Helena Hoffmann - Eine Herzenssache
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Sie musste nach dem Tauchgang erneut eingeschlafen sein. Wie lange sie geschlafen hatte, vermochte Klara nach dem Erwachen nicht zu sagen. Sie kämpfte damit, die Augen dauerhaft offen zu halten. Träge durchstreifte ihr Blick den weißen Raum. Verschwunden war der Junge mit den glutroten Fußsohlen sowie die Frau mit der Grinsekatze auf dem Kopf, auch die elfenartige Kristin war nicht zu sehen. Stattdessen stand da eine mittelgroße, drahtige Frau, nicht weit von ihr. Immer noch lag sie in dem weißen Bett, wenn auch nunmehr ohne Taucherausrüstung. Die Frau, sie hatte ein ovalförmiges Gesicht wie das ihre, eine spitze, feine Nase, schmale Lippen. Klaras Blick blieb an ihr hängen. Ganz allmählich erkannte sie ihre Mutter. Hallo Liebes , sanftes Lächeln näherte sich ihrem Gesicht, eine behutsame Berührung war auf einem Arm zu spüren. Klara setzte zum Sprechen an. Wie zuletzt formte ihr Mund nur lautlose Worte. Sie erschrak. Versuche nicht zu sprechen, sagte ihre Mutter rasch. Du wirst derzeit beatmet und kannst deshalb nicht sprechen, erklärte ihre Mutter. Das vertraute Flaschengrün der mütterlichen Augen, die den ihren glichen, kam näher und wirkte beruhigend. Klara verstand nicht. Wo waren der weißhaarige Mann, die blonde Frau, die Zimmernachbarn? Wieso konnte sie nicht sprechen? Immerhin schien sie nun ruhig genug zu atmen und musste keine weiteren Atemübungen in der Taucherausrüstung vollziehen. Ihr Brustkorb hob und senkte sich, wie von unsichtbarer Hand geleitet. Da bemerkte sie nach und nach die Kanülen an ihren Armen, die Kabel, sie schienen überall, zudem irgendein Apparat links von ihrem Bett, der leise dröhnte. Schummrig wurde es ihr, sie wandte den Kopf von ihrer Mutter ab. Diese begann ruhig auf sie einzureden. Langsam und wiederkehrend erklärte sie Klara, dass diese seit einigen Tagen im Krankenhaus lege, dass es keinen Grund zur Beunruhigung gebe, dass alles wieder gut werden würde. Sie wäre sehr tapfer gewesen. Wieso tapfer, wieso auf Mauritius im Krankenhaus, dachte Klara verstört. Dann wurde die Tür geöffnet, der weißhaarige Mann mit der Brille und Tobias betraten das Zimmer. Tobias guckte so komisch. Nun sind sie endlich aufgewacht! , stellte der Mann mit weißem Haar und weißem Kittel am Fußende ihres Betts mit lebhafter Stimme fest. Seine wasserblauen Augen im rundlichen Gesicht schienen sie eingehend zu betrachten. Ohne eine Antwort ihrerseits zu erwarten, sprach er Ähnliches, wie ihre Mutter soeben. Sie solle sich keine Sorgen machen, Vieles hätte sie schon überstanden, alle wären froh, sie endlich im erwachten Zustand anzutreffen. Dabei lächelten alle drei einhellig, der Mann, Tobias und ihre Mutter und nickten immerzu. Klara wurde misstrauisch. Unterdessen trat eine Frau, ebenfalls im weißen Kittel an ihr Bett. Ihr schwarzes, in einer Hochsteckfrisur gefasstes Haar bildete einen starken Kontrast zu Schwester Kristins Elfenblond. Sie hielt einen Klemmblock und einen Kugelschreiber in den Händen. Da sie vorerst, wegen der künstlichen Beatmung nicht sprechen können , erklärte der weißhaarige Mann, der offenbar, wie Klara nun allmählich begriff, ein Arzt sein musste, können Sie mit uns schreibend kommunizieren. Schwester Christiane hat Ihnen etwas zum Schreiben mitgebracht. Bereitwillig ergriff Klara Block und Stift. Zu ihrer Überraschung vermochte jedoch ihre Hand nicht ihrem Willen zu folgen. Jeder Versuch, ein Wort auf das Papier zu bringen, endete in unleserlichem Gekritzel. Klara erfasste ein dunkles Angstgefühl. Das ist überhaupt nicht schlimm , beruhigte sie der weißhaarige Mann mit der Nickelbrille nach einer Reihe vergeblicher Versuche. Sie sind nach dem mehrtägigen Schlafen noch ziemlich durcheinander. Das ist überhaupt nicht ungewöhnlich. Es wird sich in den nächsten Tagen bessern, probieren Sie es einfach morgen von Neuem mit dem Schreiben.
