Die Reaktionszeiten sind fantastisch, die inhaltliche Qualität der Antworten ist allerdings verbesserungswürdig. Eine Deby schreibt mir:
Hello Mr Jonas, many thanks for your kind request. For your wedding we offer a very special package:
2 white umbul-umbul
4 torches
8 lanterns
1 mobile altar with flower deco and statue of goddess of your choice
Table deco (combination of Rose and Frangipani)
1 carpet of white Frangipanis (additional flower for additional charge)
1 priest (very serious and experienced)
33 pigeons (local)
10 floating candles (local flower, flower import for additional charge)
1 gratis transfer to consulate for legalization of documents
Kindest regards,
Deby
An dieser Mail beruhigt uns nur eins: dass wir die Göttin selbst aussuchen dürfen, unter deren Augen wir vor den Altar treten werden. Dass der Priester erfahren und seriös ist, versteht sich für uns von selbst. Oder beauftragen andere Paare einen Komiker für die Zeremonie? Eine schnelle Recherche im Online-Lexikon ergibt für „umbul-umbul“ nicht wie erwartet eine traditionelle Trommel, mit der uns balinesische Stammeskrieger einheizen wollen, sondern eine große Fahne. Scheint üblich zu sein, dass auf Bali Hochzeiten im Stile des G7 Gipfels ausgeflaggt werden.
Ich bemühe mich um eine gelassene, höfliche Antwort. Als Anhänger des achtsamen E-Mail-Verkehrs halte ich alle Regeln der Kindfulness ein:
Herzlichen Dank für Ihr Angebot. Das ist schon sehr viel versprechend. Aber haben Sie meine Mail überhaupt gelesen? Ich wiederhole: Wir haben da an etwas BESONDERES gedacht und wollen bewusst KEIN Package. Wie flexibel sind Sie in der Ausgestaltung unserer Hochzeit? Mit freundlichen Grüßen,
Jonas Sorgmann
Die Antwort lässt etwas auf sich warten. Ich verfluche bereits meine deutsche Direktheit, dann aber erreicht mich folgende Mail:
Hello Mr Jonas, many thanks for your kind answer. We have adjusted the special offer for you as requested.
2 blue umbul-umbul
4 torches
8 lanterns
1 mobile altar with flower deco and statue of goddess of your choice
Table deco (combination of Lotus and Frangipani)
1 carpet of white Frangipanis (additional flower for additional charge)
1 priest (very serious and experienced)
33 pigeons (local)
10 floating candles (local flower, flower import for additional charge)
1 gratis transfer to consulate for legalization of documents (5 USD for each additional mile)
Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Deby diese Mail abgeschickt hat, ohne sich zumindest innerlich kaputtzulachen. Habe ich dem german guy eins ausgewischt, hahaha! Ich lasse mich erneut nicht von meinem achtsamen Pfad abbringen, wäre doch gelacht.
Herzlichen Dank für Ihr großzügig verändertes Angebot. Unser Farbthema ist jedoch Türkis, nicht Blau und auch nicht Weiß.
Zu mehr Zeilen kann ich mich beim besten Willen nicht aufraffen.
Meine E-Mail verfehlt die gewünschte Wirkung um Haaresbreite.
Hello Mr Jonas, many thanks for your answer. We only use local flowers. They are not turquoise. We neither have turquoise pigeons in our country. Bring them with you if you want. No problem. But we kindly ask you to change you color theme in white for a better support from our side.
