„Obergruppenführer, XQH ist gesichtet worden. Auf Anlaufkurs.“
Das Abendessen war uninteressant geworden. Alle stürzten zum Fenster. Konrad befahl, sofort das Licht zu löschen, man könne ja gar nichts sehen. Alle starrten in die schwarze Nacht und sahen lediglich eine schwarze Nacht.
I/26.
„Ruder mittschiffs!“ Der Befehl wurde vom Turm aus in die Zentrale, sechs Meter tiefer, weitergegeben, und die Steuerleute führten ihn aus.
„Frage: Versatz durch Strömung?“
„Geschätzt ein Knoten zurzeit.“
„Ruder, zwei Grad steuerbord.“ Sekunden später lag der neue Kurs an.
„Ruder mittschiffs!“
Der Kommandant und der Erste Wachoffizier standen auf der Brücke. Hinter ihnen, den Blick aufs offene Meer gewandt, drei Matrosen der Wache, die auf feindliche Bewegungen zu achten hatten.
„Frage: Sichtungen?“ „Keine Kommandant“, kam es dreimal zurück.
„Sehen Sie eine Brandungswelle?“ Auch der Kommandant starrte angestrengt durch sein Glas.
„Ich bin mir nicht ganz sicher. Aber ich bilde mir ein, einen fluoreszierenden Streifen zu sehen. Das könnte die Brandung sein.“
„Schleichfahrt!“ Die E-Maschinen für die Schleichfahrt wurden angeworfen, das Boot verlor an Fahrt.
„Vielleicht noch einhundert Meter, dann sind beide Lichter deckungsgleich, Kapitän.“ Rabenhort hatte keine Lust, Gräben in den Meeresgrund zu pflügen.
„LI Frage: Tiefe?“
„Siebenunddreißig Meter abnehmend!“
„Tiefe laufend ansagen! LI: Fahrt rausnehmen!“
„Kommandant, wenn ich noch mehr Fahrt rausnehme, verlieren wir die Steuerkraft.“
„Fahrt reduzieren!“
„E-Maschinen stehen auf Minimum.“
„Meldung: Tiefe sechsunddreißig Meter mittschiffs!“
„Das Boot ist 76,7 Meter lang. Hoffentlich wird es vorne nicht zu knapp.“
„Es darf aber auch oben nicht zu knapp werden, sonst rennen wir uns den Turm ein.“
„Frage Horchposten: Kontakt?“
„Kein Kontakt! Wiederhole: Kein Kontakt! Kommandant Frage: Wissen die, dass wir kommen und das Ding auch anschalten?“
Eine Antwort auf diese Frage blieb Neumann schuldig, denn er wusste es auch nicht.
„Meldung: Tiefe fünfunddreißig Meter mittschiffs.“
„LI Tiefe weiter messen. Wiederhole: Tiefe weiter messen.“
„Kommandant! Deckung der Lichter. Tauchpunkt erreicht!“
„Einsteigen! Auf zwölf Meter über Grund gehen.“
Einer nach dem anderen rutschten sie die Leiter hinab. Die Wache zuerst, zum Schluss der Kapitän, die Klappe zugeschlagen und verriegelt.
„Rotlicht aus!“
Sofort flammte die schummerige Normalbeleuchtung an und machte das Innere des Bootes einigermaßen übersichtlich.
„Meldung: Höhe zwölf Meter über Grund erreicht.“
„LI! Halten Sie diese Höhe über Grund. Unbedingt halten. Sonar! Ein Ping! Mehr nicht.“
Alle im Boot hörten diesen durchdringenden Ton, der anderen Besatzungen häufig den Tod gebracht hatte, wenn sie von alliierten Schiffen verfolgt wurden. Hier sollte der Peilton Gewissheit darüber schaffen, dass sie auf dem richtigen Weg waren.
„Meldung: Wand geschätzt achtzig Meter voraus. Einfahrt noch nicht messbar.“
Irgendwas knirschte unter dem Maschinenraum im hinteren Teil des Bootes. Als hätten sie Grundberührung.
„Das ist nur Sand. Von der Seitenströmung in den Kanal gespült. Das kann das Boot ab!“
Zwar hörten alle die Worte des Kapitäns, so recht glauben wollte es aber keiner. Dann aber war ein anderes Geräusch nicht zu überhören. Ein stetiges Klopfen, als würde irgendwer mit einem Hammer auf eine Schiene schlagen.
„Frage: Soll das der Kontakt sein, nach dem wir steuern sollen?“ Der Horchposten war sich nicht sicher, wie er das Geräusch einordnen sollte.
