Mit leicht bebender Stimme fügte Berger an: „Der Vorwurf, der Vorstand habe persönliche Ziele verfolgen wollen, ist völlig inakzeptabel.“
Unbeteiligt
Dann ging er auf das Finanzgeschäft selbst ein. Er sagte: „Ich war in keiner Weise an den Vorbereitungen von Omega55 beteiligt.“ Das sei Sache von Kapitalmarktvorstand Joachim Friedrich und dem Immobilienvorstand Peter Rieck gewesen, aus dessen Ressort Kredite aus der Bilanz mithilfe von Omega55 teilweise ausgelagert wurden. Die hohen Bestände an Neugeschäften bei gleichzeitig schwacher Eigenkapitalausstattung war der „Öffentlichkeit nicht zu vermitteln“, erklärte sich Berger.
Von Nebenabreden nichts gewusst
Er sei auch nicht über wesentliche Absprachen mit der BNP Paribas, mit der Omega55 abgeschlossen wurde, informiert gewesen. Den Brief, in dem die Nebenabreden zum Geschäft stehen, kannte er nicht, den so genannten „side letter“. In diesem Brief hatte die BNP Paribas entscheidende Bedingungen für den Deal gestellt
Nach internen Vorgaben gehandelt
Berger habe sich zudem an interne Vorgaben für solche Geschäfte gehalten. Demnach sieht die „Kompetenzrichtlinie“ der HSH vor, dass bei „Eilbeschlüssen“ - und Omega55 war von Mitvorstand Peter Rieck als „Eilbeschluss“ ausgegeben worden - zwei Vorstandsunterschriften genügten. Damit galt der Beschluss als rechtsverbindlich genehmigt. Seine Unterschrift für die Freigabe des Geschäfts sei also gar nicht mehr nötig gewesen, sagte Berger, weil vor ihm bereits Immobilienvorstand Rieck und Risikovorstand Strauß unterschrieben hatten. Seine Unterschrift will Berger dann auch nur als „zur Kenntnisnahme“ verstanden wissen, mehr nicht. Er habe Omega55 geprüft und für aufsichtsrechtlich in Ordnung befunden. Berger sagte auch, er konnte nicht sehen, dass die Risiken, die die BNP Paribas der HSH im A-Teil abnahm, im Teil-B von der HSH wieder zurückgenommen werden sollten. Für ihn sah es so aus, als seien die Risiken zwischen den Banken verteilt. Deshalb habe er das Risiko möglicher Verluste aus dem B-Teil als „vertretbar“ wahrgenommen.
Börsengang ahoi
Bei seinem gesamten Handeln habe er sich „von der Geschäftspolitik der Bank leiten lassen“, sagte Berger zum Schluss seiner Rede.
(Und die hieß bekanntlich: Hübsch machen für den Börsengang.)[10]
Vom Sparkassendirektor zum Vorstandschef
Bergers beruflicher Werdegang ist typisch für viele Vorstände der HSH Nordbank. Er lernte das Bankhandwerk bei der Landesbank Schleswig-Holstein, bildete sich intern im Sparkassennetzwerk weiter, wurde 1986 Vorstand der Sparkasse Kiel. Zehn Jahre später wechselte er in den Vorstand der Landesbank in Kiel, also dorthin, wo er einst gelernt hatte. Im Fusionsjahr 2003 übernahm er deren Vorsitz. Mit der Fusion wurde Berger stellvertretender Vorstandschef der HSH. 2007 rückte er an die Spitze. Nur ein Jahr später trat Berger zurück; er ist heute pensioniert.
Zusammengefasst war Hans Berger als Vorstandsvorsitzender der HSH also unbeteiligt an Omega55, er hat intern alles richtig gemacht, hat zur Kenntnis genommen, sich verlassen und Vorgaben der Politik umgesetzt. Selbstkritik hat der Ex-Banker am 2. Prozesstag damit nicht gezeigt.
Blog-Kommentar
31. Juli 2013 @10:50 von: bescheidwisser
Die Vermutung, dass Herr Berger nur zu gerne der erste Vorstandschef gewesen wäre, der eine Landesbank an die Börse bringt, liegt mE sehr nahe - und das wäre ja sicher auch mit persönlichen Vorteilen für ihn verbunden gewesen.
Wenn bei der Bearbeitung des Geschäfts eklatante Versäumnisse vorgekommen sind, dann trifft den Gesamtvorstand zumindest ein „Organisationsverschulden“, denn er ist für die Einrichtung des ordnungsgemäßen Geschäftsbetriebes zuständig und dafür verantwortlich.
Anmerkungen:
[9] vergleiche auch Urteil LG Hamburg, vom 9.7.2014, S. 291
[10] Die Anmerkungen der Autorin zu den Zeugenvernehmungen sind in runde Klammern gesetzt.
weiter Tag 2
Nach Hans Berger, der eine halbe Stunde lang erzählt hatte, warum er nicht verantwortlich zu machen sei für das Omega55-Geschäft, erteilte Richter Tully den anderen Angeklagten Redezeit.
