr Signal ist schwer aufzunehmen.“
„Deutsches U-Boot. Ich bin nicht befugt, Ihnen auf Ihre Frage Antwort zu geben. Fragen Sie den Stützpunktkommandanten!“
Neumann musste sich erst einmal schütteln.
„Wetten, dass der Kerl von der SS ist. So arrogant können andere gar nicht sein!“
I/27.
Slot war ganz stolz auf seine Vorbereitungen zum Besuch der Fremden in der Wohnung des verblichenen Kunsthändlers. Da aber nicht zu erwarten war, dass sie sogleich, quasi auf Einladung, kamen, schaltete er die Empfangsstationen auf Bereitschaft und ließ das Programm im Hintergrund des Computers laufen. Danach sah er sich das Ergebnis seiner Fotografiererei an. Im Prinzip war er von dem Ergebnis angetan, doch fragte er sich, ob das Ganze überhaupt sinnvoll gewesen war. Die Serie über den Nurflügler Horten H XVIII erweckte aber aufs Neue sein besonderes Interesse. Die Fotos der Pläne und die Reproduktionen von Abbildungen von bereits fertiggestellten Testversionen ließen ihn ahnen, dass die Entwicklung weitgehend abgeschlossen war.
Er konnte sich erinnern, dass die B 2, das Flugzeug der amerikanischen Rüstungsfirma Northrop aus dem Jahr 1993, nur mithilfe von aufwändiger Elektronik fliegen konnte. Die H XVIII hatte noch keine Elektronik, die diesen Namen verdient hätte. Die Digitalisierung war noch gar nicht erfunden. Wie konnte diese Maschine aber, ebenso wie die Vorgängerin, die H IX, ohne Steuerungshilfen problemlos starten und landen. In der Literatur, nachzusehen im Internet, war zudem zu lesen, dass sich das Flugzeug sehr leicht steuern ließe. Wie konnte das sein. Warum waren die modernen Varianten dem alten Typ unterlegen. Nur Fachleute konnten das herausfinden. Aber hatten nicht die Amerikaner mit ihrer Spezialabteilung CIC, dem Counter Intelligence Corps, während und direkt nach dem Krieg Pläne und Wissenschaftler der Nazis in die USA gebracht. Hatten Amerikaner, Russen und Briten keine Pläne dieses revolutionären Flugzeugs? Im Internet war diese Frage nicht zu klären. Und was war mit den vielen anderen Staaten, die, wild entschlossen, immer mehr Kriegshandwerkszeug entwickelten?
Weiter stieß Slot bei der Sichtung der Fotos auf Akten deren Inhalt er nicht verstand. Es wurde von einem Hauneburg-Gerät, auch V 7 genannt, geschrieben. Vergeltungswaffe sieben. Wieder so ein Hirngespinst? Außerdem wurde in anderen Dokumenten über „die Glocke“ berichtet, die angeblich mit Antigravitation arbeiten sollte. Was war Antigravitation? Waren all dies nur Theorien, wild erfundene Geschichten, Wunschträume der Nazis, oder war tatsächlich etwas Wahres an den Behauptungen über die Wirksamkeit dieser Geräte. Von diesen Unterlagen, des Hauneburg-Geräts und der Glocke, hatte er lediglich die obersten Blätter fotografiert. Alle Unterlagen konnte er bei seinem letzten Besuch nicht aufnehmen. Nur von dem Nurflügler hatte er eine komplette Reproduktion. Das bedeutete, dass er noch einmal in den Bunker hinunter musste, um das Versäumte nachzuholen. Die Originale einfach mitzunehmen war nicht möglich. Der Umfang der Sammlung war zu groß, die Akten zu schwer, um sie allein abtransportieren zu können. Er musste also noch einmal hinein. Um zu reproduzieren.
Es blieb ihm nichts anderes übrig, als bis zum nächsten Morgen zu warten, um dann in den nächsten Elektronikmarkt zu fahren. Er brauchte Speicherkarten, Batterien für die Kamera und eine weitere Festplatte. Seine bisherigen Möglichkeiten waren ausgereizt.
I/28.
„Wir gehen sofort in den Bunker. Ich muss zum Boot. Wichtige Reichssache.“ Konrad hatte es auf einmal furchtbar eilig. „Wo ist der Zugang hier im Haus?“
„Nicht hier, Obergruppenführer. Wir müssen ein Stück mit dem Auto fahren. Zugang liegt außerhalb. Hier war keine Gesteinsblase. Deshalb ist der Bunker weiter unten.“ Kattowitz wollte sofort hinausstürmen.
