Das Volk jubelt ihm zu, seine Wähler versprechen, ihn wieder zu wählen, und er beginnt das Feiglingsspiel mit Lügen von Neuem. Ob auf den britischen Inseln, im Urwald Brasiliens, bei den Abschussrampen in Nordkorea, im von Flüchtlingen überfluteten Italien, in der angeblich hilfsbereiten Türkei, bei den afrikanischen Königen, oder gar auf dem Vorstandsposten großer Unternehmen.
Es gibt immer mehr dieser Feiglingsspieler, die ihr Spiel mit großer Klappe aber wenig Risiko für sich selbst eingehen.
Während in unserer Jugend noch der einzelne mit seinem Leben für das Spiel gerade stand, ist der heutige Feiglingsspieler ein armer Wicht, der oft nur von der Dummheit der überwiegenden Mehrheit der Wähler zehrt. Aber, obwohl die selbst pleite sind, geben sie dem feigen Hazardeur mangels eigenen Mutes immer wieder eine neue Chance.“
A1 blickte lange auf die Zeilen, die er als Beispiele erhalten hatte. Sein Überblick über die Geschehnisse der letzten Jahrhunderte ließ ihn kopfschüttelnd zustimmen. Ist von dieser Spezies jemals Vernunft zu erwarten, fragte er sich? Die vernichtende Antwort ließ ihn wegen seines eigenen Zieles frohlockend in die Zukunft schauen.
Doch von ganz besonderem Wert erwies sich der Planet, den sich die Menschen als ihre Heimstatt ausgesucht hatten. Wer der Erde aus dem finsteren und tödlich kalten Weltraum näher kam, sah den kleinen weißen Punkt stetig heller und in ein himmlisches Blau überführt zu werden, bis er in ein traumhaftes Meer der verschiedensten Farben hinüberwechselte. Aus dem dunklen, beinahe schwarzen All tauchte diese Verheißung göttlichen Daseins als Rettung für jedes denkende und fühlende Wesen auf. Der einsame Astronaut erkannte vor allem das Blau der Meere und der Luftschichten und schließlich bei näherem Herankommen die Schönheit grüner Wälder und bunter Wiesen, das tiefe Blau der Meere ,das Eis der Polarkappen und gewaltigen Gletscher, und das glanzvolle Braun der trockenen Wüsten. Und das sollte jetzt alles vorbei sein!
Trotz des gedanklichen Ausflugs in die Ästhetik kehrte A1 schnell in das wahre Erdenleben zurück, als er sich fragte:
Wie konnten diese Menschen mit hässlicher Materie, mit tödlichen Waffen an der Selbstbestimmung der kreativsten Wesen im Weltall herumballern, als wäre es nichts? Wussten die politischen Führer und Kapitalmonster dieser Nationen nicht um die Schönheit und Einmaligkeit ihres Planeten in unserem All, sinnierte A1? Erst wenige dieser Menschen, die sie Astronauten nannten, hatten das Bild der Erde, das Versprechen auf Friede, Freude, Glücklichsein und heimischer Wärme in ihrer vollen Schönheit und Wirklichkeit erlebt. Sie, die ersten Entdecker astronautischer Erlebnisse waren wohl nicht in der Lage, den Menschen das Erlebnis Erde aus weiter Ferne zu vermitteln.
Und doch, die Kreativität hob die Menschen gegenüber anderen Körperwesen hervor. A1 konnte sich nicht von der schönen Erde lösen. Es existierte ein furchtbarer Widersinn in den Anschauungen und Bewertungen der Menschen. Hier die Schöpferkraft einer bis ins Unendliche bevorzugten Rasse, dort die mörderische Einfalt eben desselben Gewächses. Sie waren überwältigend in der Poesie, Malerei und Musik. Eigentlich, dachte A1, waren sie gleichermaßen begabt, was die Erzeugung von Waffengattungen und mörderischer Geschicklichkeit anbelangte. Nur eben waren sie auf diesem Terrain nicht so ausgeglichen, eher widersprüchlich und unvernünftig. Deswegen musste Whitehurst sein Bett aufsuchen, deswegen mussten die Akribaler jetzt die Erde übernehmen. Sie würden nicht daran vorbeikommen.
So ergab es sich, dass die Akribaler mehr und mehr die Frage aufwarfen: Können wir uns bei den Menschen integrieren oder müssen sie zunächst alle vernichtet werden, bevor wir uns auf der Erde einnisten? A1 verdichtete die Fragestellung auf wenige Elemente, um zu einem gültigen Ergebnis zu gelangen.