„Wir nehmen es mal an. Horchposten: Verfolgen Sie das Geräusch.“
„Meldung von Horchposten: Hammerähnliches Geräusch geschätzt einhundertzwanzig Meter voraus, leicht nach Backbord versetzt. Geräusch kommt langsam näher.“
„Meldung: Tiefe schwankt erheblich zwischen zwölf Metern und sechs Metern.“
„Ruder ein Grad Steuerbord.“
„Meldung: Ruder spricht nicht an. Geschwindigkeit zu gering.“
„Jetzt treiben wir den Teufel mit dem Beelzebub aus. LI Geschwindigkeit hoch!“
Das Summen der E-Maschinen kam allen plötzlich sehr laut vor.
„Meldung: Boot dreht.“
„Ruder mittschiffs, E-Maschinen langsam. Sonar: Ein Ping!“
Wieder dieses Geräusch. Ping. Wieder die Angst, die in vergangenen Tagen immer wieder gefestigt worden war.
„Meldung von Horchposten: Hammerähnliches Geräusch kommt näher, jetzt Abstand einhundert.“
„Meldung von Sonar: Wand voraus geschätzt sechzig Meter. Möglicherweise Öffnung in der Wand fünfundzwanzig mal fünfundzwanzig Meter, Lage noch unklar. Frage: Erlaubnis zu weiterem Ping?“
„Erlaubnis erteilt!“
Noch ein Ping.
„Meldung von Sonar: Öffnung nun sicher. Öffnung weitgehend rund, über zwanzig Meter Durchmesser. Leicht nach Backbord versetzt. Stufe am Meeresboden voraus. Höhe zirka drei bis vier Meter. Abstand siebzig.“
„Meldung: Boot driftet nach Backbord ab. Vermutlich Strömung.“
„Ruder zwei Grad steuerbord. LI Geschwindigkeit hoch, Höhe elf Meter über Grund halten. Frage Horchposten. Wie ist die Lage?“
Inzwischen fuhren die E-Maschinen hoch.
„Abstand achtzig. Hammerähnliches Geräusch mittschiffs voraus. Signal wird stärker.“
„Ruder mittschiffs! Ansage Höhe über Grund.“
„Elf Meter, -- zehn Meter ….“
„LI Geschwindigkeit runter!“
„Meldung von Horchposten: Hammerartiges Signal mittschiffs.“
„Meldung: Höhe über Grund sechs Meter.“
„LI wir sind im Tunnel, gehen Sie einen Meter höher. Aber nicht mehr! Um Gottes Willen nicht mehr. Sonst kratzen wir unseren Turm an.“
„Verstanden, einen Meter höher.“
Der Leitende Ingenieur gab seinen Steuerleuten hektische Anweisungen und warnte gleichzeitig davor, nicht zu hektisch zu sein. Ruderausschläge, die jetzt zu stark ausfielen, konnten katastrophale Folgen haben.
„Meldung von Horchposten: Hammerschläge werden schneller! Das Signal ist dicht vor uns. Hammerschläge sind weg. Wiederhole: Hammerschläge sind weg.“
Von der Backbordseite waren schrammende Geräusche zu hören, als scheuerte das Boot leicht an etwas Hartem entlang.
„LI: E-Maschine halbe rückwärts.“
„E-Maschine halbe rückwärts!“ Die Maschinen wurden laut und das Boot verlor ruckartig an Fahrt.
„Meldung: Boot macht keine Fahrt mehr.“
„Sonar: Versuchen Sie über „Gertrude“ Verbindung aufzunehmen.“
Der Kommandant hastete die paar Schritte zur Sonarstation, in der auch das Unterwassertelefon mit dem Tarnnamen „Gertrude“, untergebracht war. Im Prinzip war Gertrude ein starker Unterwasserlautsprecher, den andere Sonarstationen hören konnten. Die Reichweite war sehr beschränkt.
„Ist was zu hören, antwortet jemand?“
Der Sonarmaat schüttelte nur den Kopf.
„Rufen Sie noch einmal.“ Dem Kommandanten wurde bewusst, dass er große Probleme bekommen würde, wenn er in den falschen Tunnel gefahren wäre. Aber, die Daten, die Peilung, die Tiefen, alles hatte gestimmt.
Im Lautsprecher krachte es. Dann Stille, dann wieder Krachen und dann eine Stimme:
„Deutsches U-Boot, hier spricht der Kommandant des U-Boot- Bunkers Jandia, schalten Sie Ihre Positionslampen an, damit wir die Lage des Bootes erkennen können.“
„Positionslampen an, Rotlicht einschalten. Wach-Kommando zum Aussteigen bereitmachen. Vorbereiten auftauchen.“
Draußen, in rund zehn Meter Wassertiefe, gingen die Positionslampen des Bootes an. Vorne, hinten und beiderseits des Turmes.
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