Es bedurfte noch mehrerer Tage bis Klara in der Lage war zu erfassen, wo sie sich befand und was vorgefallen war. Obgleich sie nach dem Erwachen verstanden hatte, in einem Krankenhaus zu sein, lebte sie zunächst in der Vorstellung, sich weiterhin auf Mauritius zu befinden und wunderte sich über die Anwesenheit ihrer Eltern. Erst als sie mit den Tagen ihre Fähigkeit zu Schreiben wiedererlangte und den Satz „Wo sind wir?“ auf Papier brachte, klärte sie Tobias darüber auf, in Hamburg im Krankenhaus zu liegen. Auf ihre anschließend aufgeschriebene Frage, was denn geschehen sei, umfasste Tobias behutsam ihre schlanken, blassen Hände . Du erinnerst dich doch noch, dass du sowohl am Ende unseres Urlaubs als auch bei unserer Rückkehr an Kopf- und Gliederschmerzen gelitten hast, oder? Er wartete ihr schwaches Kopfnicken ab, bevor er fortfuhr . Vielleicht weißt du auch noch, dass diese Schmerzen mit den Tagen unerträglich stark wurden und ich deshalb in den Abendstunden des Ostersonntag schließlich den Notarzt gerufen habe. Erneut nickte Klara schwach. Sie entsann sich wieder. Nach ihrer Rückkehr aus Mauritius hatten zunächst die Gliederschmerzen aufgehört und sie war zwei Tage lang ins Büro gegangen, dann hatten sie erneut Kopf- und Gliederschmerzen geplagt und die üblichen Hausmittelchen und fiebersenkenden Medikamente wollten nicht in gewohnter Weise anschlagen. Ihr fiel wieder ein, wie appetitlos und matt sie sich an jenem Ostersonntag gefühlt hatte, als Tobias schließlich das Osterhuhn angerichtet hatte. Sie hatte mit sich kämpfen müssen, überhaupt einige Bissen davon zu sich zu nehmen. Am Abend war auf ihre Bitte hin der Notarzt gekommen, um ihr Schmerzmittel zu verabreichen. Mit plötzlich zittriger Stimme erzählte Tobias, wie Klara in jener Nacht von Ostersonntag auf Ostermontag trotz der Schmerzmittel beim Toilettengang zusammengebrochen wäre und wie sie nach seinem Notruf als Notfall ins Krankenhaus eingeliefert worden wäre. Die Ärzte wären zunächst von einer Tropenerkrankung ausgegangen, da Urlaub auf Mauritius. Doch dann wäre da ein Arzt mit mobilen Ultraschallgerät erschienen, alarmiert hätte er eine nur noch schwache Herzleistung diagnostiziert. Daraufhin überschlugen sich die Ereignisse , Tobias schluckte, seine Augen flackerten, wirsch fuhr er sich mit einer Hand durch sein Haar, behutsam drückte er mit der anderen Klaras Hände. Man hätte sie, fuhr er stockend fort, sogleich in die kardiologische Abteilung eingewiesen, ferner kurz darauf in den OP unter Reanimationsbedingungen gebracht. Als Tobias sie auf der Intensivstation wiedersah, befand sie sich im Schlafkoma. Man hatte kurzerhand in der Operation an ihr Herz eine Apparatur angebracht, die die Pumpfunktion des Herzens vorerst übernehmen sollte, wie ihm die Ärzte erklärt hatten. Dieser Apparat, ein sogenanntes Kunstherz, und Tobias nickte in Richtung der Maschine, die Klara seit ihrem Erwachen im leisen Dauerdröhnen Gesellschaft leistete, übernahm also derzeit Klaras Herzfunktion und gab ihrem eigenen Herzen die Möglichkeit, sich zu erholen. Empfindungslos betrachtete Klara die Apparatur. Später würde sie selbst über ihre Gefasstheit staunen, mit der sie Tobias‘ Ausführungen aufgenommen hatte. Im Nachhinein würde sie sich auch darüber wundern, wie wenig sie die in jenen Tagen mittels des weißhaarigen Arztes gewonnene Erkenntnis, ein neues Herz zu benötigen, falls sich das ihre nicht mehr erholen würde, geängstigt hatte. Wahrscheinlich war ihre unerklärliche Unerschrockenheit an den opiathaltigen Medikamenten gelegen, die ihr damals verabreicht worden waren, würde sie nachträglich mutmaßen. Offenbar hatten diese sie nicht nur tagelang in ein Kunstkoma versetzt, allem Anschein nach hatten sie Klara diese lebensbedrohliche Situation wie durch eine Glasscheibe gedämpft wahrnehmen lassen und sie vor Panikausbrüchen bewahrt.
