„Wie wirkt sich das aus?“, fragte A1 erneut überrascht.
„Selbst das Gelb ist kein reines Gelb mehr. Es ist eher giftig, schmutzig.“
„Kein Wunder“, meinte der Boss. Er zog die Stirn kraus und befand sich zum wiederholten Male zwischen allen Stühlen. Er bedauerte außerordentlich die Zerstörung des Planeten durch die eigenen Bewohner und fühlte sich auf der anderen Seite glücklich, in Kürze die Erde ohne großes Tamtam übernehmen zu können.
A1 machte sich Gedanken über die Entwicklung der Menschen.
In den letzten Erdenjahren hatte sich eine dramatische Wandlung vollzogen.
Jetzt tat sich etwas Neues. Die Bedrohungen der Kontinente mit Raketen und dem riesigen Nukleararsenal. Einer hat mehr Tötungsmaschinen als der andere, Raketen, die jeden Winkel des Feindes erreichen könnten, gleichzeitig aber selbst nicht erreichbar sein sollten für die Abwehrmaßnahmen des Feindes.
Es waren die Dinge, auf die ein Staatenlenker zurückgriff, um von sich reden zu machen. Als wahrer Künstler, der den Menschen die Schönheit des Lebens nahebringen konnte, verfehlte er mit einer solchen Verhaltensweise sein Ziel. Ganz im Gegenteil. Sein Lächeln über die Kraft ihrer Tötungsmaschinerie streifte ebenso die von Leid geprägten Gesichter der Menschen, hier und dort.
Die Erdenbewohner versifften ihren eigenen Lebensraum. So wie ihre Waffen immer vernichtender wurden, ihr Kriegspotenzial an Brutalität zunahm, so verdreckten sie andererseits die Luft, die Erde und das Wasser, für viele Generationen. Die einen Waffen waren nach außen gegen einen mutmaßlichen Feind gerichtet, die anderen nach innen, beide waren geeignet, den Lebensraum der Menschen zu zerstören. Beide waren gleichermaßen abscheulich vernichtend. Gerade in dieser Zeit drohte die eine Supermacht mit einer Hyperschall Rakete, die von niemandem aufgehalten und vernichtet werden könnte.
Wie es dem Unternehmenschef gleichgültig zu sein schien, welche Gifte aus den Schornsteinen seiner Fabrik in zweihundert Meter Entfernung von seinem Büro und dreißig, vierzig Meter Höhe geblasen wurde, so zogen sich die Staatenlenker aus der Verantwortung zurück.
Wie die Mutter, die mit einem Geliebten schwatzt, ihre Wahrnehmung ausschließlich auf den Körper des Angebeteten richtete, während der Kinderwagen unbeobachtet mit ihrem Baby auf den Abgrund zurollt.
„Komm, ich will Dir etwas zeigen“, lockte er C6 in einen weiteren benachbarten Raum von der gleichen Größe wie der erste.
Ebenfalls in dem Büro, das sie nun betreten hatten, drehte sich an einer Wand ein Hologramm der Erde im gleichen Format wie in dem Raum zuvor. Und doch unterschied sich dieses Bildnis dramatisch von seinem Vorgänger. Diese dreidimensionale Verkörperung der Erde in leuchtenden Farben zeigte die ganze Misere, in die sich die Menschen hinein katapultiert hatten. Sie hörten es rauschen und klatschen.
„Was ist das Klatschen?“, fragte C6.
„Es ist die Begleitmusik des Untergangs, das aufeinander Schlagen der Plastiktüten und anderer Plastikteile bei geringstem Wellengang. Bisher haben die Menschen keine ernst zu nehmenden Ideen geäußert, wie sie ihrem eigenen Drama entgehen könnten. Es fehlt ihnen dazu, wie sie selber sagen, der politische Wille, zumindest handeln sie so. Lieber kippen sie weiterhin zwanzig Millionen Tonnen Plastikmüll Jahr für Jahr mit zunehmender Tendenz in die Weltozeane. Das Denken und Handeln der Erde ist zu kurzsichtig angelegt, als dass sie davon Abstand nehmen könnten. Dabei aber neigen sie dazu, jeweils die andere Seite der Fehler zu bezichtigen.“
Der Gestank berührte ihre Nasen und schmatzende Filme liefen an ihren Augen vorbei. A1 lächelte, schnippte mit den Fingern, trat drei Schritte zurück und kreierte den Gedanken: „Los geht’s“.
Die Bilder der Erdkugel vor ihren Augen gewannen an Schärfe und Farbintensität. Das Hologramm legte in der Umdrehung an Geschwindigkeit zu. Mit ihren Gedanken näherten sie sich der Oberfläche des Planeten auf den er es abgesehen hatte.