„Halt, warten Sie mal. Es wurde doch immer behauptet, die Anlage läge direkt unter der Villa. Mit direktem Zugang, einem unauffälligen direkten Zugang.“
„Gerüchte, Obergruppenführer. Dienten nur zur Desinformation. Realität ist anders. Bitte mir zu folgen!“
Während sie nach draußen gingen, konnte sich Konrad nicht beruhigen. „Kaltenbrunner hat mir davon erzählt, und Heydrich. Ich glaube sogar Himmler. Und jetzt stellt sich raus, dass keiner von denen eine Ahnung hatte.“ Konrad blieb stehen und fing an zu lachen. „Lassen Sie dem U-Boot-Kommandanten sagen, dass er warten soll. Ich will ihn begrüßen. Ich will unsere Helden begrüßen.“
Kattowitz gab den Wachsoldaten Befehle. Ein Uniformierter rannte los, um das Auto zu holen, ein anderer stürzte ans Telefon. Konrad, sein Begleiter und Kattowitz stiegen in einen spanischen PKW und ließen sich zum Eingang des Bunkers fahren, der als Bauernhaus getarnt war. Der Wagen fuhr sofort wieder weg, als sie begannen, eine lange Treppe in den Untergrund hinabzusteigen.
Tief unter der Oberfläche öffnete sich eine weite Halle. Große Jupiterlampen beleuchteten einen langen Kanal mit einer Kaje zu beiden Seiten. Mittendrin befand sich eine fast runde Wasserfläche, die in einen breiten Seitenarm überging. An der Decke waren verschiedene Laufkräne installiert, die schwere Lasten heben konnten. Das Ganze sah aus wie eine riesige Fertigungshalle, die von Flussläufen durchzogen war. An der rechten Seite des Gewässers, fast am Ende des Kanals, lag ein deutsches U-Boot vom Typ XIV mit einer Länge von rund 67 Metern. Dieses Boot war als sogenannte „Milchkuh“, als Versorgungsboot, nach Fuerteventura gekommen, um Flugbenzin und Diesel zu bringen. Das Boot lag jetzt ohne Besatzung im Bunker, denn Konrad hatte befohlen, die Männer über Spanien wieder nach Deutschland zurückzuschicken. Die Kriegsereignisse hatten dies indessen verhindert. Die Männer saßen in Spanien fest.
In den Bunker hätten noch vier weitere Boote hineingepasst. Deshalb gab es noch viel Platz. Unheimlich, ja gespenstisch wirkte jedoch das noch getauchte Boot von Kapitän Neumann mit angeschalteten Positionsleuchten in der Tiefe des Beckens. Es schien dort ein unentdecktes Ungeheuer der Tiefe darauf zu lauern, endlich zuschlagen zu können. Mit einer Länge von fast 77 Metern machte es einen gefährlichen Eindruck.
Auf der Kaje standen fast zwanzig SS-Männer mit Schnellfeuerwaffen im Anschlag.
„Weg mit den Waffen. Wir wollen unsere Helden zur See doch nicht wie Verbrecher empfangen. Unterscharführer, lassen Sie die Männer antreten und das Gewehr präsentieren. Wir wollen die Leistung unserer Marine nicht unterschätzen. Obersturmführer, geben Sie dem Boot den Befehl zum Auftauchen. Meine Herren, Sie sollten Haltung annehmen. Sie werden jetzt die modernste Entwicklung der deutschen U-Boot-Waffe zu sehen bekommen!“
Der Obersturmführer, der momentane Kommandant des Bunkers, griff ein einen Blechkasten an der Wand und holte einen Telefonhörer heraus: „Deutsches U-Boot. Tauchen Sie jetzt auf.“
Der Lautsprecher im Wasser gab seine Worte merkwürdig verzerrt wieder. Ebenso die Antwort von unten. „Achtung Bunker, wir tauchen auf!“
Das Wasser im Becken, das bisher lediglich durch die Dünung draußen im Meer leicht bewegt war, schlug auf einmal Wellen. Zischgeräusche drangen nach oben. Das Boot bewegte sich.
„Na also, hat sich das Empfangskomitee da oben endlich versammelt. Na, mal sehen. LI, tauchen Sie langsam auf, wir wissen nicht, wie viel Platz wir haben. Männer! Sobald wir oben sind, raus und auf dem Deck angetreten. Wollen den Kerlen da draußen doch mal zeigen, was die deutsche U-Boot-Waffe kann. Steuerbordwache, ihr übernehmt das Festmachen, Zwei WO, Sie überwachen das. Eins WO, Sie überwachen das Hissen der Reichskriegsflagge. Ich komme als Letzter an Deck und grüße vom Turm aus. Die Steuerleute bleiben an den Rudern, LI, Sie überwachen das.“
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