6
Eines Nachmittages, Klara lag wartend auf Tobias im Bett und entdeckte das erste zarte Grün an der Baumkrone vor ihrem Fenster, trat der freundliche Doktor mit dem rundlichen Gesicht und der Nickelbrille gemeinsam mit ihrer Mutter an ihr Bett. Ihre Mutter, wenngleich sie es durch ein Lächeln zu verbergen versuchte, wirkte angespannt. Der Arzt rückte seine Brille zurecht und verfiel, wie so häufig, in irgendwelche Witzeleien. Klara mochte ihn. Er war ihr, schon bei der Ankündigung des Tauchgangs sympathisch gewesen, obschon sie mittlerweile wusste, dass es sich bei dem Ereignis um eine Mischung aus Wirklichkeit und Halluzination gehandelt hatte, die elfenartige Schwester Kristin, die sonderbaren Zimmernachbarn waren ihr nie wieder begegnet. Nun Klara, Mädchen , meinte der Arzt nach anfänglichen Späßen. Sie zu Duzen, hatte er sich ohne jemals zu fragen, zu Eigen gemacht, war sie mit Anfang dreißig doch eine der jungen Patienten der Herzintensivstation und hätte seine Tochter sein können. Wir wollen morgen mit dir noch einmal in den OP, um das Wasser um dein Herz herum zu entfernen und um einmal zu gucken, was dein Herz so macht. Es wird nicht lange dauern , fügte er hinzu und wollte wissen, ob sie Fragen hätte. Nach kurzem Überlegen schrieb Klara in nunmehr gut leserlicher Schrift auf ihren Block, die Frage, ob möglicherweise, das Kunstherz morgen entfernt werden könnte. Er grinste beim Lesen bübisch, kritzelte etwas auf den Block, überreichte ihn ihr und schritt eilig von dannen. Erst als er schon das Zimmer verlassen hatte, konnten ihre Mutter und sie seine nahezu unleserliche Handschrift entschlüsseln, die besagte „ Schauen wir Mal“ . Rückblickend würde sich Klara wiederum über ihre Gefasstheit am Operationstag wundern. Für immer eingebrannt in ihr Gedächtnis würde ihr die empathische Narkoseärztin kurz vor dem Eingriff bleiben. Beruhigend hatte sie auf Klara eingeredet, sanft ihr über den Kopf gestrichen, bevor sie in einen traumlosen Schlaf hinübergeglitten war. Dann der Augenblick des wieder zu sich Kommens: wieder der weißhaarige Doktor nebst einem der ihr schon bekannten Assistenzärzte, ein weißer Gasluftballon mit lachendem Strichmännchengesicht über einem Pfosten am Bettende schwebend. Freundlich nickte das rosige, rundliche Gesicht des Oberarztes ihr zu. Du hast es überstanden, dein Herz schlägt wieder. Wir haben das Kunstherz somit heute ausgebaut . Zum ersten Mal seit den unzähligen Tagen im Krankenhaus, die sie in einer Mischung aus eigenartiger Gefasstheit und Apathie verbracht hatte, überkam Klara ein tiefes Gefühl des Glückes und der Erleichterung, als hätte sie soeben erst begriffen, wie nah sie am Scheideweg zwischen Leben und Tod gewesen war. Die in ihr zurückgekehrte Lebendigkeit ließ jedoch in den nächsten Tagen auch Gefühle der Ohnmacht und der Verzweiflung in ihr aufsteigen. Hatte sie zuvor jede erforderliche Behandlung durch Ärzte und Pflegepersonal still, gar empfindungslos über sich ergehen lassen, als wäre sie ein Objekt, nicht ein lebendiges Wesen, ergriff sie nun die Scham, wenn sie in ihrer Bettlägerigkeit, ihre Notdurft in