„Ja, leider ist es genau so, wie das Hologramm es darstellt. Ich habe es oft genug erlebt. Die Atmosphäre verdunkelt sich, die Meere werden vergiftet mit Plastik und schwimmendem Dreck. Niemand denkt daran, ihn herauszufischen“, untermalte C6 die Vorführung. „Niemand denkt auch nur annähernd daran, das Plastik Zeugs aus Ihrem Leben zu verbannen.“
Und A1 kam erneut der Gedanke an Menschen, die bewusst eine negative Tendenz in das Streben junger Menschen, die sich um den Planeten Sorgen machten, einfließen ließen, indem sie das Wort „Verzichtgesellschaft“ als bedrohlich darstellten.
Und diese mit Plastik überschwemmten Meere formten sich in dem Augenblick zu einer anklagenden Visage, der Fratze des Untergangs. Allein an der amerikanischen Küste sammelt sich ein Plastikdreck von der fünffachen Größe Deutschlands, hieß ein Kommentar zu den Hologrammbildern.
„Macht weiter so“, empfahl A1 zynisch. Ein starker Strahl verließ sein Gehirn und die winzigen Gedankenwellen erreichten in Ideenschnelle die Oberfläche der Erde. C6 erschrak heftig. A1 schaute ihn mit einer großen Vermutung an. Hatte C6 jetzt bereits eine starke Bindung zur Erde? Und welcher Art war diese?
„Geht weiterhin so leichtfertig mit den Ressourcen eurer wunderschönen Erde um“, sagte er grinsend und schüttelte seinen Kopf dabei.
Dort, auf dieser traumhaften Erde hatte der Boss mehrere Ziele auserkoren von sogenannten Negierern. Es waren mächtige Menschen, deren Stimme überall galt, die aber den Schutz der Natur und der ganzen Erde in Ihren Aktionen vernachlässigten. Deserteure, die sich vom Volk abgewandt hatten und ausschließlich das Ego im Sinn hatten. Er machte sich die Verräter zu Partnern, die die Klima Veränderung, das Dahinsiechen der Gletscher, die Verseuchung der Luft durch industrielle Schadstoffe und einiges mehr, verleugneten. Er war folglich dabei, die zerstörerischen Elemente auf der Erde zu unterstützen. Alles, was ihm half, den Planet Erde möglichst ohne Kampf zu übernehmen, fand seine Unterstützung. Und die Menschen sind zu dumm, als dass sie die gezielte Einflussnahme von außen erkennen konnten.
Die radikal erscheinende Argumentation des Chefs ließ den jungen Spion erschauern. Die glatten Vernichtungsszenarien von A1 veranlassten den zurückgekehrten Erdenbesucher seine Position zu überdenken, während A1 seine weitere Vorgehensweise erläuterte.
„Einige bedeutende Menschen können mir helfen, den schönen Planeten ohne großen Kampf zu übernehmen. Es sind die Verräter an der eigenen Erde. Sie sind die Nestbeschmutzer und Zerstörer des Lebensraumes Erde. Es ist für mich leicht gewesen, die leeren Köpfe für mein Ziel so zu beeinflussen, dass sie politisch gesehen jeden weltweit schützenden Eingriff zum Wohle der Natur verhinderten.“
C6 zeigte sich entsetzt ob der krassen Vernichtungsorgie, die A1 inszenierte.
Auch dieses Mal erreichte die gesonderte Klientel der Gedanke von A1: „Alles in bester Ordnung. Ein Klimawandel, wenn überhaupt, ist durch die Sonneneruptionen bedingt, der Mensch kann nichts daran ändern.“ Diese Gläubigen des alleinigen Sonneneinflusses und Verleugner menschlichen Dazutuns sprachen ab sofort mit seiner Stimme.
„Es ist wirkungsvoller als es sich die Menschen vorstellen können“, flüsterte C6, als spräche er über ein Geheimnis. „Die Menschen denken stets nur von Nachricht zu Nachricht, die als Einzelgeschehnis unbedeutend bleiben würde. Die Summe all der vielen Katastrophen, hat niemand je addiert, natürlich auch die gleichzeitigen Wirkungen nicht. Auf Erden sprach man höchstens von einzelnen katastrophalen Klimaveränderungen. Die Kumulierung einzelner Katastrophen zu nicht umkehrbaren Veränderungen waren nicht sichtbar genug. Sie, die Erdenbürger brauchten dazu gröbere Erkenntnisse. Sie verleugnen den heran rauschenden Untergang. Sie wollen ihn nicht wahrhaben. Das Abstreiten der Probleme ist ihr Versagen.“
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