Markus Varga
Bali Buddha Burnout
Ein Hochzeitsdrama in 250 Tagen
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Der Hochzeitstag
10 Tipps gegen den Bali-Wedding-Burnout
Impressum neobooks
Vor fünf Wochen hat Karin Ja gesagt. Es war ein überraschtes, aber auf jeden Fall uneingeschränktes, freudiges Ja. Ein Jaja. Weniger positiv eingestellte Menschen als ich hätten ihre zehnsekündige Denkpause als aufkommende Zweifel interpretieren können. Aber ich kenne Karin. Karin ist keine, die sofort Ja sagt. Karin durchdenkt die Dinge gern. Doch nach einer kurzen Pause hat sie die Dinge durchdacht und Ja zu mir gesagt. Ich atmete einmal tief durch und wagte mich an die zweite Frage: Wollen wir buddhistisch heiraten?
Darauf antwortete meine Frisch-Verlobte ebenfalls mit Ja. Karins zweite Denkpause war deutlich kürzer als die erste. Ich vermute, sie hatte die erste Denkpause bereits dazu genutzt, alle Optionen für die Hochzeit durchzuspielen, eine buddhistische inklusive. Vor ihrem geistigen Auge entfaltete sich vermutlich auch ihr Hochzeitskleid, baute sich der Traualtar auf und nahm die ganze Zeremonie Gestalt an. So wie jetzt an ihrem Finger langsam ein Ring Gestalt annahm, der ihre Augen glänzen ließ.
Da war es fast schon ein Leichtes, die dritte Frage zu stellen: Heiraten wir auf Bali? Karin strahlte: Ja, Jonas, wo denn sonst? Recht hatte sie. Auf Bali sind Buddhisten gegenüber den Hindus zwar eindeutig in der Minderheit, aber wer möchte schon vor einer Münchner Standesbeamtin namens Veronika Mayrhuber stehen, die Metta-Bhavana aufsagen und mit einem herzlichen Vergelt‘s Gott in die buddhistische Zweisamkeit verabschiedet werden? Auch eine Trauung durch einen buddhistischen Mönch am Chiemsee lag völlig außerhalb unserer meditationsgeschulten Vorstellungskraft. Ich höre immer noch den Wirt aus unserem Münchner Stammlokal: „Jonas, i sog dir: Bessa zwoa Ring unta de Augn, ois oa Ring am Finga!“
Nein, Buddha gehörte nach Bali und nicht nach Bavaria. Also Braut: Ja! Buddha: Jaja! Bali: Jajaja!
Karin und ich hatten uns schon vor geraumer Zeit für den Buddhismus entschieden – aus Überzeugung und nicht, weil es gerade zum Lifestyle passt. Wir fanden am Buddhismus so sympathisch, dass er sich nicht um Gott, sondern um den Geist dreht. Und wer nun denken könnte, wir haben zu viel Eat Pray Love gesehen, den müssen wir enttäuschen: Wir können mit diesem Streifen nichts anfangen. Wie oft wurde die Idee schon kopiert: Kapitalismusmüder Westler mit Burnout fährt zur Selbstfindung gen Osten, wird spirituell weich geklopft, verknotet sich bei diversen Sonnengrüßen, entflechtet sich wieder bei einer traditionellen Hot-Stone-Massage und meditiert sich bis zur Erkenntnis, dass es nicht nur um Geld im Leben geht, oh nein, sondern um Sinn! Und schon kehrt der einstmalige Psychiatriepatient als geläuterter Yogi zurück und verkündet seinerseits die Idee von Prana und liebender Güte.
Nichts für ungut, aber Julia Roberts ist nun wirklich nicht schuld, dass wir Bali entdeckt haben. Wir waren im Jahr zuvor dort im Urlaub und wussten sofort: Hier wollen wir uns trauen. Es war mehr als das übliche Urlaubsgefühl, das einen schon am ersten Tag befällt, wenn man etwa das Meer rauschen hört und das Essen plötzlich anders schmeckt. Ich spreche von dem einzigartigen Bali-Feeling: Dort begegnet jeder dem anderen freundlich und höflich, lächelt aus vollem Herzen, ernährt sich gesund und bewegt sich automatisch im Zeitlupentempo. Kurz, die Balinesen sind – in der Mehrheit – einfach gut drauf. Und damit meine ich nicht das „Gut-Draufsein“ eines Surfers, der die perfekte Welle gefunden hat, oder eines 60-jährigen Hippies auf seiner Cannabis-Plantage, sondern eine grundsätzlich entspannte Haltung zum Leben.
Bali bietet noch einen weiteren Vorteil als Hochzeits-Location: Karin kann ihre australischen Freunde einladen, die sie bei einem einjährigen Aufenthalt in Sydney kennengelernt hatte. Die Aussies verbinden eine Bali-Tour mit einem kurzen Inselhopping über das verlängerte Wochenende – so wie die Münchner mal eben einen Abstecher zum Gardasee machen. Für die Zeremonie, Feier und Übernachtung haben wir eine wunderschöne Villa in Ubud im Landesinneren gebucht. Mit der Besitzerin haben wir sofort geklickt. Helen ist Hawaiianerin, lebt und arbeitet wahlweise in San Francisco, Madrid, Delhi und Indonesien, unterrichtet balinesische Kinder und veranstaltet nebenbei Musikfestivals. Sie allein ist schon ein Grund, sich auf Bali zu trauen.
Helen versicherte uns auch, dass wir auf ihrem Grundstück bis in die Nacht feiern dürfen. Die Absprache mit den Nachbarn würde sie übernehmen. Denn nicht jeder kann auf der Insel einfach eine Hochzeit feiern. Ausländer benötigen eine Reihe von Genehmigungen, für die sie kräftig zur Kasse gebeten werden. Eines der ersten Wörter, die wir in diesem Zusammenhang lernten, war die Banyan Fee. Dahinter verbirgt sich keine balinesische Märchengestalt, sondern eine ominöse Sicherheitsgebühr. Paare lassen sie der lokalen Community zuteilwerden, in der sie heiraten wollen. Was Heiratswillige im Gegenzug erhalten, ist nicht genau definiert – im besten Fall die stille Duldung der Anwohner. Im Normalfall verlangen die Communities neben der Banyan Fee eine zusätzliche Sicherheitsgebühr. Dabei hatten wir während unseres Urlaubs nie den Eindruck, auf einer gefährlichen Insel gelandet zu sein oder sich nachts verbarrikadieren zu müssen.
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