Diese seltsame Verbindung von Whitehurst zum Weltall, die ihn an der Angel hielt, ließ den Astrophysiker wie auf einer Rakete durch den Raum schleudern. Und der Wissenschaftler ahnte nicht, wohin ihn das Schicksal führen würde.
Das Schicksal der Erde wird besiegelt
Der Ethikwahrer auf Akriba schaute sich zufrieden in seinen Räumlichkeiten um.
Wenn sich alle Menschen Gedanken darüber machen würden, wo ihr Lebensraum heute steht und weiterhin Überlegungen darüber, wohin sie dieses derzeitige Vorgehen treiben würde, müssten sie doch zu dem Schluss kommen, dass die Menschheit geradewegs auf die Katastrophe zusteuertre. Wo aber lag der Wert einer Katastrophe gegenüber einem normalen Erdendasein? Die Verlockungen dieser Katastrophe schienen unermesslich, als hätte eine dritte Macht den Menschen diese Art Sucht eingeimpft?
Offenbar setzte bei nahezu allen Menschen die Vernunft aus, wenn es um den Schutz des eigenen Planeten ging. Respekt vor der Natur und den Menschen war ihnen abhanden gekommen. Sie waren nicht die Untertanen der Natur. Sie waren die Beherrscher der Natur. Unverständlicher umso mehr, da erkennbar war, wie sie die Natur bekämpften. Auch wenn es durch Unachtsamkeit und Selbstherrlichkeit geschah. In ihren Köpfen schien zu viel durcheinander geraten zu sein.
In der wahren Erkenntnis versagten sie. Die Größe des Lebens hatten sie in ihrer Gesamtheit verkannt. Viele konnten nicht mehr bewusst „Ja“ zum Leben sagen. Andere maßen das Leben ausschließlich an der Größe ihres Aktienportefeuilles und das blieb immer zu klein.
Bald würde C6 bei ihm auftauchen und voller Lebensenergie über seine Erderfahrungen berichten. Er hatte dort bestimmt etwas entdeckt, was ihn in Sehnsucht zur Erde aufrieb. A1 wusste darüber Bescheid, so war es in den vergangenen Perioden gelaufen. So würde es auch diesmal laufen. Mit einem Unterschied, vielleicht. C6 war dem Jünglingsalter entwachsen. Das könnte … Na ja, mal sehen, dachte er. Und schon klopfte es an die Tür, die danach von selbst aufsprang. Er trat ein, C6, der wunderschöne Mann, der es sich nicht hatte nehmen lassen, diesmal seinen Erdenkörper nach Akriba mitzubringen.
A1 schaute ihn an und hatte Freude daran seinen stolzen „Menschen“ wiederzusehen. Die Gestalt von C6 lockte wahrlich Bewunderung bei ihm hervor. Die Gedanken gingen ihm durch den Kopf: „Wenn die Erdenbürger jetzt auch noch wüssten ,wie man vorgehen müsste, um ein solches Vergnügen des Körpertausches in andere Sternensysteme zu verlagern, wäre die Unendlichkeit des Alls nicht mehr sicher in seiner Einzigartigkeit.“
A1 ließ seinen Erdenspion an seinen neuen Anschaffungen teilhaben.
An der gegenüberliegenden Wand seiner gemütlichen Wohnung mit integriertem Büro prangte ein Hologramm dieser Erde. Darin hatte der Blaue Planet, in leuchtenden Farben dargestellt, einen Durchmesser von 2,5 m. Um diese Kugel herum rotierte ein Kreis wie die Ringe des Saturn, ebenfalls eines Sonnentrabanten. Allerdings war es kein Gürtel aus Steinen, Felsen und Eis. Der Heiligenschein der Erde stellte sich aus hellblauer, durchscheinender Farbe dar, eine Reflexion der Luftschichten, die den Planeten umgaben. Nach außen hin wurde die Farbe blasser, um ihn in einer tiefen Schwärze nach dem Ring in der Weite des Weltraumes zu versenken.
„Hast Du Ähnliches auf der Erde erlebt, wie dieses Hologramm darstellt?“, fragte er seinen Boten.
„Wenn Du die durchsichtigen Scheiben um den Erdball herum meinst“, ergänzte der junge All-Reisende, „ist etwas gar zu Betrübliches festzustellen.“
„Du meinst die äußeren Ringe? Sag, wie machen sie sich aus?“
„Du wirst einen neuen Pinsel mit stetig wechselnder Farbe nehmen müssen. Das Blau verblasst in der Wirklichkeit. Es wird gelb und grau. Der Blaue Planet, wie er auch auf Erden noch dargestellt wird, ist zu einem Wunschdenken verkommen.“
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