„Ein Problem wird dadurch nicht geringer, wenn man es verleugnet. Mir scheint, es ist die Angst vor der Wahrheit. Es ist die unverantwortliche Vogel-Strauß-Politik, die den Erdball in den Untergang treibt.“
In dem Moment wälzte sich auf ein Naherholungsgebiet aus einer hohen Ritterburg mit vielen Schornsteinen in Raubrittermanier ein unbegrenzter Schwall giftiger, dunkler Gase und stinkender, blutrünstiger Todesengel und stürzte sich auf die wehrlosen Bürger, raubte ihnen den Atem und die klare Sicht.
Sie hinterließen Atemnot, Krankheiten, siechende Qual und bösartige Todeskrämpfe . Über kurz oder lang stahlen sie den Menschen das Leben. Die Schwärze für sich allein hinterließ eine tödliche Bedrohung, geschweige denn die Zutaten und böswilligen Turbulenzen des chemischen Angriffs.
Es waren die schädlichen Abgase eines Chemiegiganten, die sich, unbeachtet ihrer Gefährlichkeit, ohne Kontrolle und Warnung auf den Weg machten, die Erde zu vernichten und mit ihr jegliches Leben.
„Dies ist das, was man auf der Erde wissenschaftlichen Fortschritt in der Wirtschaft nennt,“ gab C6 betrübt von sich.
Der Boss auf dem fremden Planeten grinste angeekelt, als er den Film gedanklich auf Details schaltete. Sichtbar wurde in einem der großen Ozeane ein riesiges Schiff, das sich der Kategorie Kreuzfahrtschiff zugehörig fühlte und das die Wellen durchpflügte. Ein Schiff, zwar neu ,aber hässlich wie die Nacht. Wohnblock an Wohnblock gereiht, keine Unterschiede. Ein Projekt, dass beispielhaft die Ziele der Menschen verkörperte: Gier und Gewinn. Wo blieb die Ästhetik einer Seereise?
„Sieh Dir das an“, meinte A1, „dieses prachtvolle Schiff mit so viel …Geldgier stiehlt die Ästhetik.“
In dem Moment öffnete der Ozeanriese eine seiner gewaltigen Heckklappen und spuckte tonnenweise dreckigen, stinkenden Müll heraus, der sich in Windeseile breitflächig auf der Wasseroberfläche verteilte. Die Zoomanlage von A1 konnte mehr als nur die Objekte näher heranholen. Sie zeigte ihm über die Fakten hinaus, die Wirkungen und Konsequenzen des Fehlverhaltens. Mit einer intergalaktischen Brille war er in der Lage das Bild in jedem Detail nahe zu sich heranzuziehen. A1 nahm alles wahr, was in Strichen und Punkten, in Farben, Geräuschen und Gerüchen geschah.
Er hustete und schwenkte seinen Blickkontakt zu einer anderen Seite. Dort glitzerte und blinkte es aus Millionen Plastiktüten, schwimmenden Dosen und vielfältigen Medikamentenschachteln, die das Wasser zu einer einzigen chemischen Brühe verkommen ließen. Sie alle bedeckten inzwischen einen Großteil der Ozeane. Jetzt schon fragte sich A1: „Wie viel Dummheit der Menschen vertragen die Meere eigentlich noch?“
„Stell Dir vor“, erwähnte er seinem Boten gegenüber, „all die feinen Damen und Herren in ihren vornehmen Kleidern beim Kapitänsdinner würden ab sofort an der nächsten Anlegestelle hinausgeschickt werden und müssten nach einer ersten Runde des Hirndurchschwimmens durch diesen Plastikdreck vier oder fünf Stunden arbeiten, um den Müll, der sich inzwischen an den Ufern angesammelt hätte, wieder einsammeln. Natürlich ohne Lohn. Ich kann nicht verstehen, was an meinem Vorschlag schlecht sein sollte? Ja, sie werden es tun müssen“, ließ er sich vernehmen. „Es ist ein letzter Versuch, sie wieder zur Vernunft zu bringen.“
Er demonstrierte seinem Mitarbeiter C6 mit welcher Macht die Akribaler die Erde retten und zur Vernunft bringen könnten, wenn sie denn wollten.
„Einen Teil dieser Fähigkeiten werde ich Dir beibringen“, sagte er.
C6 überlegte, was sein Boss nun wirklich vorhätte. Die letzten Worte zumindest bewiesen seine Zerrissenheit bezüglich der Erde.