Ich frage mich, ob sie für diesen wertvollen Ratschlag bereits ein Honorar stellen, und versuche es doch einmal bei Say yes! - in der Hoffnung, dass damit nicht gemeint ist: Sag ja zu jedem unserer unverschämt teuren Angebote! Diesmal bitte ich um Unterstützung beim Papierkram. Auch hier erreicht uns die Antwortet nur wenige Sekunden, nachdem wir die Mail abgeschickt haben:
I am glad to support you in legalization of your marriage. Please send to us the following documents in German, English and Indonesian at latest 3 months before wedding and pay 224,57 USD (5 percent surcharge via Paypal) to our account at Central Bank of Indonesia:
1 certified copy of birth certificate (not older than 6 months)
Copy of passports bride and groom
Copy of passports best man and maid of honor
1 Certificate of No Impediment from their Consulate or Embassy in Indonesia
6 small photographs of bride and groom together standing side by side, facing straight ahead, groom on the right, bride on the left; groom with collar and sleeves, bride with wide shoulder straps or sleeves; size 4x6cm; taken horizontally; recommended in photo studio Mercy (Jalan Rapkahrith, Sanur – only 5 minutes walk from German Embassy)
1 copy of divorce or death certificate (in case of previous marriage)
1 registration form for registry office in Djakarta
1 cinnamon stick
3 bananas
3 papayas
Fried rice
Ich überlege kurz, ob an meiner Ehefähigkeit irgendwelche Zweifel bestehen, und gehe auch mein Vorstrafenregister durch. Bis auf die paar Punkte in Flensburg finde ich jedoch nichts Anstößiges. Der freundliche Hinweis auf das Fotostudio weist meines Erachtens darauf hin, dass der Studiobesitzer mit dem Konsul mindestens befreundet, wenn nicht verschwägert ist. Beide werden allein mit den vorgeschriebenen Hochzeits-Passbildern ein nettes Nebengeschäft machen. Ich erinnere mich an die Mafia-Warnliste und beschließe, mit der Überweisung noch zu warten. Auch wird mir nicht klar, was Obst und Gewürze auf der Liste zu suchen haben:
Vielen Dank für Ihre Antwort. Bitte überprüfen Sie noch einmal Ihre Angaben zum Schluss. Wie und warum sollen wir Lebensmittel importieren? Sind das bereits die Opfergaben für die Zeremonie?
Mein Trauzeuge Boris scheint seine Frau noch nicht restlos überzeugt zu haben. Lea ruft jetzt selbst an:
Sagt mal, wie soll das denn überhaupt gehen mit der Zeremonie? Werden wir da nicht weggespült am Strand? Kann ich da meine neuen Schuhe anziehen?
Lea, wir heiraten nicht am Strand. Und Schuhe brauchst du auch nicht.
Ah sooo…
Wir heiraten in den Reisfeldern.
Aaah soooo… Und da stehen wir dann mitten im Reis? Ohne Schuhe?
Lasst euch einfach überraschen!
Auch auf diese Kurzformel haben wir uns geeinigt. Meist lässt sich das Gegenüber darauf ein. Wer nicht, wird auch nicht für das Menü eingeplant. Dieser Vorabfilter erleichtert die Planung ungemein. Lea bleibt hartnäckig:
Was denkst du, soll ich mich gegen Malaria impfen lassen?
Für Lea ist der gesamte Osten (die Zone hinter der Türkei) ein einziger gefährlicher Dschungel. Ich fürchte schon, dass Lea aus Angst vor Mückenstichen komplett verhüllt an der Zeremonie teilnimmt. Hoffentlich setzt sich Boris‘ Vernunft durch. Und hoffentlich findet Lea im Yoga ihre innere Balance und bringt damit ihre Malaria-Panik zum Schweigen.
Bali ist so gut wie Malaria-frei!
So gut wie? Ok, ich mach mich mal schlau. Danke aber für deine Tipps. Ich melde mich morgen noch mal wegen des Dengue-Fiebers!
Ich will gerade entgegnen, dass ich nicht beim Tropeninstitut arbeite. Da legt sie schon auf.
Wir gehen eine Liste mit deutsch-indonesischen Übersetzern durch, die uns von der indonesischen Botschaft in Frankfurt (Öffnungszeiten mittwochs von 14-15 Uhr) für die Dokumente und Urkunden empfohlen wurden. Es war eher eine verbindliche Aufforderung statt Empfehlung. Beim achten Namen erhalten wir eine Antwort, nachdem die sieben Übersetzer zuvor alle im Urlaub, krank oder überlastet sind. Auf die Frage, wer schließlich die Übersetzung des Übersetzers beglaubigt, erhalten wir als Antwort: die indonesische Botschaft. So schließt sich der Kreis.
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