Herausgekommen dabei: Keiner ist Schuld.
Reglos
Dirk Jens Nonnenmacher begann seine Selbstvorstellung mit seiner akademischen Karriere. 1989 erhielt er sein Diplom als Mathematiker, 1990 Promotion, drei Jahre später Habilitation. Forschung im In- und Ausland, 2003 Honorarprofessur in Heidelberg, dann Stationen bei der Dresdner Bank und DZ Bank. Im Oktober 2007 heuerte er bei der HSH an. Er sollte als Finanzvorstand den Börsengang umsetzen, 2008 wird er HSH-Vorstandsvorsitzender. 2011 trennte sich die Bank mit einer 4-Millionen-Euro-Abfindung von ihm. Er soll heute als selbständiger Berater sein Geld verdienen. Zum Anklagevorwurf nahm Nonnenmacher nicht direkt Stellung. Auch äußerlich war ihm keine Regung anzumerken - wie so oft. Aber er erklärte seine Aufgaben als damaliger Finanzvorstand: So sei er für das Finanz-Controlling, Rechnungswesen für Steuern und die Bewertung von Vermögenspositionen zuständig gewesen.
(Aus diesem Grund trifft ihn auch der Vorwurf der Bilanzfälschung der Staatsanwaltschaft. Nonnenmacher war nach seinem Aufgabenprofil als Finanzvorstand ressortzuständig für die Bilanzierung der HSH durch das Rechnungswesen und vertraut mit der Relevanz komplexer Verbriefungen wie in Omega55.)
Verbittert
Joachim Friedrich wurde als einziger emotional. Der gelernte Industriekaufmann hat sich über ein Betriebswirtschaftsstudium an der privaten Eliteuniversität EBS in Östrich-Winkel und ein Trainee-Programm bei der Investmentbank JP Morgan empor gearbeitet. Anschließend war er Global Head Fixed Income der DZ Bank. Als Kapitalmarktexperte fing er im Mai 2007 bei der HSH an. Im November 2009 wurde Friedrich entlassen. Der Manager unterhält heute eine eigene Firma.
Seine Entlassung, sagte Friedrich mit belegter Stimme, könne er immer noch nicht nachvollziehen und akzeptieren. Die Ermittlungen haben ihn zudem persönlich sehr belastet. Den Anklagevorwurf wies Friedrich strikt zurück. Er hatte „alle Informationen vorliegen, um eine verantwortliche Entscheidung zu treffen“. Für Friedrich war Omega55 ein „vorteilhaftes, strategiekonformes und steuerbares Geschäft“. Deshalb halte er seine Unterschrift immer noch für richtig und verantwortlich - basierend auf seinem damaligen Kenntnis- und Wissensstand.
Gefehlt
Hartmut Strauß ist wie Hans Berger ein Landesbanker durch und durch. 1975 fängt er nach seinem BWL-Studium bei der NordLB eine Banklehre an, zwei Jahre später wechselt er zur Hamburgischen Landesbank, wird rasch Führungskraft und ist zuständig unter anderem für das Kreditrisikomanagement, die Revision, das Rechnungswesen. Im Jahr 2000 wird Strauß zum Vorstand für Luftfahrtfinanzierung und Leasing berufen. Nach der Fusion der Hamburgischen Landesbank mit der Landesbank Schleswig-Holstein im Jahr 2003 erhielt er den Posten des Finanz- und Risikovorstands, ab 2007 war er ausschließlich Risikovorstand. Krankheitsbedingt schied Strauß 2008 aus der HSH aus und ist seitdem im Ruhestand.
Auf den Anklagevorwurf ging der pensionierte Risikofachmann nicht direkt ein. Am Ende seiner Kurzvorstellung sagte er aber einen Satz, der aufhorchen ließ: Als HSH-Vorstand habe er „auch Fehlentscheidungen getroffen“.
Geschwiegen
Bernhard Visker und Peter Rieck sagten selbst nichts. Sie ließen ihre Verteidiger für sich reden. Das Verteidigerpaar Gaby Münchhalffen und Norbert Gatzweiler, das die Angeklagten vertritt, ist für seinen Stil bekannt, ihren Mandanten das Schweigen nahe zu legen.
Statt Bernhard Visker wandte sich also Verteidigerin Münchhalffen an das Gericht. Sie wies mit Nachdruck den Vorwurf der schweren Untreue zurück. Visker sei ein „sorgfältig handelnder Kaufmann, der seine Pflichten nicht verletzt und auch die HSH nicht geschädigt“ habe. Er habe weder „eigennützig noch vorsätzlich gehandelt“. Für Visker waren die Mängel in der Vorstandsvorlage „nicht erkennbar“, er war nicht ressortzuständig und er „konnte auf die Mitarbeiter vertrauen“. Viskers berufliche Vita stellte Verteidigerin Münchhalffen nicht vor. Wieso blieb unerwähnt.
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