der Bettpfanne verrichten musste. Ausweglosigkeit und Verlorenheit überkamen sie, wenn sie in den Rollstuhl für Stunden neben ihr Bett gesetzt wurde, um das aufrechte Sitzen und Atmen ohne künstliche Beatmung zu üben. Tobias hatte vorerst unbezahlten Urlaub genommen. Was dies für seine Berufung zum Partner bedeutete, die er noch während ihres Mauritius Urlaubs als unmittelbar bevorstehenden nächsten Schritt gesehen hatte, darüber schwieg er sich aus. An eine Ausübung seines stressigen Berufs war vorübergehend nicht zu denken, hatte er ihr von sich aus gestanden. Zu sehr erschüttert war er durch Klaras plötzliche Erkrankung. Gräulich sein Gesicht, die Augenringe waren so tief wie einst vor ihrem Urlaub. Klaras Mutter hatte kurzerhand ihre Sachen gepackt und war vorerst in das Gästezimmer in Klaras und Tobias Wohnung gezogen. Sie wollte so nah wie möglich, bei ihrem einzigen Kind sein, stets im Bilde über den Gesundheitszustand ihrer Tochter. Klara, die ihre Mutter als resolut und zupackend kannte, fragte sich ab und an, wie denn sie und Tobias gemeinsam dort in der Wohnung klarkämen und ob sich nicht Tobias überfahren fühlte von der Dauerpräsenz ihrer Mutter, schließlich war er es nicht gewohnt, mit seinen Schwiegereltern mehr als ein paar Tage Zeit zu verbringen. Jedenfalls ließen sich die beiden bei ihren Besuchen nichts vor ihr von irgendwelchen Meinungsdifferenzen oder Spannungen anmerken. Obschon Klara von Kindesbeinen eine innigere Beziehung zu ihrem Vater gehabt hatte, während das Verhältnis zu ihrer Mutter nicht problemlos gewesen war, war sie nun sehr dankbar über ihre Anwesenheit. Ihr Vater kam nach verrichteter Arbeitswoche lediglich an den Wochenenden nach Hamburg. Er war ein ruhiger, in sich gekehrter Mann, nicht ohne Autorität, die er als Berufsschullehrer einzusetzen verstand. In Klaras augenblicklichen Zustand war er nicht in der Lage, Gefühle zu äußern oder gar Entscheidungen zu treffen. Starr lächelnd, stand er groß und hager vor ihrem Bett und streichelte meist wortlos ihre Hand. Ihre Mutter hingegen glich einer Löwin, die um ihr Junges kämpft. Über die Wochen hatte sie gute Kontakte zu allen behandelnden Ärzten und Pflegern etabliert, sei es mittels Interesse an der Person, sei es über kleine Aufmerksamkeiten, wie selbstgebackenen Kuchen, mitgebrachten Frühstücksaufschnitt oder Obst. Sie leistete Klara nicht nur täglich an den Nachmittagen im Wechsel mit Tobias Gesellschaft, sondern mischte sich auch unter das Personal der Intensivstation. Somit wusste die Mutter Einiges aus dem Privatleben der Pfleger und Ärzte zu berichten. Während sie ihr das Bettzeug aufschüttelte, ihr beim Ändern der Liegeposition half oder ihr die durch die Klimaanlage unter Trockenheit leidenden Arme und Beine eincremte, ließ sie Klara die letzten Neuigkeiten wissen. Dann wiederum Geschichten von den Nachbarn aus der Heimat, fernmündlich über Klaras Vater war ihre Mutter stets im Bilde. Über die Wochen, in denen Klara zunächst vollständig, dann nur des Nachts künstlich beatmet wurde und ihr die dafür angebrachte Apparatur unterhalb des Kehlkopfs das Sprechen