A1 wiegte seinen Kopf. Er entschied sich für ein Gefühl der Einsicht und lächelte dazu. Nichts konnte ihm lieber sein, als die Zerstörung des Lebensraumes der Erde durch die derzeitigen Bewohner selbst. Obwohl ihn immer wieder der Widersinn seiner Gedanken verwirrte ob seines Zynismus’:
„Ich hätte es am liebsten, wenn die Erde in ihrer ganzen Schönheit erhalten bliebe. In diesem Fall allerdings sind die Menschen mit der Zerstörung der Ozeane intensiv beschäftigt.“
„Ja“, bestätigte C6. „Erstaunlich, sie berichten zwar ab und zu in den Fernsehnachrichten und den Zeitungen darüber, als wäre es in einem Kindernachrichtensender, mehr geschieht aber nicht. Die Entrüstungen über den Dreck der Anderen halten bei den meisten gerade die Zeit der Lektüre durch. Grund dafür ist auch sicherlich, dass nahezu jeder dieser Erdenbürger an der Verseuchung seines eigenen Lebensraumes mitwirkt. Nein, nicht alle Schiffe spucken den Plastikmüll ins Meer. Aber viele, wie ebenso viele Menschen in jedem Wald, an jedem Bach und Fluss ihren Plastikabfall einfach fortwerfen. Wer es nicht glaubt, sollte mal ein paar Mal an verschiedenen Tagen durch den gleichen Wald spazieren. Selbst hundert alte Autoreifen habe ich dort schon gefunden. Rücksichtsloses, unüberlegtes Handeln.
Gerade auch, was das Thema Feinstaub anbelangt, beeilt sich jeder Bürger, sich mit Autofahrten, Kaminheizungen, Flugreisen an der Zerstörung der Atemluft zu beteiligen.“
„Tja,“ ergänzte C6, „So geschieht es vorrangig in Industriegebieten auf der Erde. Es heißt zwar immer wieder, das ist wichtig und erhält Arbeitsplätze, dennoch ließen sich viel mehr Schadstoffe aus den Abgasen und der stinkenden Luft herausfiltern, wenn sie nur endlich wollten. Eher verlautet von offizieller Seite: Das geht nicht, das kostet zu viel Arbeitsplätze. Oh nein, oh nein, das ist völlig falsch. Es würde das Topmanagement vielleicht einen Teil ihrer Aktien kosten. Sie sind aber nicht bereit, ihre Gewinne mit den Leuten aus der Umgebung zu teilen.“ Na ja, schob er hinterher. Das mit den Aktien sei nicht so wörtlich gemeint. Aber die Gewinne der Unternehmen ließen schon gute Filteranlagen zu.
Und wenn schon, müsste man sich fragen, welche Arbeitsplätze würde es kosten? Es können nur Arbeitsplätze von denen sein, die das Gift in die Luft blasen, und die uns damit vergiften wollen. In anderer Hinsicht können Arbeitsplätze bei den Herstellern entsprechender Filteranlagen und neuer hilfreicher Produkte und erfindungen geschaffen werden.
„Was meinst Du damit?“, fragte ihn der Boss, „gibt es da brauchbare Ansätze?“
„Nun, mehr als das. Da gibt es Unternehmen, zumindest habe ich eins kennen gelernt voller junger Leute und voller Ideenreichtum. Sie sind dabei ein System zu entwickeln, das es ihnen ermöglicht, diesen Dreck wieder aus der Luft zu ziehen und ihn nicht nur gut abzulagern, sondern noch als Brennstoff für die Heizungsanlagen sowohl privater als auch öffentlicher und industrieller Gebäude zu nutzen. Eine fantastische Idee, allerdings mit starken Widerständen.Es gibt sogar Stahlproduzenten, die eine neue Art der Energiegewinnung über Wasserstoff schufen. Aber auch die leiden unter heftigsten Widerständen.“
„Warum das?“
„Öl, Gas, Industrieunternehmen, Energieproduzenten, bestehende Verschmutzer der Erde haben etwas dagegen.“
„Ach“, meinte A1, „die übliche Gier nach Kapital.“
Nach kurzer Gedankenpause meinte er:
„Alles Quatsch, es ist eher so, als planten sie bewusst den Untergang.“
Es war die Situation, bei der sich C6 fragte, wo A1 eigentlich stehen würde. Will er den Untergang der Erde bewusst beschleunigen oder will er sie lieber retten. Er erkannte die Zerrissenheit, in der sich der Boss befand, daraus würde sich noch manch eine gestresste Situation ergeben. Gleichzeitig entschied er sich bei allen Wegen, die er vorhatte, seine eigene, klare Entscheidung vor Augen zu halten. Die war nun seit kurzer Zeit ein wenig verändert. Er hatte in Erfahrung gebracht, dass es wohl Unternehmen und vor allem junge Startups gab, die sich mit neuester Technologie für die Rettung der Erde beschäftigten. Um ihr wohltuendes Potenzial würde er sich in Zukunft mehr kümmern müssen.
Читать дальше