versagte, hatte sich ihre Mutter angewöhnt, in einer Art zu erzählen, als ob die beiden in einem Zwiegespräch standen. Sie warf in ihren Erzählungen Klara Fragen zu, auf die sie sogleich selbst eine Antwort gab. Klara dürstete es nach den Besuchen an den Nachmittagen. Außer ihrer Mutter und Tobias kamen fortan vermehrt Freunde. Wenn auch nicht in Gruppen, sondern einzeln, galt täglicher Besuch bereits als Ausnahme von den strengen Besuchsregeln auf der Herzintensivstation. Ihrer wochenlangen Liegezeit wegen war man gewillt ein Auge zuzudrücken. Tobias hatte ihr einen kleinen kabellosen Fernseher zum Zeitvertreib außerhalb der Besuchszeiten besorgt, da die Patientenzimmer der Intensivstation nicht über Fernsehgeräte verfügten. An den sich schier endlos ziehenden Vormittagen gab es allerdings Nichts Sehenswertes und somit war Fernsehen kein Mittel gegen Langeweile und Trübsal. Die Stunden ab dem zeitigen Frühstück flossen bis zur Besuchszeit dahin wie ein träges Gewässer. Klara verbrachte sie nunmehr stets im Rollstuhl mit Blick auf die allmählich immer grüner werdende Kastanie vor ihrem Fenster, zuweilen in ein Buch vertieft, meist in Gedanken. Das aufrechte, stundenlange Sitzen im Sessel war beschwerlich, ihre Muskulatur war nach dem wochenlangen Liegen noch sehr schwach, anstrengend auch das selbstständige Atmen. Unermüdliches Üben war notwendig, sprach sie sich selbst gut zu. Nur, wenn ihre Atemmuskulatur stark genug sein würde, könnte die Kanüle, die sie bislang für die nächtliche Beatmung benötigte, gezogen werden. Nur wenn die Kanüle gezogen und das Löchlein oberhalb ihres Kehlkopfs zugewachsen sein würde, würde sie endlich wieder sprechen können. Endlich wieder ohne Block und Stift kommunizieren, Klara fieberte diesem Tag entgegen. Wenn allerdings der Abend kam und die Nacht vor ihr lag, empfand sie die Vorstellung, wieder an die Beatmungsmaschine angeschlossen zu werden, als äußerst beruhigend. Ihr Brustkorb hob und senkte sich dann ganz gleichmäßig, mühelos. Ein leises Rauschen umgab sie. Die aufkommenden Ängste, ohne künstliche Beatmung qualvoll des Nachts zu Ersticken blieben aus, auch die wüsten Hustenanfälle, die sie jedes Mal bekam, wenn sie frei atmend einschlafen sollte. Es hilft nichts, du musst diese Hürde nehmen, mein Kind , verkündete ihr der weißhaarige Arzt eines Tages. Durch das Monitoring in unserer Schaltzentrale ist ein unbemerktes Ersticken deinerseits völlig ausgeschlossen , versicherte er. Wir sehen dort alles auf unseren Bildschirmen , wiederholte er immer wieder. Und wenn es ohne Beatmungsgerät klappt, dann kann auch endlich die Kanüle raus und du wirst wieder sprechen können, fügte er anspornend hinzu. Schließlich half Klara das Anlegen einer Sauerstoffmaske vor dem zu Bett gehen über ihre Erstickungsängste hinweg. Diese blies konstant reinen Sauerstoff sanft in ihre Nase. Damit schaffte sie es ohne Panikattacken ruhig weiter ein- und wieder auszuatmen und schließlich in den Schlaf zu finden. Keine Taucherausrüstung, keine künstliche Beatmung, dachte sie scherzhaft gequält.
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